Die EU-Handelsdiplomaten haben am Freitag die Verhängung hoher, neuer Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge (EV) genehmigt. Das Ergebnis dieser «äußerst bedeutsamen» Abstimmung gelte als wichtiger Meilenstein für die künftige Handelspolitik der Union, schreibt das Magazin Unherd.
Einen «kalten Wirtschaftskrieg» bedeutet die Anhebung der Zölle auf Elektrofahrzeuge auf bis zu 45 Prozent laut Unherd für den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán. Wenn das so weitergehe, werde die europäische Wirtschaft sterben, habe er gesagt.
Orbáns dramatische Rhetorik sei wahrscheinlich als Zurückweisung seines französischen Amtskollegen Emmanuel Macron gedacht. Dieser habe Anfang der Woche behauptet, die EU könnte aus dem gegenteiligen Grund sterben – weil sie ihren «klassischen» Freihandelsansatz nicht als Reaktion auf aggressive Subventionen in den USA und China reformiere.
Die neuen EV-Zölle seien Teil des optimistischeren Ansatzes, der von Persönlichkeiten wie Macron und der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen gefördert werde, wie das Portal erklärt. Sie sollten die schwächelnde europäische Automobilindustrie im Zuge der Umstellung auf «Net Zero» unterstützen.
Die heutige Abstimmung über die Zölle war gespalten: Fünf Länder stimmten dagegen, 12 weitere enthielten sich. Letztendlich sei der Schritt, Pekings Dominanz bei Elektrofahrzeugen einzuschränken, nur von einer Minderheit von Ländern unterstützt worden, die nicht in nennenswertem Umfang am chinesischen Automarkt beteiligt seien, so Unherd. Dagegen seien die Zölle von Ländern aktiv bekämpft worden, die weitaus stärker unter dem Einbruch der Automobilproduktion litten.
Deutschland stimmte gegen die Zölle. Bundeskanzler Scholz befürchte angesichts möglicher Vergeltungsmaßnahmen Pekings, «uns selbst zu schaden», so das Magazin. Berlin befinde sich bei der EV-Produktion in einer Zwickmühle: Autohersteller, die von billigen chinesischen Konkurrenten unterboten würden, seien gleichzeitig stark vom chinesischen Exportmarkt abhängig. Autos machten den Löwenanteil der deutschen Exporte nach China aus, so dass Vergeltungsmaßnahmen den Herstellern ebenso schaden könnten wie die billige Konkurrenz auf dem EU-Markt.
Wie im Falle Russlands vor der Invasion in der Ukraine scheine die EU – und insbesondere Deutschland – in einer toxischen wirtschaftlichen Beziehung mit einer unfreundlichen Macht gefangen zu sein, beschreibt Unherd die Situation. Peking habe sich die grüne Energiewende unter den Nagel gerissen, um die europäischen Schlüsselindustrien zu untergraben. Die chinesischen Staatssubventionen, die die Preise für Elektroautos künstlich niedrig halten, seien ein Beispiel für eine aggressive Politik, die nach Macrons Ansicht eine offensive Antwort rechtfertige.
Wenn ein solches Gegeneinander zur Norm würde, wäre es schwer, Orbáns Charakterisierung der Beziehungen zwischen der EU und China als «kalter Krieg» nicht zuzustimmen, urteilt Unherd. Das Handelsblatt meint, es sei jedoch nicht die EU, die hier einen Handelskonflikt vom Zaun breche. Vielmehr habe China ihn bereits vor Jahren mit seinen unfairen Methoden begonnen und sei nicht bereit, daran etwas zu ändern.
Der Streit um die Elektroautos habe Brüssels Achillesferse in Sachen Handel offenbart, resümiert Unherd. Die widersprüchlichen Prioritäten der Mitgliedstaaten würde in einem Binnenmarkt mit gemeinsamen Handelskontrollen grundlegende Probleme aufwerfen. Angesichts des Potenzials für einen eskalierenden Handelskrieg mit China sei die Wettbewerbsfähigkeit der schwerfälligen EU alles andere als klar.