Fast drei Monate nachdem die Weltgesundheitsorganisation den globalen Covid-19-Gesundheitsnotfall für beendet erklärt hat, sind die Auswirkungen der politischen Reaktion Afrikas auf die «Pandemie» noch nicht abgeklungen.
Ganz im Gegenteil: Als Ergebnis der Reaktion auf eine Krankheit, die nur relativ geringe Auswirkungen auf die afrikanische Sterblichkeitsrate hatte, steht der Kontinent nun vor einem Jahrzehnt der Entbehrungen.
Um zu verstehen, was das bedeute, brauche man nur einen Blick auf das kleinste Land des Kontinents zu werfen, schreiben Hassoum Ceesay und Toby Green für das Portal Unherd.
Als Gambia im März 2020 seinen ersten Covid-Lockdown ankündigte, war das Land bereits angeschlagen. Nach Jahren der Diktatur von Präsident Yahya Jammeh hatte die 2017 eingesetzte demokratische Regierung unter Präsident Adama Barrow eine Ära der Hoffnung eingeläutet.
Die Versuche gambischer Jugendlicher, die Sahara und das Mittelmeer zu überqueren, um nach Europa zu gelangen, gingen zum Beispiel deutlich zurück. Doch die Reaktion des Landes auf die Pandemie hat diese Errungenschaften zunichte gemacht und auch dem Vertrauen der Gambier in die neu entdeckte Demokratie einen schweren Schlag versetzt.
Im März 2020, als in vielen afrikanischen Ländern eine Ausgangssperre verhängt wurde, blieb der Hauptmarkt von Gambia in Serekunda auf Anraten der WHO für sechs Wochen geschlossen. Ende März kaufen die Gambier jedoch Saatgut, um sich auf die Regenzeit vorzubereiten – und die Schliessung der Märkte bedeutete, dass kein Saatgut mehr verfügbar war.
Der Stillstand des öffentlichen Nahverkehrs bedeutete auch, dass die Menschen in den seltenen Fällen, in denen sie Saatgut hatten, dieses nicht in ihre Dörfer bringen konnten, um es dort zu pflanzen. Selbst als der öffentliche Verkehr einige Wochen später wieder aufgenommen wurde, durften die Busse aufgrund der sozialen Distanzierung nur mit halber Kapazität fahren. Da dies unwirtschaftlich war, fuhren viele Busse überhaupt nicht.
Diejenigen, die es schafften, zu säen, hatten Schwierigkeiten bei der Ernte, da aufgrund der sozialen Abstandsregelungen nicht mehr als zwei Personen gleichzeitig eine Parzelle bearbeiten durften, an der normalerweise die ganze Familie beteiligt ist.
Wenn die Lebensmittel schliesslich auf den Markt gebracht wurden, konnte sich aufgrund der erzwungenen Verarmung der Bevölkerung kaum jemand den Kauf leisten, und vieles wurde weggeworfen: Die Vereinten Nationen schätzten die Verluste in den landwirtschaftlichen Betrieben in Afrika auf 50 Prozent im Jahr 2020.
Der Gesamteffekt der gambischen Covid-Reaktion war ein massiver Rückgang der landwirtschaftlichen Einnahmen und der verfügbaren Nahrungsmittel. Diese Massnahmen führten garantiert zu Hunger und Unterernährung – und schürten durch die Vernichtung von Vorräten und Ernten die Inflation der Lebensmittelpreise.
Im Jahr 2021, lange vor dem Krieg in der Ukraine, stieg die Lebensmittelinflation rasch an, und obwohl sie in Gambia von 18,7 Prozent im Dezember auf 17,49 Prozent Ende Januar 2023 zurückging, liegen die Lebensmittelpreise immer noch weit über dem Niveau vor der «Pandemie».
Gleichzeitig warf die gambische Regierung, wie in der übrigen Welt auch, Geld für Covid-Massnahmen aus dem Fenster. Aufgrund von Hygieneratschlägen der «Geberländer» waren alle öffentlichen Einrichtungen gezwungen, grosse Plastikwannen und literweise Handwasch- und Desinfektionsmittel zu kaufen.
Dies und die Kosten für die Einführung westlicher biomedizinischer Überwachungssysteme (z. B. Quarantänehotels, Fallverfolgung und Überwachung) wurden durch die Aufnahme neuer Schulden bezahlt: Die gambische Regierung setzte einen Nothilfefonds in Höhe von 500 Millionen Dalasi (10 Millionen Dollar) ein – eine enorme Summe für ein Land mit einem Pro-Kopf-BIP von 772 Dollar. Dieser wurde durch ein Darlehen der Weltbank in gleicher Höhe und ein IWF-Darlehen in Höhe von 21,3 Millionen Dollar finanziert.
Gleichzeitig gingen die gambischen Steuereinnahmen aufgrund des wirtschaftlichen Stillstands im Jahr 2020 um die Hälfte zurück, so dass sich die Schuldenrückzahlungen noch weiter auftürmten.
Dieses Geld hat Gambia nicht: Das Land leidet unter Armut und Unterernährung, das Durchschnittsalter wird auf unter 18 Jahre geschätzt und das Monatsgehalt eines Lehrers beträgt weniger als 50 Pfund. In der Hauptstadt Banjul wurde häufig gesagt, dass «wir mit dem Geld, das wir für Covid-19 ausgeben, das Land 10 Jahre lang ernähren könnten».
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