Die Schweizer Stimmbevölkerung hat der Landesregierung, dem Bundesrat, bisher in Sachen Energiepolitik vertraut. Im Juni 2024 wurde an der Urne ein Stromgesetz durchgewunken, das Einsprachemöglichkeiten bei der Erstellung von großen Anlagen wie Windräder, Photovoltaikanlagen und Wasserkraftwerken beschneidet und die Stromproduktion höher gewichtet als den Naturschutz. Dass es einfacher wird, Wasserkraftwerke zu bauen und Staumauern wie diejenige an der Grimsel zu erhöhen, ist zu begrüßen, aber sind Windparks in einem Land, wo meist kein Wind weht, wirklich das Mittel der Wahl?
Während die Befürworter Windkraft als wichtigen Bestandteil einer klimaneutralen Zukunft sehen, regt sich von anderer Seite Widerstand. Der Verband Freie Landschaft Schweiz hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Errichtung von Windkraftanlagen kritisch zu hinterfragen und teilweise aktiv zu verhindern. Mit der Gemeindeschutz-Initiative und der Waldschutz-Initiative verfolgt die Organisation zwei konkrete Instrumente, um ihre Ziele durchzusetzen. Außerdem hat die Schweiz mit der bisher sehr kleinen Anzahl von Windrädern nicht unbedingt gute Erfahrungen gemacht. Die Anlagen am Gotthard und am Nufenen produzieren kaum mehr als die Hälfte des prognostizierten Stroms. Die Effizienz von solchen Anlagen ist also in der Schweiz sehr gering.
In der Schweiz können Bürgerinnen und Bürger selber ein konkretes Anliegen formulieren. Gelingt es, dafür 100.000 Unterschriften zu sammeln, muss darüber abgestimmt werden. Obsiegt die Initiative in der Volksabstimmung (Mehrheit der Stimmenden und Mehrheit der Kantone notwendig), dann erhält der Text Gesetzeskraft – auch gegen den Willen von Regierung und Parlament.
Die Gemeindeschutz-Initiative zielt darauf ab, den Gemeinden mehr Entscheidungsgewalt bei der Genehmigung von Windkraftprojekten zu geben. Der Verband argumentiert, dass der Ausbau von Windkraft oft an den Interessen und Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung vorbeigehe. Mit der Initiative sollen Gemeinden das Recht erhalten, Bauvorhaben eigenständig abzulehnen, ohne von kantonalen oder nationalen Instanzen überstimmt zu werden.
Laut Freie Landschaft Schweiz sei dies notwendig, um die Lebensqualität und den Charakter der Dörfer zu bewahren. «Die Gemeinden sollen das letzte Wort haben, wenn es um die Zukunft ihrer Landschaft geht», erklärt ein Sprecher des Verbandes. Kritiker sehen jedoch die Gefahr, dass diese Regelung die vom Bund geplante Energiewende erheblich verzögern könnte, da einzelne Gemeinden den Ausbau blockieren könnten.
Parallel dazu setzt sich die Waldschutz-Initiative für den Erhalt der Schweizer Wälder ein. Der Verband argumentiert, dass viele geplante Windkraftanlagen in oder nahe an Wäldern errichtet werden sollen, was gravierende Eingriffe in das Ökosystem zur Folge hätte. Laut Freie Landschaft Schweiz würden solche Eingriffe nicht nur Flora und Fauna gefährden, sondern auch den Schutz vor Lawinen, Erosion und Überschwemmungen schwächen.
Die Waldschutz-Initiative fordert daher, dass Windkraftanlagen in geschützten Waldgebieten grundsätzlich verboten werden. «Unsere Wälder sind nicht nur Erholungsräume, sondern auch unverzichtbare Ökosysteme. Der Schutz der Natur muss Vorrang vor kurzfristigen Energiezielen haben», so die Position des Verbandes.
Die Bemühungen von Freie Landschaft Schweiz stoßen auf gemischte Reaktionen. Während Naturschützer und große Teile der ländlichen Bevölkerung die Initiativen unterstützen, warnen Energieexperten vor den Folgen. Ohne einen substanziellen Ausbau der Windkraft könnten die Klimaziele der Schweiz in Gefahr geraten. Zudem wird argumentiert, dass moderne Windkraftanlagen mit strengen Umweltauflagen errichtet werden und die ökologischen Schäden minimieren.
Gegner der Initiativen werfen Freie Landschaft Schweiz vor, den Ausbau erneuerbarer Energien zu blockieren und damit fossile Energieträger indirekt zu begünstigen. Befürworter hingegen loben den Verband für seinen Einsatz für die direkte Demokratie und den Schutz der Schweizer Landschaft.
Mit den beiden Initiativen hat Freie Landschaft Schweiz einen Nerv getroffen. Sie könnten entscheidend für den weiteren Ausbau der Windkraft in der Schweiz sein. Sollten die Initiativen Erfolg haben, dürfte Windkraft in der Schweiz eine Randerscheinung bleiben. Obsiegen die Gegner der Initiativen, könnte dies den Weg für weitere Projekte ebnen.
In der Schweiz stimm- und wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger, die sich für die Initiativen engagieren möchten, können Unterschriftenbögen auf den obengenannten Webseiten der Initiativen herunterladen.
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