Die Europäische Union hat am 20. Januar 2025 die Zulassung von Mehlwurm-Pulver für den Einsatz in Lebensmitteln erlaubt (wir berichteten).
Während in der EU die Zulassung der Mehlwurm-Larven für Lebensmittelprodukte nach jahrelanger Prüfung und einem Antrag des französischen Unternehmens Nutri’Earth im Jahr 2019 nun Realität wird, dürfen in der Schweiz schon seit 2017 verschiedene Insektenarten wie Mehlwürmer im Larvenstadium, Grillen und europäische Wanderheuschrecken zum menschlichen Verzehr angeboten werden. Der Blick berichtete zum Beispiel diese Woche. Auch hier ist die klare Deklarationspflicht eine Voraussetzung, und die Konsumenten müssen informiert werden, wenn Insektenprodukte Bestandteil von Lebensmitteln sind.
Im Vergleich zur EU war die Schweiz also deutlich schneller, was die Zulassung von Insekten als Nahrungsmittel betrifft. Die Entscheidung der EU und der Schweiz erfolgte ohne große öffentliche Diskussion im Hauruck-Verfahren. Dabei ist in der traditionellen europäischen Ernährung der Verzehr von Insekten und Ungeziefer wenig verbreitet und häufig mit Ekel verbunden, während andere Gliederfüßler wie Hummer oder Garnelen als Delikatessen gelten. Es gibt jedoch einige regionale Traditionen, wie den Käse Casu Marzu auf Sardinien und in Teilen Frankreichs, der Fliegenlarven enthält, oder die Maikäfersuppe in Deutschland und Frankreich bis Mitte des 20. Jahrhunderts.
Trotzdem zeigen Umfragen, dass die Mehrheit der Bevölkerung dem Insektenverzehr ablehnend gegenübersteht. In Italien sorgte ein Video der Barilla-Stiftung, das Pasta mit Insekten verband, für einen medialen Aufschrei und eine offizielle Stellungnahme der Regierung. Das westliche Nahrungstabu gegenüber Insekten erklärt sich durch kulturelle Assoziationen von Ekel und Schmutz, aber es gibt noch einen weiteren Grund: Der Verzehr von Insekten kann bei Allergikern Reaktionen auslösen. Außerdem warnen Tierschutzorganisationen vor Fungiziden und Antibiotika, die bei der Massentierhaltung eingesetzt werden. Auch Schwermetalle können in den verarbeiteten Ungeziefer-Produkten enthalten sein.
Außerdem weist diese «Nahrungsquelle» ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis auf, denn die entsprechenden Insekten kommen in der Natur nicht in ausreichender Menge vor; sie müssen intensiv gezüchtet werden. Damit machen sich die Länder, die diese Proteinquelle in großem Maßstab nutzen, von großen Firmen abhängig und verschieben die Nahrungsmittelproduktion weg von den Bauernbetrieben.
Warum wird dann die Verwendung von Insekten in der Ernährung von internationalen Organisationen vorangetrieben? Diese Entscheidung ist im Zusammenhang damit zu sehen, dass aus Umweltschutzgründen der Fleischkonsum drastisch gedrosselt werden soll. Durch das Einfügen von Ungeziefer in Nahrungsmittel werden die wegfallenden Proteine ersetzt.
Aus den obigen Gründen «genießen» Insekten als Nahrungsmittel noch keine große Akzeptanz. Es bleibt abzuwarten, wie die Verbraucher auf die neue Entwicklung reagieren und ob sich die Verwendung von Mehlwürmern und anderen Insekten in der alltäglichen Ernährung etabliert. Die Verbraucher haben es in der Hand. Denn bleiben die Produkte im Regal, dann ist dem Versuch, die Ernährung von Rind, Schwein und Huhn auf insektenbasiertes Protein umzustellen, ein kurzes Leben beschieden.
Da die Deklaration dieses Ungeziefers vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, kann eine App helfen (wir berichteten), die sehr schnell das Kleingedruckte ausliest. Auch so ist die Deklarationspflicht leider lückenhaft, da sie den Offenverkauf und den in Restaurants sowie Mensen nicht erfasst. Den Konsumentenschutzorganisationen scheint es egal zu sein.
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