Weit mehr als 500.000 Menschen in Deutschland sind Berichten zufolge wohnungslos. Als wohnungslos gilt, wer über keine mietvertraglich abgesicherte Wohnung oder über kein selbstgenutztes Wohneigentum verfügt.
Auf die Lage der Betroffenen, soweit sie die Hilfsangebote von Sozialverbänden und anderen Hilfseinrichtungen in Anspruch nehmen, macht der kürzlich veröffentlichte Statistikbericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) für das Jahr 2022 aufmerksam.
Darin geht es um die Lebenslage wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen. Aus dem Bericht geht hervor, dass 71 Prozent der 38.200 Menschen, die in freiverbandlichen, also nichtstaatlichen Einrichtungen und Diensten Hilfe suchen, akut wohnungslos sind. Elf Prozent sind demnach unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedroht und knapp vier Prozent leben in unzumutbaren Wohnverhältnissen.
Rund ein Drittel der Klienten der Einrichtungen ist dem Bericht zufolge weiblich, zwei Drittel männlich. Der Anteil der Hilfesuchenden in Haushalten mit Kindern – gleichmäßig verteilt auf Paare mit Kindern und alleinerziehende Haushalte – habe bereits 2021 mit etwa elf Prozent einen neuen Höchststand erreicht und sei auf diesem Niveau geblieben, heißt es.
«Weit mehr als jede dritte Familie, die eine Hilfseinrichtung aufsuchte,» konnte laut BAG W bei Hilfebeginn keine eigene Wohnung vorweisen. Zur Staatsangehörigkeit der Betroffenen heißt es:
«Die Zahl der Personen nicht-deutscher Staatsangehörigkeit schwankt seit 2018 auf gleichbleibendem Niveau zwischen 30-34 Prozent (2022: 34 Prozent). Unter den akut wohnungslosen Menschen ist ein Drittel nicht-deutscher Staatsangehörigkeit (32 Prozent).»
Die BAG W macht auch darauf aufmerksam, wie sehr Wohnungsnot auch junge Erwachsene, Jugendliche und Kinder trifft. Rund 16 Prozent der Betroffenen, die sich in Wohnungsnotfällen an Einrichtungen und Dienste freier Träger wenden, seien unter 25 Jahre alt.
«Besorgniserregend ist, dass fast 13 Prozent der akut wohnungslosen jungen Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren die Nacht vor Hilfebeginn auf der Straße verbracht haben. Bei den unter 18-Jährigen sind es sogar 16 Prozent.»
Betroffen seien besonders viele Frauen und jede vierte von ihnen sei jünger als 25 Jahre. Unter den männlichen wohnungslosen Klienten sei jeder sechste unter 25 Jahre alt.
Sarah Lotties von BAG W erklärte dazu in der Pressemitteilung des Verbandes, jeder zweite wohnungslose junge Mensch komme provisorisch und kurzfristig bei mehr oder weniger guten Freunden oder Bekannten unter. Die Not dieser wohnungslosen jungen Menschen sei nicht auf den Straßen sichtbar, aber «genauso schwerwiegend».
Martin Kositza, Fachreferent des Verbandes, betonte, dass junge Menschen ohne stabile Wohnverhältnisse deutlich schlechtere Chancen auf Bildung, Teilhabe oder beruflichen Erfolg haben. «Das Resultat ist oft Armut und soziale Ausgrenzung.»
Die BAG W fordert in ihrer Pressemitteilung die Entwicklung kommunaler Gesamtkonzepte, um eine klare Zuständigkeits- und Finanzierungstruktur sicherzustellen. BAG W-Vorsitzende Susanne Hahmann verlangt demnach neben jugendgerechten sowie leicht zugänglichen Beratungsangeboten mehr bezahlbaren Wohnraum.
Der Verband erhebt seit 1990 jährlich die Daten von Klienten aus den freiverbandlichen Diensten und Einrichtungen der Hilfen in Wohnungsnotfällen. Im aktuellen Berichtsjahr (2022) wurden den Angaben zufolge Daten von über 38.200 Klienten aus 227 Einrichtungen und Diensten der freien Träger ausgewertet.
Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) waren Ende Januar 2024 in Deutschland nach den Meldungen von Kommunen und Einrichtungen insgesamt rund 439.500 Personen wegen Wohnungslosigkeit untergebracht. Ihre Zahl habe sich gegenüber den Vorjahren weiter erhöht (2023: 372.000, 2022: 178.100), wobei der Anstieg mit besserer Datenerfassung begründet wird. Die BAG W geht von mehr als 600.000 Wohnungslosen in Deutschland aus, wie sie Ende November 2023 erklärte.
Obdachlose Personen, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben, sowie Formen von verdeckter Wohnungslosigkeit (zum Beispiel bei Bekannten oder Angehörigen untergekommene Personen) werden nicht in der offiziellen Statistik berücksichtigt, heißt es. Die größte Gruppe (31 Prozent) der untergebrachten Wohnungslosen, bezogen auf die Staatsangehörigkeit, würden 136.900 geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer stellen.
Insgesamt wurden laut Destatis 377.900 und damit deutlich mehr wohnungslose Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gemeldet als im Vorjahr (2023: 311.900). Ihr Anteil an allen untergebrachten wohnungslosen Personen habe sich auf 86 Prozent erhöht (2023: 84 Prozent).
Die Zahl der Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit sei dagegen nur leicht auf 61.500 (2023: 60.200) gestiegen. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der untergebrachten Wohnungslosen sei dadurch auf 14 Prozent (2023: 16 Prozent) gesunken.
40 Prozent der gemeldeten Personen seien jünger als 25 Jahre (2023: 38 Prozent) gewesen, so das Statistikamt. Zudem bilden den Angaben nach Personen in Paarhaushalten mit Kindern mit 34 Prozent (150.100 Personen) die größte Gruppe bezüglich der Haushaltskonstellation. 32 Prozent (139.000) der gemeldeten Personen waren demnach alleinstehend, 17 Prozent (73.300) Alleinerziehenden-Haushalte.