Es war ein Friedensgebet an historischer Stätte: oben am Hambacher Schloss, heute Samstagnachmittag, 8. Juni.
Die Bedrängnisse steigern sich, fast täglich. Kaum jemand kann sich ihnen mehr entziehen. Man kann nur verschiedene Strategien entwickeln, wie man damit umgehen könnte. Oder umgehen sollte laut den Vorgaben und Geboten aus Medien und Politik.
Ein Friedensgebet überbietet solche engen Rahmen. Denn da schauen wir nicht zur Seite, welche Haltung wohl die gefälligere sei, sondern wir wenden uns ungeschürzt nach oben − zu Dem immer schon gegenwärtigen Einen.
Im folgenden Wort zum Sonntag fasse ich Gedanken aus diesem Anlass in Hambach zusammen.
Nichts ist mehr selbstverständlich, von immer weniger können wir ausgehen. Sogar der äußere Friede ist inzwischen bedroht. «Die Demokratie ist nicht auf ewig garantiert», meinte vor rund 15 Jahren eine damals ranghohe deutsche Politikerin. Wir sind jetzt eine Stufe weiter: Nicht einmal der Frieden ist uns sicher.
Wenn jetzt sogar im Deutschen Bundestag ganz offiziell eine Kriegstüchtigkeit des ganzen Landes gefordert bin, bis hinein in Einzelheiten des zivilen Lebens, dann muss ich sagen: Wer so redet, der ist wortwörtlich von allen guten Geistern verlassen und verbreitet einen Geist des Todes.
Auch der Unfrieden nach innen hat in den letzten Tagen einen traurigen Höhepunkt erlebt. Ich denke an den Überfall auf Michael Sürzenberger von BPE samt dem Mord am Polizisten Rouven Laur. Es war ein medialer Zwischen-Höhepunkt, denn der Irrsinn geht unvermindert weiter, ja vielleicht umso mehr: Krawallanten dürfen Trauerfeiern stören, eine Diskussion über den Islamismus wird explizit verweigert und stattdessen eine ungefilterte Zuwanderung forciert.
Weite Teile des deutschen Staates stehen nicht mehr auf der Seite der Vernunft und des Lebens. Viele Menschen bei der Polizei zerreißt es deswegen. Kritik wird kleingeredet oder verhindert und damit der Unfrieden weiter geschürt.
Was daraus folgt, sind Unzufriedenheit, eine mehr oder weniger latente Aggression oder und eine taube Gleichgültigkeit gegenüber allem und jedem um einen herum. Den einen wachsen Feindbilder ins Unermessliche, andere führt ihr seelisches Abstumpfen zu einem Sterben vor dem Tod.
Diesen Gesamtbefund teilt Jesus. «Hier wird euch zugesetzt», sagt er nach dem bekannten Wort aus Johannes 16,33. Man hat es anders im Ohr: «In der Welt hab ihr Angst.» Gemeint ist «… erlebt ihr Enge». Wir können da nur sagen: «Ja, Herr; so ist es …!»
Das zitierte Wort geht noch weiter: «Aber wohlan», kontert Jesus. Und das ist mehr als das «Seid getrost» aus der Luther-Übersetzung; es ist etwas aktiv Zugesprochenes, und es ist darum glaubwürdig, weil hier niemand trickreich vor den Karren fremder Interessen gespannt wird wie bei einem bloßen «Wir schaffen das» oder Ähnlichem.
Der dritte Teil dieses Wortes liefert die Begründung: «Denn ich hab das bereits bewältigt»; im Luther-Deutsch: «Ich hab die Welt überwunden.» Das ist geschehen in Seiner Auferstehung: Er hat den Tod besiegt und neues Leben zugänglich gemacht, Leben von drüben her.
Das ist nun, wie wenn in einem Raum die Luft immer stickiger geworden ist und man fast nicht mehr schnaufen oder reden kann, und auf einmal schafft es einer, trotz des Überdrucks ein Fenster aufzureißen. Wer sich dem nähert, der spürt wieder, was frische Luft sein kann. Man hatte es fast schon nicht mehr gewusst.
Wir fangen somit an, jenes Bibelwort durch unser Leben rückwärts zu lesen. Die frische Luft im Glauben, das ist das eigene «Überwinden»: ganz klassisch in Gebet und Bibellese und neuer Gemeinschaft. Man setzt sich dem Licht aus.
Das macht Mut, sich ganz neu einzubringen, Unfrieden zu benennen, Verantwortung von Amtsträgern einzufordern, Gleichgültigkeit zu überwinden − einfach die Dinge anschauen, wie sie sind, und sich einen neuen Umgang damit zeigen lassen. Das ist das «Wohlan».
«Bedrängt» werden wir deswegen weiterhin oder auch erst recht. Aber wir lernen, immer wieder auf die genannte Weise durchzuatmen. Der Fensteröffner ist noch lange nicht zu Ende mit seiner Arbeit.
Beten wir für unser Land und seine Treiber, die politischen wie die religiösen, und lassen wir uns zeigen, wie wir das umsetzen können, denn hier, auf dem Weg und Rückweg jenes Wortes, gilt es nun, das vielmissbrauchte: «Gott mit uns!»
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Wort zum Sonntag vom 2. Juni 2024: Ein Wort wider die Heuchelei
Lothar Mack war als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft in Gottesdiensten und an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf. Sein Telegram-Kanal lautet StimmeundWort.
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