Die NATO wird auf ihrem Jubiläumsgipfel im Juli in Washington der Ukraine keine Beitrittszusage geben. Das berichtet die US-Zeitung New York Times (NYT) in einem Beitrag in ihrer Online-Ausgabe vom Donnerstag.
Die Vertreter des westlichen Bündnisses seien sich einig, dass die Ukraine auf dem Gipfel zum 75. Gründungsjubiläum der NATO keine formelle Einladung zum Beitritt erhalten soll. Der Grund: Der vom Westen provozierte Krieg gegen Russland auf ukrainischem Boden.
«Die NATO hat keine Lust, ein neues Mitglied aufzunehmen, das sie aufgrund des Bündnisses für kollektive Sicherheit in den grössten Landkrieg in Europa seit 1945 hineinziehen würde.»
Das scheint grösser zu sein, als die Befürchtung der Nato-Staats- und Regierungschefs, beim Jubiläumsgipfel ein wiedererstarktes russisches Militär zur Kenntnis nehmen zu müssen. Deshalb sucht das westliche Militärbündnis laut NYT einen «Mittelweg», um der Ukraine zu zeigen, dass sie «langfristig» unterstützt werde.
Allerdings sei nach Angaben hochrangiger westlicher Diplomaten bisher nicht klar, wie das aussehen soll und kann. Bei einem Treffen der Aussenminister der NATO-Mitglieder in Brüssel am Mittwoch und Donnerstag seien entsprechende Vorschläge mit Skepsis aufgenommen worden, heisst es.
Laut dem Zeitungsbericht lehnen es die Vereinigten Staaten und Deutschland nach wie vor ab, der Ukraine den Beginn von Beitrittsverhandlungen in Brüssel anzubieten. Sie würden das Thema vom Tisch haben wollen. Zugleich solle Kiew konkrete Verpflichtungen übernehmen, um Gespräche mit der NATO aufnehmen zu können.
Zugleich bewege die westlichen Politiker die Frage «Wie stellen wir sicher, dass Russland nicht gewinnt?», zitiert das Blatt Ivo H. Daalder, ehemaliger US-Botschafter bei der NATO. «Die letzten zwei Monate waren nicht gut für die Ukraine, und es ist nicht abzusehen, dass es besser werden wird.»
Auf dem NATO-Gipfel 2023 in Vilnius (Litauen) wurde der Ukraine noch zugesichert, dass sie «eines Tages» die Vollmitgliedschaft erhalten werde, wenn sie bestimmte Bedingungen in Sachen Demokratie und Sicherheit erreicht. Das vage Versprechen habe Kiew und seine eifrigsten Unterstützer im Baltikum, Skandinavien und in Osteuropa enttäuscht, so die NYT.
Zu den Vorschlägen, die NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg dieser Tage in Brüssel vorlegte, gehört laut der Zeitung, dass die NATO und nicht mehr die USA für die Koordinierung von Spenden und Waffenlieferungen an die Ukraine zuständig sein soll. Das sei auf den Widerspruch Ungarns und anderer Mitglieder gestossen.
Es werde befürchtet, dass die Allianz dadurch direkter in den Krieg hineingezogen werden könnte. Auch die Vereinigten Staaten seien dagegen, wird Ex-Botschafter Daalder zitiert.
Der zweite Vorschlag ist den Angaben nach, der Ukraine über einen Zeitraum von fünf Jahren 100 Milliarden Dollar an Hilfe zukommen zu lassen. Das hat laut NYT für «Verwirrung» gesorgt, da unklar sei, wie die NATO ihre Mitgliedstaaten dazu zwingen könnte, einen Beitrag zu leisten.
Stoltenberg habe aber erklärt, solche Pläne seien «von entscheidender Bedeutung», um die Ukraine weiterhin «dauerhaft» zu unterstützen. «Wenn die NATO-Verbündeten das leisten, was wir leisten sollten, dann sind wir absolut zuversichtlich, dass die Ukrainer in der Lage sein werden, neue Erfolge zu erzielen», hat der NATO-Generalsekretär laut NYT erklärt.
Als Grund für die Dringlichkeit wird der Wunsch genannt, die westliche Unterstützung für die Ukraine im Falle einer Wiederwahl des ehemaligen Präsidenten Donald J. Trump im November dieses Jahres «Trump-sicher» zu machen. Trump verachte die NATO und habe im Februar angedeutet, dass er im Falle eines Angriffs auf ein europäisches Bündnismitglied durch Russland nicht helfen würde, dieses zu verteidigen, wenn es seinen Anteil nicht bezahlt hätte.