Das Thema Frieden ist sehr umfassend, und wir hören heute noch mehr dazu. Ich beschränke mich darum auf einige Eckpunkte zur Orientierung. In aufgewühlten Zeiten wie unseren kann es hilfreich sein, wieder einige Maßstäbe wahrzunehmen. Zwei Fragen will ich nachgehen. Zum einen: Welche Menschen fördern den Frieden nicht? Und: Welche Menschen fördern den Frieden?
Zur ersten Gruppe gehören diejenigen, die sich am Prinzip Macht ausrichten: «Was will ich erreichen? Was erwartet meine Klientel von mir? Wie verkauf ich mich am besten?» Zur zweiten gehört, wer sich an einem Dienst ausrichtet: «Für wen sollte ich da sein? Wie kann ich das Zusammenleben leichter machen, auch für die nächste Generation?»
Worauf wir innerlich ausgerichtet sind, das bestimmt unsere Wirkung nach außen, und das bestimmt auch, ob es dann mehr oder weniger friedlich zugeht.
Welche Menschen fördern den Frieden nicht?
Wer sich in unbedachtem Gehorsam gegenüber Menschen und Einrichtungen einen Anteil an der Macht verspricht; an einer Macht, in der man sich dann auch eine Zeitlang auch selber wohlig und groß fühlen darf. Diesen Eindruck hab ich immer wieder, wenn sich Politiker irgendwo auf der Weltbühne zeigen. Vertreten sie dann ihr Land oder ihr eigenes Möchtegernegroß?
Jedenfalls wäre das nicht unbiblisch. «Ihr wolltet eine kleine Weile fröhlich sein in seinem Licht», hält Jesus den Leuten vor, die beim berühmten Johannes dem Täufer vorbeigeschaut hatten (Johannes 5,35).
Welche Menschen fördern den Frieden?
Das sind diejenigen, die mit eigenem Gewissen einen Dienst wahrnehmen; sie denken und handeln in einer Verantwortung für andere. Sie halten ihre Spur und ihre Richtung und fangen dafür auch mal dumme Blicke und Bemerkungen ein.
Bei Jesus klingt das dann so:
«Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein.» (Markus 10,42f)
Ja, von guten Bibelworten haben nicht nur die explizit Gläubigen etwas. Sie sind Straßenlampen für jeden.
Was ein Machtgebahren auslösen kann, habe ich auf dem Höhepunkt der unseligen Corona-Zeit, im Sommer 2021, in Fribourg erlebt. Einer alten gebückt laufenden Frau hatte ich geraten, ihre Baumwoll-Lappen aus dem Gesicht zu nehmen. Sie hat mit einem dankbaren Aufatmen geanwortet.
Die Pflicht zum Lappen war vom damaligen unseligen Bundesrat Berset ausgegangen. Seine Begründung hatte gelautet: «Der Mundschutz gibt gerade älteren Menschen ein Gefühl von Sicherheit.» − Genau wie dann die Spritze ein Gefühl von Gesundheit und «Solidarität» vermittelt hat; wie eine «flexible Neutralität» ein Gefühl von Frieden und eine elektronische ID ein Gefühl von Sicherheit und Souveränität hervorrufen sollen.
Aber aufgepasst: Wenn die Mächtigen von Moral reden, dann meinen sie erstens immer die andern und zweitens geht es durchwegs ums Gegenteil, nämlich ums Geschäft und um Macht. «An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen», als da sind Angst und Tod und Unfrieden. Wer trotzdem mitmacht, darf sich seinen Gehorsam hin und wieder sogar mit einem «Zertifikat» bescheinigen lassen.
Die gutbürgerliche Haltung «Die da oben werden es schon recht machen» ist jedenfalls der Freipass für jeden Machtmenschen, ob nun helvetischer oder anderer Couleur.
Dass sie sich eine Anerkennung von oben nicht verscherzen wollten, darin sehe ich den Hauptgrund für das Versagen unserer Kirchen in den letzten Jahren. Sogar Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger hatte sich bereits in der Zeitschrift reformiert.info von Ende Juni 2020 «eine starke und keine devote Kirche» gewünscht. Ein Aufschrei hätte damals kommen müssen!
Im April 2020 wollten die Angehörigen einer alten Frau im Aargau ihre kranke Mutter besuchen gehen. Es wurde ihnen verweigert; sie läge ja noch nicht im Sterben. Wenige Tage später frühmorgens der Anruf: «Es tut uns leid, aber «heute Morgen ist Ihre Mutter verstorben. Auf Nachfrage bei der Landeskirche in Aarau hieß es dann, das sei zwar bedauerlich, werde «jetzt aber wohl noch öfter vorkommen».
Ums Jahr 2000 ist ein kleines Büchlein herausgekommen über die katholische Kirche im Dritten Reich: «Gehorsame Kirche − ungehorsame Christen». Was wird in 20 Jahren über unsere Kirchen geschrieben werden? Ich muß dieses Unrecht hier an dieser Stelle einmal klar benennen.
Anders gesagt: Glaubwürdigkeit gewinnen wir nicht durch die Anerkennung, die wir erhalten, sondern durch die Anerkennung, auf die wir verzichten, grad als Kirchen und als Christen.
Wer und was fördert den Frieden?
Das Gegenteil von Machtstreben ist eine Haltung vom Dienst, von De-Mut; wörtlich: eine «Dienst-Gesinnung». Der Einfluss auf andere will zum Guten wahrgenommen werden. Wo das nicht geschieht, ist Protest angesagt, so wie hier jetzt oder am 28. September beim Referendum über die E-ID.
In Deutschland werde ich oft gefragt, was denn in der Schweiz anders sei. Ich sag dann oft: «Der Grundwasserspiegel vom gesunden Menschenverstand ist in der Schweiz höher geblieben.» Aber Volkes Wille kann umgekehrt auch Unrecht legitimieren. So haben die Covid-Gesetze, über die zweimal abgestimmt worden ist, illegitime Ermächtigungen des Bundesrats «per Volkswillen» bestätigt.
Der erste Blick von Menschen in einer Position darf nicht zur Seite gehen zu einer Klientel oder in die Breite zum Gefallen der Masse. Der erste Blick geht nach innen und oben: Was sagt mein Gewissen? Welche Verantwortung vor Gott ist mir anvertraut?
Die grundlegende Bestimmung für Menschen mit einer ausführenden Gewalt steht im Römerbrief: Sie seien «Diener Gottes» (Römer 13,6). Das klingt erst einmal recht schmeichelhaft. Aber es ist ein Auftrag. «Diener» heißt hier wörtlich «für das Volk Tätiger». Wer in seiner Position nicht für das Volk tätig ist, lebt an seiner Berufung vorbei; Gehorsam von anderen wäre dann nicht viel mehr als verlängertes Unrecht.
Gehen wir aus aktuellem Anlaß noch auf den Zollstreit ein. Die Ratlosigkeit unter den Politikern ist groß, sie werden mit harten Vorwürfen konfrontiert. − Was nun? Ein anderer großer Leiter hatte in ähnlicher Lage einmal öffentlich bekannt: «Wir wissen nicht, was wir tun sollen.» (2. Chronik 20). Das ist Demut: eine Ratlosigkeit aushalten lernen und damit ins Gebet gehen. Jener Vers aus dem Alten Testament geht denn auch weiter mit «sondern unsere Augen sehen nach dir, unserm Gott».
Eine solche Demut wünsche ich mir von unseren Politikern. Sie auf ungute Haltungen hinweisen, sie zum Gebet ermutigen, selber für sie einstehen − was kann einer Regierung Besseres passieren als solche kritischen Menschen an ihrer Seite zu wissen? − Gott segne euch.
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Wort zum Sonntag vom 3. August 2025: Dem Trapper auf der Spur
Lothar Mack war als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft in Gottesdiensten und an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf. Sein Telegram-Kanal lautet StimmeundWort.