Jüngste Satellitenbilder, die Haaretz veröffentlichte, zeigen umfangreiche Schäden in Rafah im südlichen Gazastreifen, die durch den Einmarsch der israelischen Streitkräfte (IDF) in das Gebiet verursacht wurden. Die israelische Zeitung schreibt:
«Obwohl der Einmarsch als ‹begrenzt› beschrieben wurde, handelt es sich in der Praxis um eine tiefgreifende Bodenoperation mit einem ähnlichen Zerstörungsmuster wie in anderen Städten des Gazastreifens in früheren Phasen des Krieges.»
Die Satellitenbilder wurden laut Haaretz am 19. Mai von der privaten Satellitenfirma Planet Labs aufgenommen. Sie zeigen, dass die IDF zahlreiche Gebäude zwischen dem Grenzübergang Kerem Shalom und dem Grenzübergang Rafah und weit darüber hinaus dem Erdboden gleichgemacht haben.
Nördlich des Grenzübergangs Rafah, entlang des Philadelphi-Korridors, diese Woche im Vergleich zum April (oben). Es handelt sich um ein Gebiet von etwa 18 Quadratkilometern. Bilder: Planet Labs PBC
Die Zeitung erachtet diese Art von Satellitenbildern «von entscheidender Bedeutung» für die Beobachtung des Kriegsverlaufs, da die Armee die Einreise von Journalisten nach Gaza stark einschränkt.
Südlich von Rafah, an der Grenze zu Israel (Kerem Shalom), April (oben), diese Woche (unten). Bilder: Planet Labs PBC
Erst kürzlich habe die israelische Regierung beschlossen, Al Jazeera, das Korrespondenten im Gazastreifen hat, die Arbeit in Israel zu untersagen. Am Dienstag habe der Kommunikationsminister Shlomo Karhi die Ausrüstung beschlagnahmt und eine von Associated Press an der Grenze zum Gazastreifen eingerichtete Sendestation geschlossen, diese Entscheidung aber nach den Reaktionen schnell wieder zurückgezogen.
Nördlich des Grenzübergangs Rafah entlang des Philadelphi-Korridors, April (oben), diese Woche (unten). Bilder: Planet Labs PBC
Der Einmarsch der IDF in Rafah begann gemäss Haaretz am 6. Mai, als die Armee die Bewohner von Teilen des Gebiets zur raschen Evakuierung aufforderte. Die israelischen Streitkräfte seien über den Grenzübergang Kerem Shalom eingedrungen und hätten sich entlang des Philadelphi-Korridors und parallel zur ägyptischen Grenze nach Norden bewegt. Nachdem sie den Grenzübergang Rafah erreicht und dort die Kontrolle übernommen hätten, seien sie weiter nach Norden gezogen. Einem Bericht von Reuters vom Donnerstag zufolge erreichten die IDF das Zentrum von Rafah.
Sattellitenbild, Google Maps
Haaretz untersuchte die Satellitenbilder, die eine fast vollständige Zerstörung in weiten Bereichen und große Schäden an städtischen Gebäuden zeigen. Auf den Bildern ist ein etwa 18 Quadratkilometer großes Gebiet zu sehen, in dem die Zerstörung deutlich sichtbar ist.
Nördlich des Grenzübergangs Rafah, Anfang Mai (oben), diese Woche (unten). Bilder: Planet Labs PBC
Zwischen dem 8. und dem 20. Mai wurden etwa tausend Gebäude im Gouvernement Rafah beschädigt oder zerstört, so die US-Forscher Jamon Van Den Hoek von der University of Oregon und Cory Scher von der CUNY, die die Gebäudeschäden durch die Analyse von Satellitendaten verfolgt haben.
Ihrer Analyse zufolge wurden seit Beginn des Krieges bis zu dieser Woche 38,5 Prozent der Gebäude in Rafah beschädigt oder zerstört. Haaretz kommentiert:
«Der Einmarsch in Rafah hat erhebliche Auswirkungen auf die Einreise von humanitärer Hilfe in den Gazastreifen, da der Grenzübergang Rafah ein zentrales Gebiet ist, in dem die Vereinten Nationen und viele Hilfsorganisationen in den letzten Monaten tätig waren, und auch ein wichtiger Einreisepunkt für humanitäre Hilfe ist. Seit Beginn des Einmarsches ist der Grenzübergang Rafah geschlossen, und Hilfsorganisationen warnen, dass eine längere Schließung katastrophale Folgen für die Bevölkerung des Gazastreifens haben könnte.»
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) sind zwischen dem 6. und 18. Mai mehr als 800.000 Menschen aus Rafah geflohen. Viele von ihnen wurden während des Krieges bereits mehrfach entwurzelt und haben sich mit wenig Hab und Gut auf den Weg gemacht. Viele von ihnen sind immer noch verletzt. Diese Vertriebenen aus dem Gazastreifen sind in Richtung Norden nach Khan Yunis und Dir al-Balah gegangen, wo kürzlich Zeltstädte errichtet wurden. Nach Angaben der UN versuchen einige auch, auf Ackerland, an Straßen und in Gebäuden, die im Krieg beschädigt wurden, Unterschlupf zu finden.
Haaretz erinnert daran, dass in den ersten Kriegsmonaten die Armee die Bewohner des Gazastreifens anwies, nach Süden zu evakuieren. Jeder, der in der Evakuierungszone bleibe, riskiere sein Leben. Ein Großteil der Bevölkerung des Gazastreifens, schätzungsweise 1,4 Millionen Menschen, hätten sich im Gouvernement Rafah gedrängt, in dem vor dem Krieg etwa 300.000 Menschen gelebt hätten. Dort seien riesige Zeltstädte errichtet worden, und die Bevölkerung lebe unter schwierigen humanitären Bedingungen.
Der UN zufolge bombardierten die IDF von Anfang Februar bis zum Beginn der Bodeninvasion Dutzende Male Gebiete in Rafah. Hunderte von Palästinensern seien bei den Bombardierungen getötet worden, die nach Angaben der IDF gegen die Hamas gerichtet waren.
Parallel zum Beginn der Bodeninvasion in Rafah zeigten Satellitenbilder, dass sich die Zeltstädte dort rasch geleert haben.
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