Amnesty International (Schweiz) ist besorgt über Berichte, wonach die Polizei am 1. Mai in diversen Städten, namentlich Bern, Zürich und Lausanne, Meinungsäusserungen im öffentlichen Raum auch dann nicht toleriert hat, wenn sie etwa von Einzelpersonen mit Transparenten ausgingen.
Amnesty International sieht dringenden Klärungsbedarf und ruft den Bundesrat auf, bis zum nächsten Öffnungsschritt am 11. Mai klarere Richtlinien auszuarbeiten. Äusserungen der persönlichen Meinung im öffentlichen Raum sollten zugelassen sein, wenn die Form der Meinungsäusserung offensichtlich keine Gefahr betreffend Ausbreitung der Pandemie darstellt.
Mit Notrecht und weitgehenden Einschränkungen greift der Bundesrat in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aus gesundheitspolizeilichen Gründen tief ins Grundrecht der freien Meinungsäusserung und Versammlungsfreiheit ein. Gemäss der Covid-19-Verordnung 2 sind Veranstaltungen (Art. 6) ebenso verboten wie Versammlungen im öffentlichen Raum mit mehr als 5 Personen (Art. 7c). Verbote sollten allerdings klar begründet und in jedem Fall verhältnismässig sein.
Gemäss Bundesamt für Gesundheit (BAG) besteht für die Behörden Handlungsspielraum, «insbesondere wenn sich nur einzelne Personen an einer Aktion beteiligen». Das BAG liess in den Medien verlauten: «Denkbar sind alle Formen von politischen Äusserungen, bei denen es zu keinen Menschenansammlungen kommt (beispielsweise Aufstellen von Plakaten im öffentlichen Raum)».