Wer vorträgt, Mobilfunkstrahlung berge Gesundheitsrisiken, wird schnell vom Mainstream in die gleiche unseriöse oder gar Verschwörerecke gestellt, in die auch Kritiker der offiziellen Hypothesen zu Corona, HIV/AIDS, 9/11 oder auch der Ermordung von John F. Kennedy gerückt werden. Im September 2024 behauptete etwa der MDR:
«Handystrahlung ist nicht gefährlich. Wer mit dem Handy telefoniert, ist keinem höheren Krebsrisiko ausgesetzt. Gleiches gilt für Schnurlos-Telefone, Funk- und Mobilfunkmasten. Das geht aus einer neuen Meta-Studie der WHO hervor, für die 5000 andere Studien gesichtet und ausgewertet wurden.»
Eine solche Aussage verwundert aber nicht nur vor dem Hintergrund, dass die WHO Ende 2011 Handystrahlung als «möglicherweise krebserregend» eingestuft hat. Auch wird gerne übersehen, dass seit jeher ein Großteil der Studien, die elektromagnetische Strahlung als unbedenklich einstuften, von der Industrie finanziert sind.
Nicht von ungefähr stufte bereits vor vielen Jahren das Oberlandesgericht im norditalienischen Brescia in einem rechtskräftigen Urteil industriefinanzierte Gutachten entsprechend als nicht glaubwürdig ein und stützte sich stattdessen nur auf industrieunabhängige Analysen. Auf dieser Basis urteilte das Gericht, dass der Gehirntumor eines Angestellten des Nationalen Instituts für die Versicherung gegen Arbeitsunfälle auf sein geschäftlich bedingtes stundenlanges Telefonieren mit Handy und Schnurlostelefon zurückzuführen ist (siehe meinen Artikel «‹Möglicherweise krebserregend›: Handystrahlung, das unterschätzte Risiko» für die Zeitschrift Dr. med. Mabuse).
Des Weiteren berichteten wir kürzlich darüber, dass mehrere zwischen 2022 und 2024 veröffentlichte Studien die Gesundheitsrisiken der 5G-Technologie» aufzeigen würden. Demnach hat die Hochfrequenzstrahlung wie die Mobilfunkstrahlung verschiedene schädliche biologische Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. So ist sie potenziell krebserregend – und Studien offenbaren auch, dass 5G (5. Mobilfunkstandard) das Potenzial hat, neurologische Schäden und psychiatrische Probleme zu verursachen.
Nun ist eine neue von Experten begutachtete Studie (peer-reviewed) erschienen, die ebenfalls der Behauptung der Telekommunikationsindustrie widerspricht, dass drahtlose Strahlung gesundheitlich unbedenklich sei. Darin wird ein Mechanismus beschrieben, durch den nicht-ionisierende Strahlung die Biologie lebender Systeme stören kann – und zwar selbst bei Werten, die weit unter dem liegen, was zur Erwärmung von Gewebe erforderlich ist. Die Telekommunikationsindustrie hat stets behauptet, dass nicht-ionisierende Strahlung für die menschliche Gesundheit unschädlich ist und beruft sich dabei auf «thermische Wirkungen» – also auf die Wärmewirkung der Strahlung. Anhand derer, so heißt es, seien auch die Grenzwerte festgelegt worden.
Doch die Erwärmung beim Mobilfunk ist gar nicht das Problem, wie ich auch in meinem Beitrag für Dr. med. Mabuse ausführe:
«Für eine nennenswerte Erhitzung von Körperteilen bedarf es nämlich sehr starker Felder – ähnlich jener von Mikrowellenerden –, die im Mobilfunkalltag nicht zu finden sind. Der US-amerikanische Neurowissenschaftler Allan Frey kritisiert deshalb das ‹thermische Dogma›: Der Mensch sei vielmehr ‹eine komplexe Organisation elektrischer Felder›. Jede Zelle habe ein elektrisches Feld an der Zellmembran, das kontrolliere, was in die Zelle
gelangt und aus ihr entweicht. Jedes Nervensignal sei elektrisch; man könne sogar Stromspannungen jeder einzelnen Zelle messen.»
Und auch laut Paul Héroux, außerordentlicher Professor für Medizin an der McGill University im kanadischen Montreal und Autor der neuen Studie, ist die Grundlage für die Behauptung der Mobilfunkindustrie, dass die Strahlung für den Menschen unbedenklich sei, wissenschaftlich falsch.
Paul Héroux, Ph.D., ist der Autor des Berichts, der am 30. Januar in Heliyon, einer der Elsevier-Zeitschriften auf der ScienceDirect-Plattform, veröffentlicht wurde. Laut The Defender verfügt Héroux über langjährige Erfahrung in Physik und Elektrotechnik. Zudem sei er stellvertretender Vorsitzender der Internationalen Kommission für die biologischen Auswirkungen elektromagnetischer Felder (ICBE-EMF), einem «Konsortium von Wissenschaftlern, Ärzten und Forschern», die drahtlose Strahlung untersuchen und Empfehlungen für Richtlinien zur Belastung durch drahtlose Strahlung «auf der Grundlage der besten von Experten begutachteten Forschungspublikationen» abgeben.
Héroux sagte dem Defender:
«Das wichtigste Argument der Industrie, um die gesundheitlichen Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung zu leugnen, war, dass diese gesundheitlichen Auswirkungen auf der Grundlage solider Physik unmöglich sind, insbesondere, dass die Strahlung ‹nicht ionisierend› ist.»
Doch Héroux habe die wissenschaftliche Fehlerhaftigkeit dieses Arguments ausführlich dargelegt:
«Die Ionisierung durch die Strahlung selbst ist irrelevant, da Lebensprozesse die Ionisierung im Körper selbst erzeugen. In der Tat bestätigen die grundlegenden Gesetze der Physik, also die Maxwellschen Gleichungen und der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik, zusammen mit der etablierten Biologie, dass gesundheitliche Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung in der Tat unvermeidlich sind, und zwar bei Werten, die weit unter denen liegen, die von der Industrie als sicher angesehen werden.»
The Defender zitiert auch Robert Brown, einen diagnostischen Radiologen mit mehr als 30 Jahren Erfahrung und Vizepräsident für wissenschaftliche Forschung und klinische Angelegenheiten beim Environmental Health Trust (EHT). Dieser lobe den Bericht von Héroux und meint, dessen Report skizziere «effektiv einen Mechanismus, durch den nicht-ionisierende Strahlung die Biologie lebender Systeme stören kann» – selbst bei Werten, die weit unter dem liegen, was für die Erwärmung von Geweben erforderlich ist.
Fariha Husain, Leiterin des Children’s Health Defense (CHD) Electromagnetic Radiation (EMR) & Wireless Program, würde den Bericht von Héroux sogar «bahnbrechend» nennen. Ihr zufolge stellt er das fehlerhafte «thermische Paradigma grundlegend in Frage. Denn mit ihm wird fälschlicherweise behauptet, dass nicht-ionisierende Strahlung – einschließlich der von Wi-Fi-Routern, Mobilfunkmasten, intelligenten Messgeräten und Mobiltelefonen ausgehenden Hochfrequenzstrahlung (RF) – biologisches Gewebe nur durch übermäßige Erwärmung schädigen kann».
Mit seiner Analyse würde Héroux die fehlerhaften Argumente der Industrie, mit denen das Paradigma der reinen Wärmestrahlung gerechtfertigt wird, systematisch entkräften.
Kommentare