«Im Schnitt wissen die Deutschen viel mehr über Gaza als wir Israelis», sagte der erfahrene israelische Reporter Gideon Levy in einer ZDF-Dokumentation (wir berichteten). Levy zufolge konzentrieren sich israelische Medien auf die Aktionen der israelischen Soldaten und ignorieren das Leiden der Palästinenser.
Aus Frustration darüber, dass die Israelis so wenig über die humanitäre Krise im Gazastreifen wissen, hat nun die palästinensisch-israelische Organisation Standing Together eine Kampagne mit 300 Plakaten an Busbahnhöfen in Tel Aviv und Umgebung gestartet, wie Haaretz berichtet. Die Botschaft auf den Plakaten: «Wir alle müssen diesen Krieg beenden – bevor dieser Krieg uns beendet».
Bushaltestelle in Tel Aviv mit einer Werbung für Moana 2, den neuen Disney-Zeichentrickfilm, neben einem Poster von hungernden Kindern aus dem Gazastreifen, diese Woche. Quelle: Standing Together
Die Organisation, die sich auf die Förderung einer gemeinsamen israelisch-palästinensischen Gesellschaft konzentriert, ist laut der israelischen Zeitung seit dem 7. Oktober erheblich gewachsen. Zu ihren Aktivitäten würden Anti-Kriegs-Proteste, Hilfe für die Menschen im Gazastreifen und die Unterstützung humanitärer Maßnahmen für die Palästinenser gehören.
Die Kampagne zielt darauf ab, das Leiden der Palästinenser hervorzuheben, das in den israelischen Medien oft verdrängt wird. Uri Weltmann, ein Organisator der Gruppe, kritisierte die Mainstream-Medien dafür, dass sie absichtlich Fakten auslassen oder verdrehen. Als Beispiel nannte er die jüngste Äußerung des ehemaligen Verteidigungsministers Moshe Ya’alon über ethnische Säuberungen im nördlichen Gazastreifen. Obwohl es sich um Fakten handle, die auch andere rechte Minister zugeben würden, hätten die Medien Ya’alons Äußerung als Skandal dargestellt. Weltmann weiter:
«Das ist eine der großen Ironien dieser Tragödie. Wenn es um den Tod und die Zerstörung in Gaza geht, sind die Menschen im Ausland viel besser informiert als die Menschen, die nur eine Stunde von dem Ort des Geschehens entfernt leben.»
Der Aktivist räumte jedoch auch ein, dass sich die öffentliche Meinung nicht so leicht ändern werde, da Krieg dazu neige, nationalistische Ansichten zu verfestigen. «Die Medien trommeln tagein, tagaus für den Krieg», beanstandete er und warf ihnen vor, diesen Nationalismus zu schüren, anstatt ihn lediglich widerzuspiegeln.
Die Plakate zeigen starke Bilder, darunter hungernde Kinder aus dem Gazastreifen und Soldatengräber. Auf einem Plakat an einer Bushaltestelle im Zentrum von Tel Aviv ist der rechtsextreme Minister Bezalel Smotrich zu sehen, der auf einer Konferenz spricht, bei der es um die Besiedlung des Gazastreifens ging (wir berichteten). Gemäß Weltmann besteht das Ziel darin, diese Bilder in den öffentlichen Raum zu bringen, wo sie nicht ignoriert werden können.
Einige rechtsgerichtete Gruppen hätten die Kampagne kritisiert, so Weltmann. Viele Menschen hätten jedoch ihre Unterstützung für die Initiative zum Ausdruck gebracht. Der Standing Together-Organisator sieht dies als einen entscheidenden Moment. Er fordert die Israelis auf, sich zwischen der Fortsetzung des Konflikts oder dem Frieden und dem Wiederaufbau des Gazastreifens zu entscheiden. «Es ist eine schwierige Entscheidung, und sie muss jetzt getroffen werden», schloss er.