Die Weltwirtschaft steht möglicherweise vor ihrer größten Belastungsprobe seit Jahrzehnten. Laut Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) überschreiten die Staatsschulden von sieben der führenden Industrienationen – Kanada, Frankreich, Italien, Japan, Spanien, Großbritannien und den USA – mittlerweile die Schwelle von 100% ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP). Diese Gruppe, scherzhaft als «D-7» (für «Debt-7») bezeichnet, könnte zur Quelle eines gefährlichen Dominoeffekts werden.
Der besorgniserregende Aspekt: Nie zuvor in der Geschichte kombinierte sich ein derart hoher Schuldenstand mit so hohen Zinssätzen. Während viele Länder nach der Finanzkrise 2008 und der COVID-19-Pandemie massive Schulden aufnahmen, war das Zinsniveau damals niedrig. Heute dagegen steigen die Refinanzierungskosten rapide – und damit der Druck auf die Staatskassen. Das steht in einem wegweisenden Artikel mit dem bezeichnenden Titel «The Mother of All Debt Crises Is Coming» in Foreign Policy.
Ein bewährtes, aber riskantes Mittel zur Entlastung: Währungsabwertung. Durch gezielte Abwertung ihrer nationalen Währungen können Regierungen die reale Schuldenlast senken. Doch dieser Weg ist heikel. Er erhöht die Inflation, schwächt das Vertrauen der Investoren und kann panikartige Kapitalabflüsse auslösen. Schon der bloße Verdacht, ein Land könnte zur Abwertung schreiten, genügt oft, um Investoren zum Rückzug zu bewegen.
Ein solches Verhalten kennt man aus der Asienkrise von 1997 oder dem russischen Finanzkollaps 1998. Damals reichte eine Währungskrise aus, um ganze Volkswirtschaften ins Wanken zu bringen – und heute sind die betroffenen Länder ungleich größer und stärker vernetzt.
Auch die Europäische Währungsunion ist nicht gefeit. In der Eurozone teilen sich Länder mit sehr unterschiedlicher fiskalischer Stabilität eine gemeinsame Währung. Während Deutschland relativ solide dasteht, kämpfen Frankreich, Italien und Spanien mit Schuldenständen über 100% des BIP. Eine einheitliche Abwertung ist hier politisch kaum durchsetzbar – mögliche Rettungsmaßnahmen könnten wieder zu Spannungen wie während der Eurokrise 2010 führen.
Derweil ziehen sich Investoren zunehmend aus Staatsanleihen zurück. Die Renditen, insbesondere langlaufender Papiere, steigen weltweit. Gleichzeitig fließen Gelder vermehrt in Alternativen wie Gold, das seit 2022 um 70% zugelegt hat, oder Kryptowährungen. Auch der Schweizer Franken gilt erneut als «sicherer Hafen».
Noch ist keine Panik ausgebrochen. Doch die Zeichen stehen auf Sturm. Sollte es zu massiven Währungsabwertungen kommen, wäre das Vertrauen in die Stabilität ganzer Wirtschaftsräume gefährdet. Ohne politische Gegenmaßnahmen und strukturelle Reformen könnten die «D-7» zum Ausgangspunkt einer neuen globalen Schuldenkrise werden – vielleicht der bisher größten.
Fazit:
Die Weltwirtschaft balanciert auf einem gefährlichen Grat. Die Kombination aus hoher Verschuldung, steigenden Zinsen und wachsenden Unsicherheiten an den Finanzmärkten könnte jederzeit kippen. Noch bleibt Zeit zum Handeln – aber nicht mehr viel.