Das Malariamittel Remdesivir des US-Pharmakonzerns Gilead Sciences galt während der Hochphase von SARS-CoV-2 im April noch als Hoffnungsträger. Die USA sicherten sich Ende Juni einen Grossteil der Bestände, obschon das Medikament nie nach den üblichen Standards für den Einsatz bei COVID-19 getestet worden war (wir berichteten).
Bereits im April zeigte eine Studie mit 240 Patienten keinen positiven Effekt auf die Sterblichkeit. Die Studie wurde im Fachmagazin Lancet veröffentlicht. Auch eine grössere Studie in den USA mit 1’000 Patienten kam zu demselben ernüchternden Ergebnis. Die Weltgesundheitsorganisation WHO riet am 20. November vom Einsatz von Remdesivir bei COVID-19 Patienten ab. Nun wurden die Daten, die der WHO-Empfehlung zugrunde liegen, in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift New England Journal of Medicine veröffentlicht. Das Resultat: Keine klinische Verbesserung und keine Wirkung auf die Sterblichkeit.
Remdesivir erhielt durch die Arzneizulassungsbehörde Swissmedic Ende Mai eine befristete Zulassung für die Schweiz. Für rund sieben Millionen Franken wurde Remdesivir bereits an 2’800 Personen verabreicht, schreibt die Onlineausgabe des Tagesanzeiger. Swissmedic will die vollständigen Ergebnisse der WHO-Studie nun genauer prüfen.
Eine fünftägige Behandlung mit Remdesivir kostet in der Schweiz rund 2’400 Franken. Gemäss Berechnungen im «Journal of Virus Eradication» belaufen sich die Herstellungskosten auf einen Franken – eine Gewinnmarge von 47’900 Prozent(!).
«Das Medikament ist erstaunlich sicher, wir haben eigentlich keine Nebenwirkungen beobachtet»,
sagt Nicolas Müller, Infektiologe am Universitätsspital Zürich und Mitautor der COVID-19 Behandlungsrichtlinien, gegenüber dem Tagesanzeiger. Damit widerspricht Müller einer niederländischen Forschergruppe sowie einem Bericht der Deutschen Ärztezeitung, die sich auf die europäische Arzneimittelagentur EMA bezieht (wir berichteten).
Kommentar der Redaktion: Das aktuelle Geschehen mit Remdesivir erinnert an die Skandale mit Tamiflu von Gilead Sciences während der Schweinegrippe (wir berichteten). Tamiflu wurde hierzulande sogar von der Krankenkasse bezahlt. Die Folgen damals: Unzählige Nebenwirkungen, teilweise sogar Todesfälle.