Die zunehmende Nutzung von Smartphones, Tablets und anderen Bildschirmmedien im Vorschulalter wird inzwischen als globaler Menschenversuch betrachtet. In einer umfassenden Übersichtsarbeit, veröffentlicht im Deutschen Ärzteblatt, wurden systematisch sieben Metaanalysen und 36 Einzelstudien analysiert, und zwar zur Frage, ob Medienkonsum im frühen Kindesalter mit Entwicklungsrisiken wie Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) oder anderen psychischen Auffälligkeiten zusammenhängt.
Die Ergebnisse sind eindeutig: Ein erhöhter Medienkonsum ist signifikant mit sprachlichen, kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklungsdefiziten assoziiert. Die adjustierte Odds Ratio (aOR)* für autismusähnliche Symptome liegt bei 1,97, also fast doppelt so hoch wie bei Kindern mit geringer Bildschirmzeit. Auch emotionale Probleme, ADHS-Symptome und Störungen der Emotionsregulation treten deutlich häufiger auf.
Wichtig: Die Forscher betonen, dass Medienkonsum nicht als alleinige Ursache zu verstehen ist. Faktoren wie sozioökonomischer Status, psychische Belastungen der Eltern oder fehlende Eltern-Kind-Interaktion wirken als Verstärker (weitere Informationen zum Beispiel hier). Besonders gefährlich scheint eine tägliche Bildschirmzeit von über drei Stunden zu sein – hier steigt das Risiko für emotionale Störungen auf das Doppelte.
Positiv jedoch: Interaktive Eltern-Kind-Zeit wirkt schützend. Studien zeigen, dass gezielte Elterntrainings zur Reduktion des Medienkonsums und Förderung gemeinsamer Aktivitäten signifikante Verbesserungen bei betroffenen Kindern erzielen können.
Fazit:
Eltern, Pädiater und Bildungseinrichtungen sollten frühzeitig für die Risiken übermäßigen Medienkonsums sensibilisiert werden. Die Studienlage macht deutlich: Weniger Bildschirmzeit – mehr echte Interaktion – ist ein entscheidender Schlüssel für gesunde kindliche Entwicklung.
* Eine adjustierte Odds Ratio ist ein statistisches Maß, das in epidemiologischen und medizinischen Studien verwendet wird, um den Zusammenhang zwischen einer Exposition etwa einem Risikofaktor) und einem Ergebnis (etwa einer Krankheit) zu quantifizieren.