Die europäische Stahlindustrie steckt in einer Krise. Stark betroffen ist dabei die Branche in Deutschland, wo die «Energiewende» besonders radikal durchgesetzt wird. So berichteten die Medien beispielsweise vor wenigen Tagen, dass das deutsche Stahlwerk in Hennigsdorf ab Januar seine Produktion stoppt. Dem Tagesspiegel zufolge belasten den Sektor «Dumpingpreise vor allem aus Fernost, hohe Energiekosten und eine schwierige ‹grüne› Transformation».
Laut einer aktuellen, im Auftrag der Wirtschaftsvereinigung Stahl durchgeführten Studie steht der Stahlstandort Deutschland «an einem entscheidenden Scheideweg». Die Skepsis gegenüber einem erfolgreichen Transformationsszenario bei den Kunden der Stahlindustrie habe «spürbar zugenommen». «Ein Scheitern der Transformation hätte laut Befragungen gravierende Auswirkungen auf Investitionen und Beschäftigung in den stahlverarbeitenden Branchen», so die Vereinigung.
In der Schweiz sieht es nicht viel besser aus. So beschloss das Parlament Anfang der Woche, dass der Bund angeschlagenen Schweizer Stahl- und Aluminiumwerken helfen soll. Wie Watson berichtete, sollen vier «strategisch bedeutende» Werke für eine Übergangszeit von vier Jahren weniger für ihren Strom bezahlen müssen.
Eine in China entwickelte bahnbrechende Technologie zur Eisenerzeugung wird nun die Stahlindustrie weltweit revolutionieren. Wie Interesting Engineering berichtet, wird bei dieser als «Flash-Eisenerzeugung» bekannten Methode der Prozess in nur drei bis sechs Sekunden abgeschlossen, im Vergleich zu den herkömmlichen fünf bis sechs Stunden. Die neue Methode ist somit etwa 3600 Mal schneller. Durch Einspritzen von fein gemahlenem Eisenerzpulver in einen Hochtemperaturofen wird laut den Ingenieuren eine rasche chemische Reaktion ausgelöst, bei der hochreine flüssige Eisentröpfchen entstehen, die direkt verwendet werden können.
Obwohl das Konzept für die Anwendung dieses Verfahrens auf die Eisenherstellung laut Interesting Engineering aus den USA stammt, sei es ein Forscherteam um Professor Zhang Wenhai, das eine Schwebeschmelztechnologie entwickelte, mit der flüssiges Eisen direkt hergestellt werden kann. Die Wissenschaftler hätten 2013 ein Patent erhalten und die nächsten zehn Jahre mit der Verfeinerung der Methode verbracht. «Die Labor- und Pilotversuche haben die Machbarkeit dieses Verfahrens bestätigt», so Zhang. Aus staatlichen Statistiken gehe hervor, dass die Erfolgsquote für neue Technologien, die in China in Pilotversuchen getestet werden, bei über 80 Prozent liegt.
Neben der Geschwindigkeit bietet das neue Verfahren den Vorteil, dass es gut bei Erzen mit geringem oder mittlerem Ertrag funktioniert, die in China reichlich vorhanden sind. Das Land kann somit seine Abhängigkeit von importiertem, ertragreichem Erz verringern.
Nach Angaben der Forscher könnte die neue Technologie den Energieverbrauch bei der Stahlproduktion um ein Drittel reduzieren. Da sie den Einsatz von Kohle überflüssig macht, könne dadurch auch das Ziel erreicht werden, nahezu keine Kohlendioxidemissionen mehr zu verursachen.
Es ist zu vermuten, dass das neue Verfahren chinesische Stahlwerke zumindest kurz- und mittelfristig noch stärker in Konkurrenz zu den europäischen setzen wird. Wie sich die neue Technologie langfristig auf Europa auswirken könnte, wird vor allem von unternehmerischen und politischen Entscheidungen auf dem «alten Kontinent» abhängen.
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