Die Depotbank – also die Verwahrstelle für Wertpapiere – des Fonds der Schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ist seit Dezember 2023 die Münchner Tochter der US-amerikanischen State Street Bank. Der Wechsel von der UBS zur US-Bank wurde von der Compenswiss, der Verwalterin des Fonds, mit erheblichen Kosteneinsparungen begründet. Laut Compenswiss befinden sich die US-Vermögenswerte der AHV-, IV- und EO-Ausgleichsfonds bereits seit über 20 Jahren in den USA – so wie Schweizer Werte in der Schweiz und japanische in Japan gelagert werden.
Die Verlagerung des AHV-Vermögens von der Schweizer UBS zur deutschen Niederlassung der US-amerikanischen State Street sorgt für heftige Diskussionen. Albert Rüetschi, ein Jurist aus dem Kanton Aargau, spricht von einem «Verrat» und erhebt mit seiner «Interessengemeinschaft Aufsichtsbeschwerde Compenswiss» schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen, schrieb die in Bankenkreisen viel beachtete Plattform Inside Paradeplatz gestern. In einem offiziellen Schreiben fordert er den Bundesrat auf, den Entscheid bis Ende Januar 2025 rückgängig zu machen.
Rüetschi sieht in der Entscheidung eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Schweiz und warnt vor einem möglichen Zugriff durch US-Behörden. Er hält es für unverantwortlich, dass die Milliarden des AHV-Fonds «nicht mehr von der Schweiz aus verwaltet und in der Schweiz verwahrt» werden.
Interessanterweise fordert Rüetschi jedoch nicht die Rückkehr zur UBS. Stattdessen plädiert er dafür, dass der Bundesrat die Verwaltung des AHV-Vermögens an Kantonalbanken überträgt, die dem Steuerzahler gehören. Diese Lösung soll die Unabhängigkeit der Vorsorgefonds stärken. Sollte dies nicht auf «ordentlichem Weg» geschehen, müsse der gesamte Verwaltungsrat der Compenswiss wegen «krass verfassungswidrigen und verantwortungslosen Verhaltens» entlassen werden.
Die Entscheidung zugunsten der State Street sorgt auch in der Kommentarsektion des Artikels für kontroverse Reaktionen. Es gibt bei diesem Text zwar Kommentare, die wenig kenntnisreich, aber in rüdem Ton geschrieben sind, aber gleichzeitig erfährt man Erhellendes: Während die Compenswiss betont, dass das Risiko eines Zugriffs durch US-Behörden als «höchst unwahrscheinlich» eingestuft wurde, zweifeln viele Kommentatoren an der Sinnhaftigkeit von Rüetschis Forderungen.
Einige weisen darauf hin, dass außer der UBS keine Schweizer Bank über die nötigen Kapazitäten verfügt, um das komplexe Global-Custody-Geschäft zu übernehmen – also als Wertpapierverwahrstelle zu fungieren. Die Kantonalbanken, die Rüetschi als Lösung vorschlägt, müssten letztlich selbst auf globale Dienstleister wie State Street zurückgreifen, um ausländische Wertpapiere zu verwahren. Dies würde die Kosten in die Höhe treiben und eine Blockierung durch die USA könnte auch nicht ausgeschlossen werden.
Ein weiterer, offenbar mit dem Geschäft vertrauter Kommentator schlägt eine radikalere Lösung vor: Die Ausgliederung des Global-Custody-Geschäfts der Credit Suisse, die nach ihrer Übernahme durch die UBS nicht mehr als eigenständiger Anbieter fungiert, und die Integration dieses Geschäftsfeldes in das Kantonalbankensystem. Dies könnte laut dem Kommentator den Wettbewerb stärken und eine inländische Alternative schaffen.
Die Diskussion um die Verwaltung des AHV-Vermögens zeigt schlaglichtartig, wie vernetzt die Welt geworden ist und dass es eventuell auch dort Zugriffsmöglichkeiten von US-Behörden gibt, wo man es nicht vermutet. Das offenbart tiefgreifende Spannungen zwischen finanzieller Effizienz, nationaler Unabhängigkeit und politischer Kontrolle. Während Rüetschi drastische Maßnahmen fordert, sehen Experten in seinen Vorschlägen erhebliche praktische und wirtschaftliche Herausforderungen. Fortsetzung folgt.
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