Am Sonntagabend meldeten die Behörden im Gaza-Streifen 9’730 Todesopfer durch die israelischen Bomben und Granaten. Der aussenpolitische Informationsdienst German Foreign Policy (GFP) gibt diese Zahl in einem aktuellen Bericht am heutigen Montag wieder. Zugleich wird darauf hingewiesen, dass den Angaben nach von den israelischen Truppen bei ihrem Rachefeldzug gegen die Hamas «mehrheitlich Kinder und Jugendliche (rund 4800) oder Frauen (etwa 2550) getötet» wurden.
Laut GFP ist die Zahl der Getöteten in Gaza fast so hoch wie die der Zivilisten, die seit dem 24. Februar 2022 durch den Krieg in der Ukraine ums Leben kamen (mehr als 9900). Selbst israelische Organisationen würden die von palästinensischer Seite stammenden Angaben als zuverlässig einstufen. Mehr als 1,4 Millionen der insgesamt 2,3 Millionen Bewohner des Gaza-Streifens seien auf der Flucht. 16 der 35 Krankenhäuser seien inzwischen geschlossen und die anderen nur noch bedingt betriebsfähig.
Der Informationsdienst weist auch auf Kritik aus der UNO am israelischen Vorgehen hin. So habe das UN-Menschenrechtskommissariat beim israelischen Angriff auf das Flüchtlingslager Jabalia wegen der hohen Zahl ziviler Todesopfer und wegen des Ausmasses der Zerstörung von einem mutmasslichen «Kriegsverbrechen» gesprochen.
«Berichten zufolge wurden bei mehreren Angriffen auf das Lager mindestens 195 Menschen getötet; mehr als hundert wurden noch unter den Trümmern vermutet. Nach einem Angriff auf einen Konvoi von Krankenwagen, dem Bombardements von Krankenhäusern vorausgegangen waren, gab sich der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, ‹zutiefst geschockt›.»
Auch UN-Generalsekretär António Guterres habe sich «entsetzt» gezeigt. Seit fast einem Monat würden Zivilisten im Gazastreifen belagert, von Hilfe abgeschnitten, getötet und aus ihren Wohnungen gebombt: «Das muss aufhören.» Guterres hatte laut GFP bereits zuvor gewarnt, das humanitäre Völkerrecht sei «kein à la carte-Menü» und dürfe «nicht selektiv angewandt» werden.
Zunehmende internationale Kritik
Dem Informationsdienst nach nimmt die internationale Kritik an Israel zu. Mehrere Staaten hätten aus Protest gegen die hohe Zahl an zivilen Todesopfern ihre Botschafter aus Israel zurückgerufen, darunter etwa Chile, Kolumbien und Honduras, Jordanien und Bahrain. Bolivien habe bereits die diplomatischen Beziehungen zu Israel abgebrochen.
«Dass sich Israel mit seiner Kriegführung immer stärker isoliert, zeigte bereits das Votum der UN-Generalversammlung vom 27. Oktober. Lediglich 14 Staaten lehnten die Resolution mit ihrer Forderung nach einem Waffenstillstand im Gazastreifen ab. Das waren neben den USA, Israel und vier EU-Mitgliedern lediglich zwei Staaten Lateinamerikas und sechs Pazifikstaaten, die in ihrer aktuellen Politik von den Vereinigten Staaten abhängig sind. Unter den 45 Staaten, die sich enthielten, befanden sich nur 15 aus dem Globalen Süden. Dieser geht ganz überwiegend zu Israel auf Distanz.»
Auch der Druck aus den USA aus Israel nehme zu, heisst es bei GFP. Washington wolle einen «ausufernden Flächenbrand im Nahen Osten» verhindern und habe versucht, die israelische Bodenoffensive zu verzögern. Selbst US-Aussenminister Antony Blinken habe nach seinem Besuch in Tel Aviv am 3. November erklärt, er sei erschüttert über die Bilder toter und verwundeter palästinensischer Kinder.
Blinken habe sogar davor gewarnt, es werde nach einem solchen rücksichtslosen Vorgehen der israelischen Truppen «keine Partner für den Frieden» nach dem Krieg geben.
«Die Bundesregierung weist derlei Überlegungen zurück», stellt der Informationsdienst fest und verweist dabei auf Aussagen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Der hatte in der ZDF-Sendung Markus Lanz am 1. November erklärt:
«Ich glaube, es ist jetzt nicht die Zeit, über Frieden zu reden.»
Zuvor hatte in derselben Sendung sich die aus einer jüdischen Familie stammende deutsch-amerikanische Schriftstellerin Deborah Feldmann für Frieden ausgesprochen. Sie warnte zugleich:
«Wer den Holocaust instrumentalisieren will, um weitere Gewalt zu rechtfertigen, hat seine eigene Menschlichkeit verwirkt. (...) Wenn diese Eskalation der Gewalt nicht beendet wird, erleben wir möglicherweise eine dramatische, gefährliche Entwicklung in unserer Gesellschaft und in der Welt, die wir nicht mehr in den Griff bekommen.»
Habeck erklärte er, lehne das «politisch» ab. Deutschland werde Israel weiter im Krieg unterstützen, nicht zuletzt mit Waffenlieferungen. Laut GFP wolle Deutschland zudem medizinische Hilfe für israelische Soldaten leisten.
Dazu wird aus der Regierungspressekonferenz am 3. November zitiert, bei der eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums erklärte, «wir stehen mit Israel in einem engen Austausch und sprechen insgesamt über sanitätsdienstliche Unterstützung». Drei sogenannte Einsatzgruppenversorger der deutschen Bundesmarine kämen dafür in Frage.
Eines der Schiffe, die «Frankfurt am Main», befindet sich den Angaben nach derzeit im östlichen Mittelmeer. Auf die Frage, ob die deutsche Marine eventuell «medizinische Hilfsleistungen für im Gazastreifen verwundete Palästinenser» durchführen werde, erklärte ein Regierungssprecher: «Das ist mir nicht bekannt.»
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