Das Markenzeichen des derzeitigen US-Präsidenten Donald Trump sei das verbale Spektakel, schreibt der russische Politologe Dmitri Trenin auf RT. Trumps forsche, widersprüchliche und manchmal theatralische Aussagen sollten beobachtet, aber nicht überbewertet werden. Sie seien nicht von Natur aus wohlgesinnt oder feindlich gegenüber Russland. Man müsse auch berücksichtigen, dass Trump nicht der «König» der USA sei. Die «Trump-Revolution», die viele zu Beginn des Jahres erwartet hätten, scheine der Entwicklung des US-Präsidenten gewichen zu sein: einem Abdriften in Richtung Anpassung an das US-Establishment.
Positiv erachtet Trenin, dass die diplomatischen Kontakte zwischen Russland und den USA wieder aufgenommen wurden, nachdem sie unter Joe Biden eingefroren waren. Er verweist auf mehrere Gespräche auf hoher Ebene und eine zaghafte Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen wie geopolitische Stabilität, Sport und Verkehr. Ein weiteres diplomatisches Ergebnis seien die wiederaufgenommenen Gespräche mit der Ukraine in Istanbul, auch wenn es ihnen derzeit an Substanz fehle. Die strategische Lage bleibe jedoch unverändert.
Die Erwartungen, dass Trump einen Ukraine-Deal zugunsten Russlands abschließen, die EU untergraben oder einen großen Pakt mit Russland und China aushandeln würde, seien stets unrealistisch gewesen.
Militärisch ist der Politologe der Ansicht, dass Trump die verbleibenden Hilfspakete, die unter Biden genehmigt wurden, bereitstellen und sie vielleicht durch bescheidene eigene Beiträge ergänzen wird. In Zukunft werde es aber Westeuropa – insbesondere Deutschland – sein, das die Ukraine beliefere, oft durch den Kauf von in den USA hergestellten Systemen und deren Reexport.
In der Zwischenzeit würden die USA Kiew weiterhin mit nachrichtendienstlichen Informationen über das Schlachtfeld versorgen – insbesondere für tiefe Angriffe auf russisches Territorium. Trenin schließt:
«Nichts von alledem deutet darauf hin, dass der Konflikt im Jahr 2025 beendet sein wird. Er wird auch nicht enden, wenn die Feindseligkeiten in der Ukraine schließlich abklingen. Das liegt daran, dass es bei diesem Kampf nicht grundsätzlich um die Ukraine geht.
Was wir hier erleben, ist ein indirekter Krieg zwischen dem Westen und Russland – Teil einer viel umfassenderen globalen Konfrontation. Der Westen kämpft um den Erhalt seiner Vorherrschaft. Und Russland verteidigt sich, indem es sein souveränes Recht auf Existenz zu seinen eigenen Bedingungen geltend macht.
Dieser Krieg wird langwierig sein. Und die Vereinigten Staaten – mit oder ohne Trump – werden unser Gegner bleiben. Das Ergebnis wird nicht nur über das Schicksal der Ukraine entscheiden, sondern auch über die Zukunft Russlands selbst.»
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Dmitri Trenin ist Forschungsprofessor an der russischen Higher School of Economics und leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institute of World Economy and International Relations in Moskau. Er ist außerdem Mitglied des Russian International Affairs Council (RIAC).