Während in Europa und den USA über Energiesouveränität und Rohstoffunabhängigkeit diskutiert wird, hat China im Hintergrund längst Fakten geschaffen. Das Land kontrolliert über 70 % der weltweiten Produktion und nahezu die gesamte Weiterverarbeitung seltener Erden – einer Rohstoffgruppe, ohne die kein Smartphone, kein Elektroauto und kein Kampfjet funktioniert.
Im Juni exportierte China laut offiziellen Daten 3,2 Millionen Kilogramm Magnete aus seltenen Erden – fast dreimal so viel wie im Mai. Möglich wurde dies nach einer teilweisen Aufhebung von Exportkontrollen, die Peking als Reaktion auf US-Zölle eingeführt hatte. Doch es geht hier nicht nur um wirtschaftspolitische Reflexe, sondern um langfristige strategische Kontrolle: Metalle wie Samarium, die für F-35-Kampfjets unverzichtbarsind, stammen exklusiv aus chinesischer Produktion. Als Peking im Frühjahr neue Ausfuhrgenehmigungen für sieben dieser Stoffe einführte, brachen US-Importe prompt ein.
Der Westen ist verwundbar – und das nicht erst seit gestern. Bereits 2010 zeigte China, wie wirkungsvoll der Hebel seltener Erden sein kann: Nach einem diplomatischen Streit mit Japan stoppte es plötzlich sämtliche Lieferungen. Die Folge: Engpässe, Preisexplosionen, diplomatischer Druck – und die Erkenntnis, wie abhängig Hochtechnologieländer von Pekings Rohstoffpolitik sind.
Die USA, einst führender Produzent, gaben die Kontrolle aus der Hand. Unternehmen wie Molycorp in Kalifornien oder Magnequench in Indiana, die bis in die 1990er Jahre große Teile der Welt belieferten, wurden entweder stillgelegt oder an chinesische Firmen verkauft. Seitdem ist der Wiederaufbau der Lieferkette nur schleppend vorangekommen – auch weil der Abbau seltener Erden hochgradig umweltschädlich und teuer ist.
Während Europa nun über Rohstoffpartnerschaften in Afrika oder Recyclinglösungen nachdenkt, hat China längst die gesamte Wertschöpfungskette in der Hand: vom Abbau über die Verhüttung bis zur Magnetproduktion. Das verleiht Peking nicht nur wirtschaftliche Macht, sondern auch geopolitische. Der jüngste Handelsstreit mit den USA hat gezeigt, dass China bereit ist, diese Macht gezielt einzusetzen.
Ob der Westen in der Lage ist, dieser strukturellen Abhängigkeit zu entkommen, bleibt fraglich. Sicher ist: Der Rohstoffkrieg der Zukunft wird nicht mit Waffen gewonnen – sondern mit strategischen Metallen. Und China hat den ersten Anpfiff schon längst für sich entschieden.