Die Vereinigten Staaten haben Israels Bombardements Angriffe auf Fordow, Natanz und Isfahan mit B2-Bombern und U-Boot-gestützten Marschflugkörpern folgen lassen. US-Präsident Donald Trump lobte die Operation als «spektakulären militärischen Erfolg», während Teheran sie als schweren Verstoß gegen das Völkerrecht verurteilte und versprach, darauf zu reagieren.
Wie auch immer man diese Bombardierungen bewertet: Der Iran behält seine Fähigkeit, eine Atomwaffe zu entwickeln, und dieser jüngste Militärschlag könnte einige im Iran zu dem Schluss ermutigen, dass sie jetzt mehr denn je eine Atomwaffe brauchen. Israel kann sie letztlich nicht aufhalten. Im besten Fall kann es den Prozess verzögern. Nur die Diplomatie bietet eine nachhaltige Lösung.
Nach den neuesten Daten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) ist der Iran, sollte er sich dazu entscheiden, in der Lage, in kurzer Zeit zehn bis zwölf Atomwaffen zu produzieren. Selbst wenn er dies nicht tut, wird er wahrscheinlich die Zusammenarbeit mit der Agentur aussetzen und möglicherweise den Atomwaffen-Nichtverbreitungsvertrag (NVV) verlassen.
Die IAEO berichtet, sie wisse nicht mehr, wo das hochangereicherte Uran gelagert werde. Satellitenbilder vom 19. bis 20. Juni zeigen einen Konvoi von etwa 16 Lastwagen und schwerem Gerät in der Nähe des Eingangs zum unterirdischen Tunnel von Fordow, was möglicherweise auf die Verlagerung dieses Urans oder der Zentrifugen hindeutet, oder auf eine strukturelle Verstärkung gegenüber Angriffen.
Im Jahr 2015 wurde nach jahrelanger Lobbyarbeit und Verhandlungen der Gemeinsame Umfassende Aktionsplan (JCPOA) unterzeichnet. Dieser unterwarf den Iran den weltweit strengsten Inspektionen seiner Atomanlagen – und es funktionierte. Der Iran hielt sich daran.
Aber Israels Premierminister Netanjahu lehnte das Abkommen ab und drängte US-Präsident Trump dazu, sich davon zurückzuziehen. Dieser Druck hatte Erfolg, wenn auch zu einem hohen Preis. Sogar Israels eigene Atomenergiekommission räumte ein, dass es sich bei dem JCPOA um ein wirksames technisches Abkommen handelte, das Irans Weg zur Beschaffung von Plutonium blockierte und die Gewinnung von waffenfähigem Uran verzögerte.
Nicht 100 Prozent perfekt? Ja. Gefährlich? Nein. Der Bruch derartiger Vereinbarungen schadet jedoch der Diplomatie an sich. Wenn sich von eingegangenen Verpflichtungen verabschiedet wird, beginnt das Fundament der Diplomatie zu erodieren.
Heute hat der Iran nach Angaben der IAEO über 400 kg Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent U235 angereichert, annähernd tauglich für eine Waffenherstellung. Zivile Zwecke sind hierfür ganz klar nicht gegeben, auch wenn der Iran gemäß dem NVV im Rahmen von Inspektionen durch die Behörde das Recht dazu hat. Die Behörde hat bestätigt, dass sie keine Beweise dafür hat, dass der Iran aktiv nach einer Waffe strebt.
Das Urteil der Behörde vom 31. Mai, dass der Iran seinen Sicherungsverpflichtungen nicht nachkomme, fußte auf ungeklärten Spurenelementen von Uran, von denen die Agentur allerdings glaubt, dass diese auf Experimente zurückzuführen sind, die vor 2003 durchgeführt wurden. Seit der Veröffentlichung des Berichts wurde weithin – aber fälschlicherweise – berichtet, dass der iranische Verstoß gegen Sicherheitsauflagen erst kürzlich eingetreten sei und mit einem neuerlichen Vorstoß, Waffen herzustellen, zusammenhänge.
Alle glaubwürdigen Experten – einschließlich israelischer – haben immer wieder erklärt, dass Militärschläge die nuklearen Kapazitäten des Iran nicht beseitigen können. Der Iran und die Vereinigten Staaten befanden sich mitten in indirekten Verhandlungen. Israels Militär ist bereits jetzt überlastet. Die Angriffe (vor den US-Angriffen vom 22. Juni) zielten nicht auf diejenigen Atomanlagen ab, in denen hochangereichertes Uran gelagert werden soll.
Warum also sollte Israels Ministerpräsident Netanjahu jetzt ein solches Risiko eingehen und den Konflikt eskalieren lassen? Eine Antwort könnte in seinen politischen Absichten liegen. Jahrelang hat er sich auf äußere Bedrohungen gestützt, um den Zusammenhalt innerhalb von instabilen Koalitionen aufrechtzuerhalten. Der Kern seiner politischen Identität hat sich durch die Konfrontation mit der Islamischen Republik Iran herausgebildet, die dabei mitspielte, indem sie konsequent die Zerschlagung des jüdischen Staates gefordert hat.
Im Inland ist Netanjahus politisches Ansehen stark geschwächt. Sein Versagen, die Anschläge vom 7. Oktober zu verhindern, versetzte dem Vertrauen der Öffentlichkeit einen schweren Schlag. Sein Korruptionsprozess, bei dem ein Kreuzverhör bevorsteht, ist in eine kritische Phase eingetreten, und neue Vorwürfe in der «Qatargate»-Affäre haben weitere Fragen hinsichtlich ausländischer Einflussnahme und Medienmanipulation aufgeworfen.
Die eskalierenden Spannungen mit dem Iran könnten jetzt als politische Ablenkung dienen, eine zersplitterte Koalition vereinen und die innenpolitische Abrechnung verzögern. Einige argumentieren, dass seine Militäraktion auch ein Versuch war, eine Wiederbelebung des Atomabkommens mit dem Iran zu verhindern, gerade als die USA und der Iran kurz vor dem Abschluss eines solchen Abkommens standen. Der Iran ist durch die strategischen Angriffe auf die Hisbollah und die Hamas erheblich geschwächt worden, und dies könnte der Moment sein, den es auszunutzen gilt.
Fest steht, dass die in Israel bereits bestehende Kluft zwischen der Sicherheit der Regierung und der ihres Volkes noch nie so groß war wie heute. Bei der israelischen Kabinettssitzung, bei der der Angriff auf den Iran beschlossen wurde, erfuhr man, dass dieser wahrscheinlich bis zu 4.000 israelische Opfer infolge von iranischen Raketenangriffen fordern würde. Die widersprüchlichen Berichterstattungen über die nukleare Situation haben den Einsatz erhöht, die israelische Öffentlichkeit erfolgreich verwirrt und die Opposition neutralisiert.
Was kann man also in diesem Moment der Dunkelheit und Verzweiflung tun? Im Jahr 2018 verabschiedeten die Vereinten Nationen eine Resolution, mit der eine jährliche Konferenz über eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten ins Leben gerufen wurde. Seitdem hat fast jedes Land der Region daran teilgenommen – alle arabischen Staaten, der Iran und vier der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats. Jedes seiner Abschlussdokumente erfordert völlige Übereinstimmung, so dass jeder Staat de facto ein Veto-Recht hat.
Israel und die USA haben diese Gespräche jedoch bisher boykottiert, aber die Tür für ihre Teilnahme bleibt offen. In dieser auf Konsens basierenden Initiative hat auch Israel ein Veto-Recht. Eine Teilnahme daran bedeutet für Israel nicht, eine Rolltreppe zu betreten, über die es keinerlei Kontrolle hat. Es verfügt über alle diplomatischen Instrumente, die erforderlich sind, um seine Interessen zu schützen, wenn es sich an diesem Prozess beteiligt, im Interesse der Sicherheit aller.
Keine militärische Konfrontation kann etwas an der Tatsache ändern, dass die einzige nachhaltige Lösung eine diplomatische ist, welche einen regionalen Prozess der Normalisierung, der Versöhnung und des gegenseitigen Respekts einleitet. Wir fordern Israel und die Vereinigten Staaten auf, ihre Plätze am Tisch der UN-Konferenz einzunehmen – nicht als Akt der Kapitulation, sondern als Akt der Verantwortung und der Chance. Ein regionaler Mechanismus zur gegenseitigen Überwachung und zur Rüstungskontrolle ist kein Traum. Es wird bereits daran gebaut.
Unsere Empfehlungen sind klar:
- Alle Parteien müssen die militärischen Aktionen sofort einstellen und sich an diplomatischen Schritten beteiligen.
- Die Vereinigten Staaten sollten wieder an den Nuklearverhandlungen teilnehmen, um ein neues Atomabkommen mit dem Iran zu erarbeiten, das Vertrauen und einen funktionierenden JCPoA-Rahmen wiederherzustellen.
- Israel sollte seine Boykottpolitik beenden und sich der jährlichen UN-Konferenz über eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten anschließen.
- Es ist anzuerkennen, dass jedes Atomabkommen mit dem Iran nur ein Sprungbrett zu einer regionalen Struktur sein kann, die sich letztendlich nicht auf nur einen Staat oder eine einzige Art von Waffen konzentriert, sondern unter Berücksichtigung aller Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägermittel die gleiche Zurückhaltung für alle mit sich bringt.
- Der Iran sollte Mitglied des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) bleiben und umfassende Sicherheitsvorkehrungen mit der IAEO treffen.
- Es ist an der Zeit, einen Schritt nach vorne zu machen.
Als Vertreter der METO (Middle East Treaty Organization) haben wir jahrelang mit Diplomaten, Experten und führenden Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft in der gesamten Region zusammengearbeitet, um den Grundstein für einen dauerhaften, inklusiven und gerechten Sicherheitsrahmen zu legen, der auf gegenseitigem Respekt und der Sicherheit für alle Menschen basiert.
Wir fordern nicht das Unmögliche. Wir fordern die Umsetzung bestehender UN-Beschlüsse, die Wiederbelebung bewährter Vereinbarungen und den Mut, sich einen Nahen Osten vorzustellen, in dem Sicherheit gemeinsam aufgebaut und nicht durch Drohungen erzwungen wird. Das ist keine abstrakte Vision. Es ist ein konkreter, verhandelbarer und möglicher Weg. Das Einzige, was fehlt, ist der politische Wille.
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Übersetzt von der alternativen Nachrichtenagentur Pressenza; geringfügig redaktionell bearbeitet.