In Europa schreitet die Aufrüstung voran. Immer mehr Finanzmittel aus der Staatskasse fließen in Militärausgaben. In der Rüstungsindustrie herrscht Bombenstimmung, und aus allen Kanälen erschallt die Forderung nach mehr Wehrhaftigkeit. Führende deutsche Politiker sprechen sogar von Kriegstüchtigkeit. Eine Ausstellung in Berlin stellt dem «Friedenstüchtigkeit» entgegen mit Werken, die das Thema Pazifismus in einer metaphorischen Bildersprache behandeln.
Urheberin ist Bärbel Brede, eine Künstlerin, die sich schon seit ihrer Studentenzeit in der Friedensbewegung engagiert. Als Hauptmotiv ihrer Arbeit bezeichnet sie die Frage danach, wann das Ausschließen von Menschen begann. Um sie geht es auch in der Berliner Ausstellung, die sich über fünf Wochen erstreckt. Brede hat dafür einen ganz besonderen Veranstaltungsort gefunden – das Anti-War-Café in der Nähe des Alexanderplatzes.
Die Einrichtung ist dafür bekannt, dass sich hier pazifistisch gesinnte Menschen treffen und trotz unterschiedlicher Ansichten gesittet Informationen austauschen. Das Anti-War-Café bietet einen Debattenraum und steht für Werte ein, die die Künstlerin teilt: Menschlichkeit, Zuwendung und vor allem Freiheit. «Ich denke, dass alles mit Freiheit von etwas beginnt», sagt Brede. «Befreiung von Angst und von Leuten, die andere Menschen demütigen, entmutigen und als minderwertig verachten.»
Dem setzt sie das Konzept «Freiheit für etwas» entgegen. Das bedeute vor allem, sich selbst anzunehmen, Verantwortung für sich selbst, sein eigenes Tun auch gegenüber anderen Menschen, der Natur, dem Leben zu übernehmen. «Freiheit braucht die Abwesenheit von Krieg. Sie benötigt Gerechtigkeit als Voraussetzung für das friedliche Zusammenleben aller Menschen unseres Planeten.»
Angebot zur Diskussion
Im Anti-War-Café will Brede mit ihren Bildern ein Angebot zur Diskussion machen. Ausgestellt werden 25 Werke, darunter Gemälde und erstmals Fotomontagen. Letztere beruhen auf Motiven, die die Künstlerin vordergründig auf Demonstrationen eingefangen hat. Sie arbeitet dabei mit Überblendungen, um Zusatzinformationen zu übermitteln, anstatt die Realität bloß abzulichten. Sie wolle dadurch gewisse Details betonen, ihren Bildern Aussagekraft verleihen, sie empathisch machen, erklärt Brede ihren Ansatz.
In ihren Werken erzählt die Künstlerin gerne kurze Geschichten, oftmals unter Rückgriff auf die griechische Mythologie. Ein gutes Beispiel ist das Bild «Dark Eagle oder der rote Faden». Brede bezieht sich im Titel auf die mit Atomsprengköpfen bestückte Hyperschallrakete der USA. Diese «Dark Eagle» fliegt auf dem Bild als tatsächlicher schwarzer Adler, mit einer Rakete in den Krallen, die er symbolisiert (siehe Titelbild). Der Vogel nähert sich der personifizierten Europa, die auf einem Stier sitzt. In diesen hat sich nach griechischer Sage der Übergott Zeus verwandelt, um sie zu verführen und schließlich zu stehlen. In dieser Allegorie spiegelt sich das Verhalten der USA.
Trotz der Bedrohung enthält das Bild einen Hoffnungsschimmer. Europa bekommt von Ariadne einen roten Faden, der schon Theseus geholfen hat, im Labyrinth dem Minotaurus zu entfliehen. Und dieser, so lässt sich schließen, repräsentiert ebenfalls den Hegemon jenseits des Atlantiks. Der rote Faden jedenfalls führt zur Friedensgöttin Eirene, die auf dem Bild rechts neben Ariadne steht.
Kapitalismuskritik
Der Stier taucht in Bredes Werken häufiger auf, so auch in dem Triptychon «Mensch und Taurus». Letzterer steht hier für den Kapitalismus, der laut Bildaussage für die Zerstörung verantwortlich ist. Zu sehen sind Trümmer und Menschen, die fliehen, aber auch Geschäftsleute, die sich am Krieg bereichern. Dem setzt Brede Menschlichkeit entgegen, mit einer blühenden Landschaft, in deren Mitte Kinder und Erwachsene friedlich essen. Es ist genug für alle da, so die Message.
Linkes Bild des Triptychons «Mensch und Taurus», Bärbel Brede
Ihre Malerei bezeichnet Brede als «poetisch-realistisch». Die Ölfarben werden mit mehreren Lasur- und Mischtechniken in Schichten aufgetragen, sodass ein Effekt der Transparenz entsteht. Eine ihrer künstlerischen Inspirationsquellen sei der Impressionismus, so Brede. Sie brauche das Licht, in technischem wie metaphorischem Sinne. In ihren Werken geht es nämlich auch darum, politische Aussagen und gesellschaftlich relevante Themen ans Licht zu bringen, ebenso wie Erkenntnisse aus der Beobachtung des Zeitgeschehens.
Hungersnot in verschiedenen Ländern Afrikas
Eine solche ist zum Beispiel die Heuchelei deutscher Politiker, wie Bredes Bild «Falsche Lieferung» ausdrückt. Es spielt auf die Hungersnöte in verschiedenen Ländern Afrikas an. Zu sehen ist eine Mutter mit ihrem Kind, inmitten eines Feldes von Getreide, das verdorrt. Eigentlich bräuchten sie Brot und andere Lebensmittel, doch die Hilfslieferungen enthalten nichts anderes als Waffen, damit sie sich weiter bekriegen.
«Falsche Lieferung», Bärbel Brede
Die Heuchelei, sagt Brede, bestehe darin, dass die deutschen Politiker über diesen Nebenaspekt kein Wort verlieren, wenn sie öffentlich ihr Mitleid ausdrücken. Das Bild ist deskriptiv. Brede baut jedoch noch eine normative Ebene ein, indem sie Mutter und Kind mit einem aufgespannten Schirm vor den ankommenden Waffen abschottet. Der Krieg muss aufhören und die Menschen müssen wieder zusammenfinden, lautet die Aussage.
Neben Fotomontagen und metaphorisch aufgeladenen Gemälden werden in der Ausstellung auch Porträts von prominenten Persönlichkeiten präsentiert, von Menschen, die «sich für den Frieden engagiert und die Ungerechtigkeit angeprangert haben». Dazu zählen unter anderem Astrid Lindgren und Bertolt Brecht, den Brede für seine Theaterstücke schätzt. Der deutsche Dramatiker habe in seinen Werken die Wahrheit hinter den Lügen aufgedeckt, erklärt sie. Lindgren hingegen verdiene Anerkennung dafür, dass das Leben der Kinder durch ihre Bücher bereichert worden sei.
«Astrid Lindgren», Bärbel Brede
In diesen und anderen Bildern drückt Brede ihren Wunsch nach einer gerechteren und friedvollen Welt aus. «Wir können den Tod nicht abschaffen», sagt sie, «aber das Töten». Diesem Motto folgt ihre Kunst.
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«Kriegstüchtig? Friedenstüchtig!»
7. März – 18. April
Anti-War-Café
Rochstraße 3
10178 Berlin