Collateral Global betreibt wissenschaftliche Recherchen zu den negativen Auswirkungen der Corona-Massnahmen auf die Gesundheit weltweit. Nebst ihrem aktuellen Bericht zum Rückgang bei klassischen Kinderimpfungen haben sie auf die Verschlechterung der Krebsvorsorge in vielen Ländern aufmerksam gemacht. (Einleitung d. Red.)
Vor der Pandemie verhinderten Impfungen im Kindesalter zwei bis drei Millionen jährliche Todesfälle durch Infektionskrankheiten. Aufgrund von Unterbrechungen der Impfstoff-Lieferungen im Zusammenhang mit den Covid-19-Einschränkungen kam es 2020 erstmals seit 28 Jahren zu einem globalen Rückgang bei den Kinderimpfungen. Laut UNICEF waren über 80 Millionen Kinder in 68 Ländern davon betroffen.
In Zusammenarbeit mit Collateral Global überprüften Carl Heneghan, Tom Jefferson und Jon Brassey von der University of Oxford 35 abgeschlossene Studien aus 22 Ländern, um den globalen Umfang und das Ausmass der verpassten Kinderimpfungen zu ermitteln. Sie stellten gravierende Störungen fest. Um ein paar Beispiele anzuführen:
- 40 Millionen Kinder in Pakistan verpassten ihre Polio-Impfung
- 61% der äthiopischen Kinder zwischen 10 und 23 Monaten verpassten ihre Masernimpfung
- ein Rückgang der MMR-Impfungen (gegen Masern, Mumps und Röteln) um 20% im Vergleich zum Vorjahr in England
Die Unterbrechung von Kinderimpfungen führt zu unnötigen Krankheiten und Todesfällen bei Kindern, insbesondere in Ländern mit niedrigem Einkommen und in Entwicklungsländern. Nach einer Unterbrechung der Kinderimpfungen während eines Ebola-Ausbruchs stiegen die Masernfälle bei Kindern in Guinea zwei Jahre später fast um das Zwanzigfache an – von 2,7 pro Million im Jahr 2015 auf 52,5 pro Million im Jahr 2017.
Alarmierender Rückgang bei Kinderimpfungen seit 2020
Eine Schnelldurchsicht von 35 veröffentlichten Studien, die die Impfquoten im Kindesalter während der restriktiven Phasen der Covid-19-Pandemie untersuchten, bestätigte, dass die Impfraten in der Pandemie sanken. Dies betraf insbesondere benachteiligte Menschen und ärmere Länder. Signifikante globale Unterbrechungen der Impfstoff-Versorgung wurden aus Afrika, Asien, Amerika (einschliesslich Lateinamerika und der Karibik) und Europa berichtet.
Dies betraf die Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, BCG, Masern und Polio. Länder, in denen die Impfstoff-Versorgung bereits vorher suboptimal war, verzeichneten einen stärkeren Rückgang der Impfrate. Es gibt Hinweise darauf, dass ältere Kinder mehr betroffen sind als jüngere. Auch Kinder, deren Mütter nicht lesen und schreiben können, waren öfter unvollständig geimpft. Es wurden verschiedene Initiativen ergriffen, um die Impfraten nach den Covid-Einschränkungen wieder zu steigern.
Unterversorgung in der Krebsbehandlung
Die Pandemie führte weltweit zu massiven Störungen in der Krebsbehandlung bei einer Vielzahl von Krebsarten. 69 Studien aus 23 Ländern berichten gemäss Collateral Global über Auswirkungen bei Screenings, Diagnosen, Wartelisten und Behandlungen für Krebs im Zusammenhang mit den Covid-19-Einschränkungen im Jahr 2020. 14 Studien berichten über eine Zunahme von Krebserkrankungen in späteren Stadien.