Berichte über gewalttätige Ausschreitungen der letzten Woche und einen entsprechenden Polizeieinsatz kommen aus dem Londoner Bezirk Bexleyheath. Für das Medienportal UnHerd nimmt Doug Stokes dies zum Anlass für eine Reflexion.
Die Polizei habe am Samstag den Bezirk Bexleyheath abgeriegelt, nachdem es bereits am Mittwoch zu «TikTok-angeheizten Plünderungen» durch Jugendliche gekommen sei. Eine Räumungsverfügung sei erlassen worden, welche der Polizei zusätzliche Befugnisse zur Unterdrückung «antisozialen Verhaltens» gegeben habe – wohl in der Hoffnung, eine Wiederholung des Chaos’ zu vermeiden.
Das Zentrum Londons sei nicht mehr sicher. Zahllose Medienberichte enthielten anschliessend laut UnHerd eine derartige Botschaft: die Gesetzlosigkeit sei auf die Strassen der Hauptstadt zurückgekehrt.
Stokes sieht die Situation jedoch entspannter und vergleicht sie mit Erlebnissen aus seiner Jugend. In seinem Wohnviertel Hackney, im Osten Londons, hätten sich in den 1980er Jahren solche Szenen in den Arbeiterklassengemeinden regelmässig und ohne grosses Medienecho abgespielt. Es habe dort viele Gewalttaten, Überfälle oder auch Schiessereien gegeben, die er teilweise sogar selbst erlebt habe. In der Regel hätte sich diese Gewalt gegen die Schwächsten der Gesellschaft gerichtet.
Dennoch gebe es einen deutlichen Unterschied zu neueren Entwicklungen. Damals habe es trotz Gewalt und Armut «immer ein Gefühl der Solidarität» gegeben. Die Masseneinwanderung der Nachkriegszeit habe die Gemeinschaften der Arbeitergemeinden zwar radikal verändert, aber sie hätten «kulturübergreifende soziale Normen» ausgebildet und seien zurechtgekommen.
Diese «multirassische Harmonie» ist jedoch laut Stokes in den letzten zehn Jahren langsam durch neue kulturelle Normen ersetzt worden. In deren Mittelpunkt stünden Selbstdarstellung und Hyperindividualismus.
Dagegen werde der «zivilisatorische Charakter» der nationalen Identität und der gemeinsamen Werte nun als törichtes und nicht nachvollziehbares Konzept betrachtet. Dabei habe jedoch genau dies die lange Zeit vernachlässigte britische Arbeiterklasse, ob schwarz oder weiss, zusammengehalten.
Die heutigen kulturellen Narrative spalten die Gesellschaft entlang von Identitätslinien, beklagt Stokes. Auch hätten die Medien und die politische Klasse ihren Schwerpunkt verlagert. Sie würden auf importierte «rassistische Kampflinien» zurückgreifen, die wenig mit der Realität des britischen Alltagslebens zu tun hätten.
Der Forscher David Rozado habe festgestellt, dass Begriffe wie «Rassismus» oder «weisse Vorherrschaft» sowie Begriffe, die auf Rassismus hindeuten, seit 2010 in populären britischen Medien enorm zugenommen hätten.
Abschliessend spekuliert Stokes über die möglichen Auswirkungen dieser Entwicklung und der scheinbaren Verfestigung von Kriminalität und Anomie in London. Erlernte und gepflegte Grundsätze wie Toleranz und Respekt könnten nicht durch eine aufgepflanzte «moralische Bewertung der menschlichen Natur» ersetzt werden, ohne gemeinschaftliche Bande zu zerfasern.
«Es ist nur allzu leicht, die organische Entwicklung menschlicher Nachbarschaften zu zerstören; ein zerbrechlicher, chaotischer und wertvoller Prozess, der von Generation zu Generation gepflegt werden muss. Aus seinen Trümmern entsteht keine von oben verordnete Unternehmensutopie von ‹vielfältigen und integrativen› Gemeinschaften. Stattdessen erhalten wir eine Gesellschaft, in der die zerbrechlichen Bande der menschlichen Solidarität immer verletzlicher werden, die Starken die Schwachen ausbeuten und die rohe Macht regiert.»
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