Am Sonntagabend wurden fünf Journalisten durch einen israelischen Luftangriff getötet. Sie hatten sich Berichten zufolge in einem Zelt für Journalisten vor dem Al-Shifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt aufgehalten. Einer davon ist Anas al-Sharif, eines der bekanntesten Gesichter von Al Jazeera in Gaza (wir berichteten).
Israel bestreitet, Journalisten gezielt ins Visier zu nehmen. In einer Erklärung, in der die Tötung von al-Sharif bekannt gegeben wurde, teilte die IDF mit, er sei der «Anführer einer Terrorzelle der Hamas» gewesen und habe «Raketenangriffe auf israelische Zivilisten und IDF-Truppen vorangetrieben».
Dr. Ahmad Tibi, Abgeordneter und Vorsitzender der israelisch-arabischen Ta’al-Partei, widerspricht in der israelischen Zeitung Haaretz dieser Darstellung. Von Beginn des Krieges Israels gegen Gaza sei klar gewesen, dass der Angriff «nicht nur gegen Gebäude und Menschen gerichtet war, sondern auch gegen Fakten und diejenigen, die diese ans Licht bringen». Tibi erinnert daran, dass die israelischen Behörden eine Informationssperre verhängt und ausländischen Journalisten die Einreise nach Gaza verboten haben. Sie seien zudem «gezielt gegen die dort verbliebenen palästinensischen Reporter» vorgegangen:
«Das ist kein Kollateralschaden, sondern eine Strategie», so Tibi.
Zu Anas al-Sharif schreibt der Politiker, dass er nur mit einer Kamera und der Entschlossenheit bewaffnet, die Folgen des Krieges für die Zivilbevölkerung zu dokumentieren, unterwegs war. In den Augen der israelischen Besatzungsmacht habe ihn das zu einem «gefährlichen Mann» gemacht. Tibi stellt fest:
«Die Wahrheit, die er verbreitete, war bedrohlicher als jede Waffe. Durch die Abschottung des Gazastreifens gegenüber internationalen Medien kontrolliert Israel die Berichterstattung. Vor Ort behandelt es palästinensische Journalisten nicht als neutrale Beobachter, die durch internationales Recht geschützt sind, sondern als legitime Ziele. Die Absicht ist klar: Wenn man die Zeugen zum Schweigen bringt, kann man die Geschichte umschreiben.»
Der Abgeordnete weist darauf hin, dass laut Reporter ohne Grenzen und dem Komitee zum Schutz von Journalisten seit Oktober 2023 rund zweihundert Journalisten und Medienmitarbeiter im Gazastreifen getötet wurden. Dies sei der tödlichste Konflikt für Journalisten in der modernen Geschichte. Er erläutert:
«Das Muster ist unverkennbar: Journalisten sterben nicht zufällig im Kreuzfeuer, sondern werden bei der Ausübung ihrer Arbeit getötet, oft obwohl sie eindeutig als Pressevertreter gekennzeichnet sind. Israel verteidigt diese Tötungen regelmäßig mit unbegründeten Behauptungen, die Opfer seien getarnte Terroristen gewesen. Unabhängig davon, ob diese Behauptungen einer Überprüfung standhalten, erfüllen sie zuverlässig ihren Zweck: Sie dienen als PR-Schutzschild für Handlungen, die gegen den Kern der Genfer Konventionen verstoßen.»
Die internationale Gemeinschaft stehe nun vor einer Bewährungsprobe. Tibi fragt, ob sie weiterhin zulassen wird, dass gezielte Tötungen von Journalisten und die Medienblockade einer belagerten Bevölkerung ohne Rechenschaftspflicht hingenommen werden. «Oder wird sie den Grundsatz aufrechterhalten, dass die Presse, insbesondere in Kriegszeiten, kein feindlicher Kämpfer ist?». Der Politiker macht klar:
«Das Völkerrecht ist eindeutig: Journalisten müssen wie Zivilisten geschützt werden. Doch ohne Durchsetzung haben diese Schutzmaßnahmen wenig Bedeutung. Ich fordere eine unabhängige, internationale Untersuchung jedes einzelnen Mordes an einem Journalisten in Gaza und Sanktionen gegen diejenigen, die solche Verbrechen anordnen, ausführen oder rechtfertigen.»
Hier gehe es nicht um politische Loyalität, sondern darum, das Recht der Welt zu verteidigen, zu sehen und zu erfahren, was in Gaza mit seinen Waffen und seiner anhaltenden Unterstützung geschieht. Tibi schließt:
«Israel mag glauben, dass die Ermordung von Journalisten die Wahrheit begraben kann. Israel irrt sich. Die Wahrheit stirbt nicht; sie wird weitergetragen und durch den Mut derer verstärkt, die ihr Leben riskieren und oft opfern, um sie zu verbreiten. Das Blut der Journalisten aus Gaza wird nicht nur die Hände beflecken, die die Raketen abgefeuert haben, sondern auch das Gewissen einer Welt, die sich entschieden hat, nicht zu handeln.»