Wenn du wie eine Sonne scheinen willst,
dann brenne zuerst wie eine Sonne.
A. P. J. Abdul Kalam

Liebe Leserinnen und Leser

Dann fühlt man sich ganz klein. Wenn die Sonne noch mehr tobt als sonst. Man besinnt sich der fragilen Lage, in der sich unser «blauer Planet» befindet. Wie winzig unser Leben doch ist. Man spürt die universelle Kraft, die alles erzeugen und alles zerstören kann; unser Zentralgestirn, das geben und nehmen kann.

In den letzten zwei Wochen verursachten koronale Masseauswürfe (CMEs) den stärksten geomagnetischen Sturm, auch Sonnensturm genannt, der letzten 20 Jahre. Er verursachte kurzzeitige Unterbrechungen der Funksignale auf der Erde bei Frequenzen unter 30 MHz. Selbst auf Sizilien sah man Polarlichter.

Ein noch stärkerer Sonnensturm wäre heute wesentlich schlimmer als zu Zeiten, als es keinen elektrischen Strom gab. Doch er wäre auch viel gravierender als vor einigen Jahrzehnten, als noch nicht fast alles digitalisiert und vom Internet abhängig war: Lieferketten würden zusammenbrechen, die Wirtschaft würde kollabieren, das meiste Geld wäre zumindest vorübergehend weg. Innert Tagen würde das totale Chaos ausbrechen.

Der bisher größte wissenschaftlich beobachtete gemagnetische Sturm auf der Erde war das sogenannte Carrington-Ereignis im Jahr 1859. Damals waren sogar in Havanna und auf Hawaii Polarlichter zu sehen.

Ein weiterer extremer Sonnensturm fand im Mai 1921 statt. Er führte zum am weitesten äquatorwärts gelegenen Polarlicht, das jemals dokumentiert wurde. Er verursachte weitreichende Störungen der Telefon- und Telegrafensysteme im Bundesstaat New York mit mehrstündigen totalen Kommunikationsausfällen. Ein Stellwerk und eine Telegrafenstation gerieten in Brand.

Im März 1940 brachte eine Sonneneruption erhebliche Störungen in den Kommunikationssystemen der USA mit sich. Im Mai 1967 ließ die Sonne dann die polaren Überwachungsradare ausfallen, was das US-Militär dazu veranlasste, sich auf einen Atomkrieg einzustellen, bis der solare Ursprung bestätigt wurde.

Nach verschiedenen Maßstäben ereignete sich der extremste Sonnensturm des Weltraumzeitalters im März 1989. Dabei wurde das Stromnetz der USA gestört und das der Provinz Quebec in Kanada fiel komplett aus.

Da kommt mir der Orang-Utan in den Sinn, der kürzlich dabei beobachtet wurde, wie er sich mit dem Saft einer gekauten Heilpflanze eine Wunde heilte. Wieviele Menschen sind heute dazu fähig? Instinktiv lecken zwar auch wir unsere Wunden, denn Speichel wirkt in der Tat antibakteriell. Doch dazu noch in der Natur die geeignete Pflanze finden und wissen, dass sie gekaut werden muss?

Ganzheitlich betrachtet: Wie fortschrittlich ist unser «Fortschritt» tatsächlich? Wie nachhaltig ist unsere Gesellschaft? Wie können wir uns auf einschneidende natürliche Ereignisse vorbereiten? Diese und weitere philosophische und praktische Fragen wirft so ein Sonnensturm auf. Und er erzeugt Dankbarkeit dafür, dass es auf der Erde überhaupt (noch) Leben gibt.

Herzlich
Konstantin Demeter

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