1971 hat das U.S. Naval Medical Research Institute eine Übersicht über 2.311 wissenschaftliche Studien zu den biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen elektromagnetischer Felder veröffentlicht. Die Ergebnisse waren eindeutig: 132 verschiedene biologische Wirkungen, Symptome und Krankheiten wurden mit der Exposition gegenüber drahtloser Strahlung in Verbindung gebracht.
Der Bericht der Marine sei eine Warnung gewesen, schreibt der World Council for Health, doch wie so viele Warnungen vor Umwelt- und Gesundheitsrisiken sei auch dieser Bericht ignoriert worden. Eine neue Preprint-Studie (noch nicht von Experten begutachtet), die kürzlich auf der Jahreskonferenz der American Academy of Environmental Medicine vorgestellt wurde, stellt nun eine Verbindung zwischen den nicht beachteten Warnungen von vor 50 Jahren und der aktuellen Epidemie chronischer Krankheiten in den Vereinigten Staaten her.
Dieser Studie zufolge hat die Navy bereits 1971 23 Krankheiten vorhergesagt, die heute zu den 36 am schnellsten steigenden chronischen Krankheiten in den USA zählen. Im Jahr 2015 waren diese Krankheiten für mehr als 549 Millionen Fälle verantwortlich und verursachten jährliche Gesundheitskosten in Höhe von zwei Billionen Dollar. In dem Papier wird argumentiert, dass diese explosionsartige Zunahme chronischer Krankheiten kein Zufall ist, sondern eine direkte Folge der unkontrollierten Belastung durch drahtlose Strahlung.
Alles hängt von einem bestimmten Molekül ab
Im Mittelpunkt dieser Gesundheitskrise steht laut den Autoren des Berichts ein Molekül namens Peroxynitrit, das sie als «smoking gun» für chronische Krankheiten bezeichnen. Peroxynitrit sei ein Nebenprodukt von oxidativem und nitrativem Stress, Prozesse, die demnach durch drahtlose Strahlung ausgelöst werden. Das zerstörerische Molekül werde mit systemischen Entzündungen, mitochondrialer Dysfunktion und einer Vielzahl anderer biologischer Störungen in Verbindung gebracht.
In der Studie wird das Konzept des P-Faktors vorgestellt, ein tödliches System aus sieben synergistischen Biofaktoren, die Krankheiten beschleunigen. Dazu gehören:
- Systemische Entzündung
- Oxidativer Stress
- Mitochondriale Dysfunktion
- Autonome Dysfunktion
- Epitheliale Dysfunktion (Funktionsstörung von Endothelzellen – spezialisierte, flache Zellen, welche die Innenseite der Blutgefäße auskleiden)
- Nitrativer Stress
- Peroxynitrit (der zentrale Akteur)
Der P-Faktor sei nicht nur ein theoretisches Konstrukt, sondern ein gemeinsamer Mechanismus, der allen 36 der am schnellsten ansteigenden chronischen Krankheiten in den USA zugrunde liege, so die Wissenschaftler. Von Diabetes über Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen bis hin zu neurologischen Erkrankungen seien die Fingerabdrücke der drahtlosen Strahlung überall zu finden.
Ein Vermächtnis ignorierter Warnungen
Die Tragödie sei, dass diese Krise vermeidbar gewesen wäre, betont der World Council for Health. Denn die Studie von 1971 sei eindeutig gewesen: Drahtlose Strahlung berge erhebliche Gesundheitsrisiken. Doch jahrzehntelang hätten die US-Regulierungsbehörden – einschließlich der Federal Communications Commission (FCC), der Environmental Protection Agency (EPA) und der Food and Drug Administration (FDA) – nicht gehandelt. Stattdessen hätten sie die unkontrollierte Verbreitung von Funktechnologien ermöglicht und Millionen von US-Amerikanern einer chronischen Niedrigstrahlung ausgesetzt.
Das Ergebnis sei eine Katastrophe für die öffentliche Gesundheit. Die Autoren der neuen Studie betonen deshalb, dass die Weigerung, auf die Beweise zu reagieren, nicht nur Menschenleben geschädigt habe, sondern auch eine untragbare Belastung für das Gesundheitssystem und die Wirtschaft darstelle.
Natürlich sei die drahtlose Strahlung nicht der einzige Schuldige an der Epidemie chronischer Krankheiten, so der World Council for Health. Auch der Zuckerkonsum, Glyphosat in Lebensmitteln, Pestizide und andere Chemikalien würden eine Rolle spielen. Was diese Faktoren jedoch miteinander verbinde, sei ihre Fähigkeit, die Produktion von Peroxynitrit auszulösen. Die drahtlose Strahlung steche jedoch durch ihre Allgegenwart und die Menge an wissenschaftlichen Beweisen hervor, die sie mit chronischen Krankheiten in Verbindung bringe.
«Keine Verleugnung mehr, es ist Zeit zu handeln», fordert der World Council for Health. Die neue US-Regierung habe sich verpflichtet, die Krise der chronischen Krankheiten anzugehen. Wenn sie es mit dieser Verpflichtung ernst meine, müsse sie die Hauptursache bekämpfen: die drahtlose Strahlung. Das neue Papier biete einen Fahrplan zum Handeln. Es dokumentiere jahrzehntelange Forschung und lasse keinen Zweifel an der Verbindung zwischen drahtloser Strahlung und chronischen Krankheiten.
Der World Council for Health fordert deshalb strengere Vorschriften für drahtlose Technologien, eine stärkere Sensibilisierung der Öffentlichkeit für deren Risiken und eine konzertierte Aktion zur Entwicklung sichererer Alternativen. Die FCC, die EPA und die FDA müssten ihre veralteten Sicherheitsstandards für drahtlose Strahlung überarbeiten und dabei die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse einbeziehen.
Zudem müsse die Bevölkerung über die Risiken aufgeklärt werden, die mit drahtlosen Technologien einhergehen und lernen, wie sie ihre Exposition minimieren könne. Weitere Forschung müsse finanziert werden, um die langfristigen Auswirkungen der drahtlosen Strahlung zu verstehen und sicherere Technologien zu entwickeln. Die Mobilfunkindustrie müsse die Verantwortung für die gesundheitlichen Auswirkungen ihrer Produkte übernehmen und in Innovationen investieren, bei denen die Sicherheit im Vordergrund stehe.
Die Epidemie chronischer Krankheiten sei nicht unvermeidlich, resümiert der World Council for Health. Sie sei das Ergebnis von Entscheidungen – Entscheidungen, Warnungen zu ignorieren, Profiten Vorrang vor der öffentlichen Gesundheit einzuräumen und Maßnahmen angesichts überwältigender Beweise zu verzögern. Doch man könne andere Entscheidungen treffen und künftige Generationen vor der unsichtbaren Bedrohung durch drahtlose Strahlung schützen.