Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy geht hart ins Gericht mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Dem ehemaligen französischen Präsidenten zufolge überschreite von der Leyen ihr Mandat, wie es in den Verträgen festgeschrieben sei.
«Ich verstehe nicht, mit welchem Artikel der europäischen Abkommen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre Kompetenz in Sachen Rüstungsbeschaffung und Aussenpolitik rechtfertigen kann», erklärte Sarkozy am Wochenende gegenüber der französischen Wochenzeitung Le Journal du Dimanche.
«Die direkte Lieferung von Waffen an die Ukraine stellt eine Überschreitung des in den europäischen Verträgen festgelegten Mandats dar», so Sarkozy.
Gleiches gelte für die Aufnahme von gemeinsamen Schulden durch die Kommission, um damit die Ukraine zu finanzieren. Es sei der EU-Kommission explizit verboten, Schulden aufzunehmen.
Ob der von der Kommissionspräsidentin angekündigte «Marshallplan für die Ukraine» mit ihrem Mandat in Einklang stehe, sei ebenfalls fraglich. Klar ist: Die Anmassungen der Kommissionspräsidentin werden nicht nur von Sarkozy kritisch gesehen. Gegen die zunehmende Machtergreifung im Schatten der Ukraine-Krise wächst in der EU der Widerstand.
Trotzdem: Sarkozys Aussagen, die im Widerspruch zur Position der NATO und der US-Administration stehen, sind interessant. Denn anders als beispielsweise Jacques Chirac, der sich 2003 gegen die US-Regierung gestellt und sich nicht an der Invasion des Irak beteiligt hatte, stand Sarkozy der US-Regierung immer sehr nahe und galt als ihr Vassal.
Die Aussenpolitik Sarkozys, der von 2007 bis 2012 Präsident von Frankreich war, war stets weitgehend auf US-NATO-Kurs. Sarkozys Regierung war beim Angriffskrieg der NATO 2011 gegen Libyen federführend beteiligt. Der Krieg führte zum Sturz von Muammar Gaddafi. Seitdem herrscht in dem nordafrikanischen Land weitgehend Chaos.
Neben weiteren Themen äusserte sich Sarkozy – von 2004 bis 2007 Parteivorsitzender der rechten Partei Union pour un Mouvement Populaire (UMP, heute Les Républicains) – in dem Interview auch zu innenpolitischen Themen.
Wohl nicht ohne Eigeninteressen sagte der Ex-Präsident, dass Emmanuel Macron, dessen Partei «Renaissance» seit diesem Sommer die absolute Mehrheit im Parlament verloren hat, sich weiter nach rechts ausrichten und Allianzen mit rechten Parteien suchten sollte.
«Manchmal wünsche ich mir, dass er den Rubikon offener überschreitet, denn Frankreich steht heute mehrheitlich auf der Seite der Partei der Autorität, der Festigkeit und der Freiheit. Nennen Sie es Mitte-Rechts, Mitte, republikanische Rechte, was auch immer: Die strategische Achse des Landes liegt eindeutig hier», so Sarkozy.
Sarkozy selbst steht in Frankreich unter Druck. Die Justiz ermittelt seit Jahren gegen den Ex-Präsidenten. Im Zentrum stehen Vorwürfe im Zusammenhang mit seinem Wahlkampf 2007. Dieser soll unter anderem von Gaddafi finanziert worden sein.
Laut der französischen Tageszeitung L’Obs haben die Untersuchungsrichter ihre Ermittlungen hierzu inzwischen abgeschlossen. Es werde darüber diskutiert, ob es nun zu einem Prozess kommt oder nicht.