In einer Pressekonferenz und Medienmitteilung haben die Vertreter des internationalen Verhandlungsgremiums (INB) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Freitag zum Pandemievertrag bekannt gegeben, dass keine Einigung erzielt werden konnte.
Somit liegt keine finale Abstimmungsvorlage für die kommende Woche vor, in der die 77. Weltgesundheitsversammlung (WHA) stattfinden sollte. Die Abstimmung muss daher verschoben werden. Die Vertreter der 194 Mitgliedstaaten werden in der kommenden Woche entscheiden, wie es weitergehen soll.
Auch die Abstimmung über die Anpassung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) müsste verschoben werden. Dies ist aufgrund klarer WHO-Verfahrensregeln (Art. 55 IGV) zwingend erforderlich. Die IGV regeln die internationale Zusammenarbeit bei Gesundheitskrisen und sehen unter anderem vor, dass die WHO beziehungsweise ihr Generaldirektor einen Gesundheitsnotstand ausrufen und Empfehlungen abgeben dürfen.
Rein formal ist die WHO in den Verhandlungen auch bei den IGV zurückgerudert, aber sie enthalten immer noch bindende Vorgaben und grosse Vollmachten für den WHO-Generaldirektor. Wie es mit den IGV weitergeht, wird sich diese Woche oder spätestens am nächsten Wochenende zeigen.
In der Sitzung vom Freitag in Genf haben die Mitgliedstaaten des INB die Verhandlungen über den Vertragsentwurf abgebrochen und stattdessen über das weitere Vorgehen diskutiert. Dabei konnte ebenfalls keine Einigung erzielt werden.
Laut Quellen, die mit Health Policy Watch sprachen, debattierten die Mitgliedstaaten über verschiedene Möglichkeiten des weiteren Vorgehens.
Entweder sollen die Verhandlungen parallel zur WHA in der nächsten Woche abgeschlossen werden, oder sie werden um sechs Monate oder sogar ein Jahr verlängert. Der radikalste Vorschlag war, die Weltgesundheitsversammlung Mitte der Woche zu unterbrechen, um sich ausschließlich auf die Vertragsverhandlungen zu konzentrieren. Angesichts der vollen Tagesordnung der WHA, die auch politisch heikle Themen wie den Krieg in der Ukraine und in Gaza umfasst, scheint dies jedoch sehr unwahrscheinlich.
«Dies setzt einen neuen Präzedenzfall für Verhandlungen», sagte ein NGO-Beobachter. «Normalerweise finden alle Verhandlungen vor der Versammlung statt, oder im schlimmsten Fall gibt es während der WHA-Verhandlungen über ein oder zwei offene Fragen.»
US-Chefunterhändler Pamela Hamamoto sagte in der Abschlussrede der Freitagsitzung: «Wir werden sehen, was wir tun können, um diesen Prozess abzuschließen. Aber vorerst endet das Mandat dieses INB-Teams».
Trotz der Pattsituation versuchten Delegierte aus verschiedenen Ländern und geopolitischen Allianzen, die wiederholt über den eigentlichen Text gestritten hatten, einen optimistischen Ton anzuschlagen.
WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus erklärte, dass er nun auf die bevorstehende WHA blicke, bei der die Mitgliedstaaten erneut zusammenkommen werden, um einen Weg nach vorne zu definieren.
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