Anstatt nach der Lockerung der Corona-Maßnahmen zur Normalität zurückzukehren, gehen Menschen weltweit auf die Straßen, um gegen Rassismus, Polizeigewalt und die Politik zu demonstrieren. Die Staatsmacht und ihre Polizei reagiert heftig, schwere Ausschreitungen sind die Folge.
Jetzt erklärt der Psychologe, Bestseller-Autor und Gründer des Kölner Marktforschungsinstituts «rheingold», Stephan Grünewald, im Interview mit FOCUS Online, «warum die Coronakrise uns ungleich behandelt hat - und warum sich das Leben nach dem Lockdown für viele anfühlt wie ein Geisterspiel in der Bundesliga».
Grünewald zufolge hätten die Erfahrungen in der Coronakrise Menschen für jene Ungerechtigkeiten sensibilisiert, «die schon lange in unserer Gesellschaft gären».
Die jetzt physisch erkennbare Wut innerhalb der Bevölkerung sei Folge eines langen Prozesses: «Schon vor dem Lockdown befand sich Deutschland in einem aufgewühlten seelischen Zustand. Vielen Menschen ging es zwar gut und sie erlebten ihr Land als Insel des Wohlstands in einer Welt der krisenhaften Umbrüche. Dennoch rumorte es: Der soziale Zusammenhalt schwand, radikale Parteien waren auf dem Vormarsch, immer mehr Bürger hatten das Gefühl, die Zukunft könne nur schlimmer werden.»
Die Coronakrise habe für eine kurze Zeit von diesen Problemen abgelenkt, doch damit sei jetzt Schluss.
Grünewald: «Die akute Bedrohung ist gebannt und all die Probleme und Konflikte, die Polarisierungen und Spaltungstendenzen in unserer Gesellschaft kommen wieder an die Oberfläche – auch weil die Coronakrise viele gesellschaftliche Bruchlinien verstärkt hat.»