Die griechische Ägäis statt Tel Aviv, mediterrane Leichtigkeit statt Alarmzustand – immer mehr Israelis suchen fern dem Heiligen Land ein neues Leben. Wie die griechische Plattform To Proto Thema kürzlich schrieb, haben sich seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 rund 10.000 Israelis dauerhaft in Griechenland niedergelassen. Insgesamt sollen in den letzten zwei Jahren etwa 80.000 jüdische Bürger das Land verlassen haben. Die Gründe sind vielfältig – und tiefgreifend.
Viele von ihnen fliehen nicht nur vor dem aktuellen Krieg in Gaza, sondern auch vor der gesellschaftlichen Entwicklung im eigenen Land. Die Zeitung zitiert eine israelische Unternehmensberaterin, die Tel Aviv direkt nach dem Angriff verließ und mit ihren zwei kleinen Kindern nach Griechenland zog. Ihre Aussagen lassen tief blicken:
«Israel ist keine Demokratie mehr. Dieser Krieg ist ungerecht, er ist nicht legitim. Und wir haben ihn begonnen.»
Sie kritisiert offen das politische Klima in Israel, spricht von struktureller Gewalt und einem repressiven Meinungsklima:
«Wenn du heute nicht wie die Regierung denkst, wirst du zum Feind erklärt. Die Menschen hassen mich, wenn ich so spreche. Aber jemand muss es tun.»
To Proto Thema beschreibt Griechenland als einen der wichtigsten Anziehungspunkte für Israelis in Europa. Nur zwei Flugstunden von Israel entfernt, punktet das Land mit seiner Gastfreundschaft, der kulturellen Nähe, dem angenehmen Klima, der mediterranen Küche und – nicht zuletzt – mit seiner wirtschaftlichen Stabilität. Viele Israelis empfinden Athen, Thessaloniki oder Kreta bereits als eine Art «zweite Heimat». Auch die pragmatische Haltung der griechischen Behörden bei Visaverlängerungen und Niederlassungsfragen von Israelis spielt eine Rolle.
Doch nicht nur die Lebensqualität ist eine Motivation für einen Umzug. Es ist vor allem das Bedürfnis nach Sicherheit – vor Bomben, aber auch vor innenpolitischer Radikalisierung –, das viele in die Emigration treibt. Die aktuelle israelische Regierung unter Benjamin Netanjahu stößt bei einem Teil der Bevölkerung auf wachsende Ablehnung, nicht nur wegen ihrer Kriegsführung, sondern auch aufgrund eines autoritäreren Regierungskurses und zunehmender Polarisierung.
Die Auswanderung nach Griechenland ist ein stilles, aber deutliches Signal: Immer mehr Israelis ziehen die Konsequenz aus einer politischen und gesellschaftlichen Entwicklung, mit der sie sich nicht mehr identifizieren können. Und während die offizielle Politik in Tel Aviv weiter auf Eskalation setzt, wählen andere den Ausweg über das Mittelmeer – hin zu einem Leben, das sie als freier, sicherer und menschlicher empfinden.