Über «Wahnvorstellungen, Übertreibungen und Lügen» von US-Präsident Joseph Biden schreibt der investigative US-Journalist Seymour Hersh in seinem jüngsten, am Donnerstag veröffentlichten Text. Darin macht er deutlich, dass Biden die Realitäten in der Ukraine, in Palästina und in anderen Konfliktregionen ignoriert.
Hersh ordnet den derzeitigen US-Präsidenten in die Reihe seiner Amtsvorgänger ein, «die mit Worten die Wahrheit über Kriege im Ausland verdrehten». Er erinnert an Lyndon B. Johnsons Lügen über den Krieg in Vietnam ebenso wie an die von Richard Nixon, der über «seine persönliche und politische Korruption» stolperte.
Der Journalist zitiert aus Bidens Rede zur Lage der Nation am 7. März. Darin behauptete der US-Präsident, Russlands Präsident Wladimir Putin sei in die Ukraine einmarschiert und stifte Chaos in Europa «und darüber hinaus». Er müsse gestoppt werden, auch mit westlichen Waffen, weil er an der Ukraine nicht Halt machen werde.
«Während der Präsident sprach, befand sich der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu im fünften Monat eines intensiven Luft- und Bodenkriegs im Gazastreifen, von dem er seinem Volk anfangs versicherte, dass es ein schneller Krieg sein würde, um den Gazastreifen von der Hamas zu befreien.»
Aus Sicht von Hersh beeinträchtigt die Unterstützung für den israelischen Vernichtungsfeldzug Bidens Chancen, wiedergewählt zu werden.
«Der Gazastreifen ist nicht mehr bewohnbar, und Zehntausende von toten Gaza-Bewohnern und noch viel mehr Verwundete, Hungernde und Kranke, die unter dem Mangel an Wohnungen und sanitären Anlagen leiden, werden von vielen Amerikanern zu Recht oder zu Unrecht als Bidens Opfer angesehen.»
Ein weiteres Beispiel «für eine dystopische Sprache, die von den nachfolgenden Taten nicht übertroffen wurde», sei die US-Reaktion auf die Angriffe der jemenitischen Huthi-Rebellen auf Schiffe im Roten Meer. Die Rebellen begründen ihre Angriffe mit der Unterstützung der Palästinenser und haben angekündigt, ihre Angriffe solange fortzusetzen, bis es einen Waffenstillstand im Gaza-Streifen gäbe.
Biden habe Ende 2023 eine groß angekündigte Militäraktion der USA gemeinsam mit Großbritannien befohlen, die das Waffenpotenzial der Huthis zerstören sollte. Doch das sei nicht gelungen und die meisten Reedereien würden inzwischen das Rote Meer und den Suez-Kanal meiden sowie den längeren Weg über das afrikanische Kap Horn nehmen.
Im März hatten Biden und seine Berater «wenig Interesse daran», die israelische Regierung zu einem Waffenstillstand und einem Gefangenenaustausch zu drängen. Das sei trotz der wachsenden Besorgnis über den Zustand der Geiseln und der internationalen Wut über das anhaltende Gemetzel in Gaza geschehen.
Stattdessen habe der US-Präsident in seiner Rede davon gesprochen, für Stabilität im Nahen Osten «die vom Iran ausgehende Bedrohung einzudämmen». Er habe deshalb «eine Koalition aus mehr als einem Dutzend Ländern gebildet, um die internationale Schifffahrt und die Freiheit der Schifffahrt im Roten Meer zu schützen» sowie neue Angriffe auf die Huthi befohlen.
Hersh betont, dass bis heute keine Beweise bekannt seien, «die die iranische Führung direkt mit der Entscheidung der Huthi in Verbindung bringen, westliche Schiffe im Roten Meer anzugreifen». Unterdessen würden die jemenitischen Rebellen weiter Schiffe angreifen, die immer noch durch das Rote Meer fahren.
Der Journalist zitiert den Energie-Experten James Krane, der der Ansicht ist, dass die Huthi-Angriffe die Öl-Versorgung kaum betreffen. Wäre das der Fall, würden die USA stärker zuschlagen. Gleichzeitig bestätigt Krane, dass ein Waffenstillstand in Gaza das Problem lösen könnte, da die Huthi dann ihre Angriffe einstellen würden.
«Würden die Huthis nicht sofort aufgeben, würden sie jede internationale Sympathie verlieren. Sie würden es wahrscheinlich aufgeben.»
Ein US-Geheimdienstmitarbeiter habe darauf hingewiesen, dass die Rebellen verbesserte Waffen bei ihren Angriffen einsetzen. Das werde von der US-Marine mit Hilfe von Awacs-Überwachungsflugzeugen beobachtet.
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