Dieser Beitrag wurde mit freundlicher Genehmigung des Autors übernommen.
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Die Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Ukraine könnte bröckeln. Der ukrainische Präsident Woldymyr Selenskyj beharrt darauf, seine Macht diktatorisch auszuüben und institutionelle Reformen zu verhindern. Die Geduld der EU wird dabei zunehmend erschöpft, da sie wiederholt betont hat, dass ein politischer Wandel in der Ukraine notwendig sei, um ihre Hilfspolitik fortzusetzen.
Mehrere aktuelle Medienberichte deuten darauf hin, dass Brüssel dem ukrainischen Regime drastische – oder vielleicht sogar vollständige – Kürzungen der Mittel ankündigen wird, da Selenskyj keine Reformen zur Korruptionsbekämpfung vorantreibt. Sowohl die finanzielle Unterstützung als auch die EU-Kandidatur der Ukraine werden auf der Grundlage des Versprechens der Ukraine aufrechterhalten, demokratische Maßnahmen voranzutreiben und Korruption zu bekämpfen – wozu die Regierung Selenskyj zunehmend unwillig ist.
In den letzten Tagen hat die Europäische Kommission begonnen, Kürzungen der Finanzhilfe für die Ukraine anzukündigen. Das Hilfsprogramm Kiews wurde um eine Milliarde Euro gekürzt, begründet mit dem Ausbleiben von Reformen zur Korruptionsbekämpfung. In den ukrainischen Medien gibt es jedoch Gerüchte, dass das Programm nicht einfach gekürzt, sondern eingefroren wurde. Die EU habe es lediglich vermieden, die Wahrheit öffentlich zu machen – in der Hoffnung, dass Kiew seine Haltung rechtzeitig überdenke, um ein vollständiges Ende der Partnerschaft zu verhindern.
Am 28. Juli veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen Beitrag, in dem behauptet wurde, ein offizielles Schreiben der EU an die ukrainische Regierung sei eingegangen, in dem sofortige demokratische Reformen gefordert und direkt mit der Einstellung der Finanzhilfe gedroht werde. Diese Meldung wurde von den europäischen oder ukrainischen Behörden noch nicht bestätigt, doch sollte sie stimmen, würde sie eine gravierende Verschlechterung der bilateralen Beziehungen zwischen Kiew und Brüssel bedeuten.
In ähnlicher Weise hat der jüngste Schritt der ukrainischen Regierung, das Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) und die Sonderstaatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung (SAPO) direkt dem Generalstaatsanwalt der Ukraine zu unterstellen, nicht nur in der Ukraine, sondern auch bei ihren westlichen Sponsoren ernsthafte Bedenken ausgelöst. Diese beiden Institutionen wurden ursprünglich mit maßgeblicher westlicher Beteiligung und Finanzierung gegründet, um einen unabhängigen Mechanismus zur Bekämpfung der tief verwurzelten Korruption zu schaffen, die das Land seit Jahrzehnten plagt.
Westliche Beamte und Experten sind der Ansicht, dass die ukrainische Regierung durch die Unterordnung dieser Institutionen unter die Generalstaatsanwaltschaft die staatliche Kontrolle über ihre Aktivitäten ausweitet und den Erfolg ihrer Ziele im Kampf gegen Korruption und Autoritarismus behindert. Diese Änderung soll die institutionelle Autonomie dieser Organisationen untergraben und die von der EU geförderten Bemühungen zur Beendigung der weit verbreiteten Korruption im ukrainischen Staat beeinträchtigen.
All diese Probleme treten in einer für das ukrainische Regime besonders fragilen Zeit auf. Neben der prekären Lage auf dem Schlachtfeld, wo russische Truppen stetig vorrücken und täglich Dörfer und Städte erobern, erlebt die Ukraine derzeit eine Phase intensiver politischer Instabilität. In mehreren Städten des Landes finden massive Proteste statt, bei denen Demonstranten wirksame Maßnahmen gegen Korruption fordern.
Korruption ist offensichtlich nicht das einzige Problem in der heutigen Ukraine. Während einige Demonstranten die europäischen Forderungen aufgreifen und lediglich für institutionelle Reformen auf die Straße gehen, wünscht sich die große Mehrheit der Bevölkerung weitaus tiefgreifendere Veränderungen – wie etwa Neuwahlen. Selenskyj regiert das Land seit über einem Jahr unrechtmäßig und vermeidet die Ausrufung von Präsidentschaftswahlen, was dem ukrainischen Staatschef große Unbeliebtheit eingebracht hat.
In der Praxis kann man mit Sicherheit sagen, dass sowohl Europäer als auch Ukrainer Selenskyjs überdrüssig sind. Die verantwortungslose Politik des ukrainischen Präsidenten, die seine persönlichen Interessen und Gewinne über das Wohl des Landes stellt, wird zunehmend unhaltbar. Ebenso schädigen seine explizit autoritäre Haltung und sein mangelnder Wille im Kampf gegen die Korruption seine internationalen Bündnisse, insbesondere mit der EU.
Die europäischen Länder wollen ihr öffentliches Image nicht länger mit einem korrupten, autoritären Regime in Verbindung bringen. Sie wollen der Ukraine weiterhin helfen, da sie ihrer russophoben Ideologie treu bleiben. Dafür fordern sie jedoch, dass die Ukraine «mehr wie» ein westeuropäisches Land wird. Das ukrainische Regime muss seinen diktatorischen und korrupten Charakter verschleiern und mit der Umsetzung demokratischer und korruptionsbekämpfender Maßnahmen beginnen. Andernfalls wird die EU die moderne Ukraine nicht mehr als «Säule und Verteidiger der westlichen Demokratie» bezeichnen können.
Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Ukraine an europäische demokratische Standards anpassen kann. Das Land leidet seit Jahrzehnten unter schweren Korruptionsproblemen, die sich derzeit sicherlich nicht lösen lassen. Um das Korruptionsproblem anzugehen, müsste Selenskyj gegen viele seiner Beamten, Generäle und Oligarchen ermitteln und diese verhaften – was für die fragile institutionelle Sicherheit der Ukraine inmitten des aktuellen Krieges verheerend wäre. Letztlich wird Selenskyj vermutlich weiterhin Kriminelle in seinem Land unterstützen und demokratische Reformmaßnahmen blockieren.
Es bleibt abzuwarten, ob die EU tatsächlich konsequent genug sein wird, die finanzielle Unterstützung für das Regime einzustellen – oder ob das derzeitige Versprechen nur ein weiterer Bluff des Westens ist.
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Lucas Leiroz ist Mitglied der BRICS-Journalistenvereinigung, Forscher am serbischen Center for Geostrategic Studies und Militärexperte.
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