In den letzten Jahren hat sich ein deutlicher politischer Gender-Gap unter den 18- bis 29-Jährigen abgezeichnet. Laut einer Untersuchung der Financial Times neigen junge Frauen heute weltweit dazu, linkere Positionen zu unterstützen, während ihre männlichen Altersgenossen verstärkt konservative Einstellungen vertreten. Dieses Muster zeigt sich nicht nur in den USA, dem Vereinigten Königreich und Südkorea, sondern auch in Deutschland.
Die Tatsache, dass Männer und Frauen unterschiedlich wählen, ist kein neues Phänomen. Bis in die 1980er-Jahre hinein wählten Frauen bei deutschen Bundestagswahlen tendenziell konservativer als Männer. Dies änderte sich jedoch in den folgenden Jahrzehnten. Seit 2017 zeigt sich, dass Frauen zunehmend linke Parteien bevorzugen, während die Männer eher konservative Parteien wählen. Dieses umgekehrte Wahlverhalten bezeichnet die Politikwissenschaft als «Modern Gender Gap».
Besonders ausgeprägt ist dieser Trend bei den jüngeren Wählern. Während die Grünen bei den 18- bis 24-jährigen Frauen mit 28 Prozent die meisten Stimmen erhielten, entschieden sich junge Männer in derselben Altersgruppe zu 26 Prozent für die FDP. Diese Entwicklung zeigt einen deutlichen Unterschied in der politischen Orientierung zwischen den Geschlechtern, der auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen zurückzuführen ist.
Politikwissenschaftler wie Simone Abendschön von der Universität Gießen erklären diese Entwicklung damit, dass Frauen zunehmend postmaterialistische Werte wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit priorisieren. Männer hingegen legen größeren Wert auf ökonomische Themen. Diese unterschiedlichen Prioritäten spiegeln sich in der Wahlentscheidung wider und verstärken den politischen Graben zwischen den Geschlechtern.
Obwohl dieser Gender-Gap in der jüngeren Generation deutlich ausgeprägt ist, betonen Expertinnen wie Simone Abendschön, dass Geschlecht nicht die einzige Determinante für politische Entscheidungen ist. Auch Faktoren wie Bildung, sozioökonomischer Status und deren Wechselwirkungen spielen eine wesentliche Rolle. Die Frage bleibt offen, wie sich dieser Trend in Zukunft entwickeln wird und welche langfristigen Auswirkungen er auf das politische Gefüge haben könnte.
In Basel hatte dieser Gender-Gap die folgende Auswirkung: Anouk Feurer und Benjamin von Falkenstein sind ein Paar, das auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen scheint: Sie ist bei den Jungen Grünen aktiv, er bei den Jungliberalen (im Kanton Basel-Stadt heisst die FDP Liberal-Demokratische Partei und deren Jugendorganisation Jungliberale).
In Basel gibt es bis heute einen sehr speziellen politischen und gesellschaftlichen Mikrokosmus. In den alteingesessenen Familien, die den sogenannten «Daig» bilden, ist viel «altes Geld» vorhanden, das aber, so der Brauch, nicht ostentativ zur Schau gestellt wird. «Man» ist aber freigiebig und finanziert zum Beispiel großzügig die städtische Kultur. Bei der Verwandtschaft von Benjamin von Falkenstein handelt es sich um eine derartige Familie.
Trotz ihrer unterschiedlichen politischen Überzeugungen und komplett verschiedener Herkunft, sind Anouk Feurer und Benjamin von Falkenstein seit drei Jahren zusammen und beschreiben ihre Beziehung als glücklich. Kennengelernt haben sie sich bei einem Vernehmlassungsverfahren zur Revision des Sexualstrafrechts. Später bei einem gemeinsamen Treffen merkten sie, dass sie sich auch persönlich gut verstehen.
Während der Liberale von Falkenstein in seinem Umfeld eher auf amüsierte und positive Reaktionen stieß, als er von seiner Beziehung zur grünen Politikerin Feurer erzählte, erlebte diese in ihrem politischen Umfeld bezeichnenderweise zum Teil Ablehnung und Misstrauen. Ihr wurde unterstellt, dass sie von ihrem Partner beeinflusst würde oder dass sie Geheimnisse ausplaudern könnte, was sie tief verletzte. Trotzdem betonen beide, dass sie in ihrer Beziehung offen miteinander umgehen und ihre politischen Differenzen oft durch die gleichen Ziele, jedoch unterschiedliche Methoden, überbrücken.
Politik spielt in ihrer Beziehung eine wichtige Rolle, da sie beide ein starkes Engagement für politische Themen haben, was sie miteinander verbindet.
Beide betonen, dass sie durch ihre Beziehung ein größeres Verständnis für die jeweils andere politische Seite gewonnen haben, ohne ihre eigenen Überzeugungen aufzugeben. Sie sehen in ihrer Partnerschaft ein Beispiel dafür, dass Liebe über politische Differenzen hinweg bestehen kann, solange grundlegende Werte wie Offenheit und Respekt geteilt werden.
Kommentar Transition News:
Wenn es auf diese Art möglich ist, den Gender-Gap zu überwinden – wohlan! Es gibt noch ein weiteres Beispiel. Die Mitglieder des Nationalrates, als der Schweizer Volkskammer, müssen sich während den Sessionen der Räte jeweils in Bern eine Bleibe suchen. Während einer Legislaturperiode gab es eine Wohngemeinschaft, bestehend aus Andri Silberschmidt (FDP, Zürich) Franziska Ryser (Grüne, St. Gallen) und Mike Egger (SVP St. Gallen), die sich persönlich gut mochten.
Damit das funktioniert, bedarf es aber eines minimalen Konsenses, es braucht Politik, die bei den Leuten ist, vielleicht hart in der Sache, aber gleichzeitig respektvoll. Und sobald Marionetten ins Spiel kommen, was in der Schweiz trotz der starken Position von Lobbyisten jeglicher Couleur eher selten ist, dann steigt das Misstrauen und Gräben lassen sich schwerer zuschütten.
Trotz den Verletzungen, die die Entgleisungen während der Coronazeit verursachten, scheinen Dinge wie die Polit-WG und das Politpaar in Basel noch möglich zu sein. Mich würde interessieren, ob etwas ähnliches in Deutschland und Österreich überhaupt denkbar ist. Vielleicht schreibt eine Leserin oder ein Leser einen entsprechenden Kommentar?
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