Die Europäische Union (EU) ist alles, bloß keine «Friedensmacht» – das zeigt sich insbesondere von Beginn an im Konflikt in und um die Ukraine, der offen um 2013 ausbrach. Das wird bis heute fortgesetzt, auch durch personelle Entscheidungen nach der jüngsten EU-Parlamentswahl.
Es war die EU, die Kiew das Ultimatum stellte: Entweder das Assoziierungsabkommen mit uns oder gar nichts. Ein Kompromiss mit der Eurasischen Wirtschaftsunion kam für Brüssel nicht in Frage, auch wenn er angesichts der tiefen wirtschaftlichen Verflechtungen des Landes mit dem sonstigen postsowjetischen Raum und vor allem Russland vernünftig gewesen wäre.
Das führte zum «Maidan» und dem Staatstreich im Februar 2014 in Kiew, bei dem die USA unter dem Motto «Fuck the EU!» kurz ansagte, wer wirklich bestimmt. Seitdem macht die EU willig mit beim westlichen Stellvertreterkrieg gegen Russland auf ukrainischem Boden.
Statt Friedensinitiativen auf den Tisch zu legen, tun sich seitdem EU-Politiker, egal welcher nationalen Herkunft, von «Flinten-Uschi» von der Leyen bis «Gärtner» Josep Borrell, mit fanatischer Kriegstreiberei hervor. Während ihre Auftraggeber in den USA «nüchtern-strategisch und vor allem interessengeleitet» vorgehen, gehen sie «emotional und ideologisch verengt» vor, wie selbst Ex-General Harald Kujat unlängst feststellte.
Und als würden sie damit nicht aufhören können, verkündete von der Leyen, kaum ihres Amtes wieder sicher, eine neue Aufrüstungswelle. Und der «Gärtner» Borell wird als bisheriger EU-Chefdiplomat abgelöst von Kaja Kallas, der bisherigen Ministerpräsidentin Estlands. Mit dieser Personalie droht eine weitere Eskalation durch die EU im Krieg auf ukrainischem Boden.
Dafür steht nicht nur der Ruf Kallas‘ als «Eiserne Lady», sondern auch eine Aussage von ihr wie die:
«Frieden kann nicht das ultimative Ziel sein, wenn er bedeutet, dass die russische Aggression sich auszahlt.»
Die ausgewiesene «Erzfeindin» des russischen Präsidenten Wladimir Putin, von Russland zur Fahndung ausgeschrieben, gehört zu den fanatischen Vertretern eines Konfrontationskurses gegenüber Russland. Das hat auch familiäre Hintergründe, die kaum weiter beleuchtet werden.
Die ARD schreibt in einem Beitrag über die neue EU-«Frontfrau»: «Ihr Blick nach Moskau ist immer auch geprägt von der eigenen Familiengeschichte.» Ihre Familie sei nach dem 2. Weltkrieg, nachdem Estland zur Sowjetunion gehörte, nach Sibirien deportiert worden. Diese Familiengeschichte sei «ihr Ansporn».
Weggelassen wird dabei etwas, was sich auch bei anderen baltischen Politikern zeigt und worauf der Militärhistoriker Lothar Schröter in seinem in diesem Jahr erschienenen Buch «Der Ukraine-Krieg» aufmerksam macht:
«Schließlich Estland, dessen Ministerpräsidentin Kaja Kallas ist. Ihr Urgroßvater, Eduard Alver, war in der Zwischenkriegszeit Chef der Estnischen Verteidigungsliga, einer paramilitärischen Miliz vor allem für den Einsatz gegen Oppositionelle im Innern. Als solcher war er leidenschaftlicher Unterstützer von Konstantin Päts. Nach einem Staatsstreich am 12. März 1934 hatte der ein autoritäres Regime auf der Basis der Erklärung eines Staatsnotstandes etabliert. In folgenden vier Jahren regierte er Estland als Reichsprotektor. 1938 übernahm Päts das Amt des Präsidenten.»
Alver habe bis zu seinem Tod 1939 Anteil daran gehabt, dass sich die Angehörigen der Estnischen Verteidigungsliga nach der Besetzung Estlands durch die deutschen Faschisten an der brutalen Verfolgung aller Gegner der deutschen Okkupanten und an der Vernichtung der estnischen Juden beteiligten. Auch in mütterlicher Linie lassen sich laut Schröter bei Kallas Wurzeln für ihre Russophobie ausmachen.
Die estnische Politikerin wurde erst als mögliche Nachfolgerin von Jens Stoltenberg im Amt des NATO-Generalsekretärs gehandelt, schreibt Wolfgang Koydl in der aktuellen Ausgabe der Schweizer Zeitung Die Weltwoche. Aber eine «ausgewiesene Russenfeindin» als NATO-Chefin sei einigen Entscheidungsträgern in westlichen Hauptstädten doch zu riskant erschienen.
Doch in der EU mache sich anscheinend niemand Gedanken, dass die 47-Jährige ein Risiko darstellen könnte, so Koydl.
«Auf die Qualifikation kam es dabei, wie bei allen Nominierungen für die Kommission, überhaupt nicht an. Es ging um Quoten: Frau, Osteuropa, liberale Partei. Drei Häkchen und fertig.»
Hinzu kommt ihre biografisch bedingte straff antirussische Haltung, was derzeit Zugangsbedingung für diplomatische Aufgaben innerhalb der EU zu sein scheint. Der Weltwoche-Autor nennt Beispiele für Kallas‘ gestörtes Verhältnis zu Russland, Estlands größtem Nachbarn.
So habe sie bereits vor dem Krieg in der Ukraine gefordert, die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee zu zerstören. Sie wollte außerdem allen Russen die Einreise in die EU zu verbieten.
«Und sie fantasierte von einer Zerschlagung Russlands. Schließlich bestehe der größte Flächenstaat der Welt aus ‹vielen verschiedenen Nationen›, die ‹unabhängig werden könnten›. Es sei ‹nichts Schreckliches, wenn die große Macht tatsächlich kleiner wird›.»
Das sei dumm und zeuge von «einer erschreckenden Geschichtsblindheit: Diadochen-Kämpfe in einer zerfallenden Atommacht würden die Balkankriege nach dem Ende des Vielvölkerstaates Jugoslawien als Streit in der Krabbelgruppe erscheinen lassen». Koydl meint: «Da hätte man auch gleich Annalena Baerbock nehmen können.»
Koydl verweist wie der Militärhistoriker Schröter auf die Biografie von Kallas. Sie entstamme einer estnischen Politiker-Dynastie und ihr Urgroßvater Eduard Alver sei einer der Gründer der ersten estnischen Republik 1918 gewesen. Ihr Vater Siim Kallas habe nach der Unabhängigkeit Estlands von der UdSSR das Amt des Regierungschefs übernommen.
Allerdings habe er zuvor mit der Zeitung Rahva Hääl die Prawda der estnischen Kommunisten herausgegeben, was schnell unter den Tisch gekehrt worden sei. Er habe seine eigene «Reformpartei» gegründet, in der auch die Tochter Karriere machte.
Vater Kallas war demnach auch bereits in Brüssel und von 2004 bis 2014 in mehreren EU-Kommissionen Estlands EU-Kommissar. Seine Tochter saß dann von 2014 bis 2018 in der Fraktion der europäischen Liberalen im Europa-Parlament.
Doch als Regierungschefin in Tallin seit 2021 habe sie keine wirklich liberale Politik betrieben.
«Sie drangsalierte vor allem die große russische Minderheit im Land, die mit immer neuen Maßnahmen zur Aufgabe ihrer nationalen Identität gezwungen werden soll.»
Nachdem sie Anfang dieses Jahres anordnete, zahlreiche Denkmäler aus der Sowjetzeit in der mehrheitlich von Russen bewohnten Grenzstadt Narwa abzureißen, habe Moskau reagiert, so Koydl. Kallas wurde auf die russische Terroristenliste gesetzt und bei Interpol zur Fahndung ausgeschrieben.
Innenpolitisch hinterlasse die Politikerin einen Scherbenhaufen. Estland habe wirtschaftliche Probleme und leide unter einem Haushaltsdefizit. Zudem sei bekannt geworden, dass ihr Ehemann an einer Logistikfirma beteiligt ist, die trotz westlicher Sanktionen mit Russland Geschäfte macht.
«Wen sich die EU mit ihr eingefangen hat, wird sie schnell feststellen.»
Es ist ein unheilvolles Muster, dass sich auch bei anderen Politikdarstellern in Regierungsämtern in der EU zeigt, die sich russophob hervortun. Dazu gehören auch die bundesdeutsche Außenministerin Annalena Baerbock mit ihrem Großvater Waldemar oder Robert Habeck mit seinen Familienvorfahren. Die Bild-Zeitung titelte passend: «Familiengeschichte prägt Habecks Handeln bis heute».
Sie geben vor, auch deshalb heute Faschismus bekämpfen zu wollen und setzen doch mit ihrer antirussischen Politik das Werk ihre Vorfahren fort. Vielleicht merken sie nicht einmal, was sie da tun – das macht es nicht besser.
Das Treiben dieser Politiker ist gefährlich. Es treibt die eigenen Länder und den europäischen Kontinent an den Abgrund sowie immer näher heran an einen großen Krieg. Ein wirkliches «Friedensprojekt Europa» benötigt nicht nur andere Politiker, sondern auch das, was schon einmal «Neues Denken» hieß – das aus Moskau kam.
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