Japan scheine den Übergang von einer homogenen Gesellschaft hin zu «Vielfalt und Inklusivität» zu vollziehen, indem es eine «Ära der Masseneinwanderung aus dem Ausland» einläute. Das ist die Einschätzung des Magazins Modernity. Für ein Land, das dem CIA World Factbook zufolge bis vor kurzem noch zu 97,5 Prozent aus ethnischen Japanern bestand, werde dies einen massiven Wandel darstellen.
Die rapide sinkende Geburtenrate, eine alternde Gesellschaft und ein chronischer Arbeitskräftemangel fördere den «Import» von Millionen von Ausländern, die «das Gesicht Japans verändern». So beschreibt es laut dem Magazin ein Bloomberg-Bericht. Die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte in Japan habe inzwischen die 2-Millionen-Grenze überschritten, was einem Anstieg von 12,4% im Jahr 2022 entspreche.
«Japan tritt in eine Ära der Masseneinwanderung aus dem Ausland ein», habe Junji Ikeda gesagt, Präsident einer in Hiroshima ansässigen Vermittlungsagentur für ausländische Arbeitskräfte. Schrittweise Anpassungen würden nicht ausreichen. Das ostasiatische Land benötige mindestens 647’000 Einwanderer im erwerbsfähigen Alter pro Jahr, um den Mangel an 11 Millionen Arbeitskräften bis 2040 zu beheben.
Im Transportwesen sowie in der Dienstleistungsbranche würden beispielsweise immer mehr ausländische Migranten arbeiten. Diese dürften dann ihre Familien nachholen und auf unbestimmte Zeit in Japan bleiben.
Im Rahmen eines Regierungsprogramms würden 820’000 Migranten zur Arbeit im Transport- und Logistiksektor zugelassen, so Kabinettschef Yoshimasa Hayashi. Dies unterstreiche die «Anstrengungen zur Verwirklichung einer integrativen Gesellschaft».
Während das Verfahren offiziell unter der Bezeichnung «Facharbeitervisa» durchgeführt werde, würden die Migranten jedoch unter anderem als Taxifahrer, Busfahrer und Fabrikarbeiter eingesetzt, ergänzt Modernity.
Der Bloomberg-Kolumnist Gearoid Reidy habe in einem Artikel für die Japan Times geschätzt, dass sich die Zahl der ausländischen Arbeitnehmer in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt hat. Indes sei die Zahl der Ausländer im weiteren Sinne, zu denen auch Kinder und Studenten gehören, um 50 Prozent gestiegen.
Reidy stelle sich eine Zeit vor, in der mehr als 10 Prozent der japanischen Bevölkerung im Ausland geboren sein werden. Damit werde die bekanntlich homogene, exklusive Nation dann auf eine Stufe mit Grossbritannien, den USA und Frankreich gestellt. Modernity wünscht dem Land viel Glück dabei.
In einem Bericht der BBC über Japans frühere Weigerung, die Massenmigration anzunehmen, sei hervorgehoben worden, dass das Land «in der Vergangenheit feststeckt». Dabei sei diese Vergangenheit als «ein friedliches, wohlhabendes Land mit der längsten Lebenserwartung der Welt, der niedrigsten Mordrate und wenig politischen Konflikten» beschrieben worden.
Obwohl Japan eine grosse Anzahl von Arbeitskräften ins Land hole, scheine es dennoch bestrebt zu sein, die Zahl der Asylbewerber zu begrenzen, ergänzt das Magazin. Ein neues System, das im Juni in Kraft tritt, gebe der Regierung die Befugnis, Ausländer abzuschieben, deren Asylanträge mehrfach abgelehnt wurden.
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