Eine umfassende neue Studie mit über 100.000 jungen Erwachsenen weltweit offenbart ein beunruhigendes Muster, das alle Eltern alarmieren sollte: Je jünger Kinder sind, wenn sie ihr erstes Smartphone besitzen, desto schlechter ist ihre psychische Gesundheit im frühen Erwachsenenalter. So berichten inzwischen beispielsweise fast die Hälfte der jungen Frauen, die ihr erstes Smartphone im Alter von fünf oder sechs Jahren bekamen, von Selbstmordgedanken. Im Vergleich dazu trifft das nur auf etwas mehr als ein Viertel derjenigen zu, die bis zum 13. Lebensjahr noch kein eigenes mobiles Gerät gehabt haben.
Die Arbeit, über die Study Finds berichtet, zeigt, dass die Werte für das psychische Wohlbefinden insgesamt mit sinkendem Alter der Smartphone-Besitzer stark abnehmen. Die Forscher verwendeten ein umfassendes Maß für die psychische Gesundheit, das emotionale, soziale und kognitive Funktionen erfasst. Die Werte sanken von 30 Punkten bei 13-jährigen Erstbesitzern auf nur 1 Punkt bei 5-jährigen Nutzern. Die Wissenschaftler stellen in ihrer Arbeit fest:
«Das Ausmaß ist zudem beträchtlich: Wenn sich der aktuelle Trend zu immer jüngeren Smartphone-Besitzern und früheren Social-Media-Zugängen fortsetzt, deuten Prognosen auf der Grundlage dieser Daten darauf hin, dass dieser Fakto allein für psychische Belastungen wie Suizidgedanken, Realitätsverlust und verminderte Funktionen in Bezug auf emotionale Kontrolle und Belastbarkeit bei fast einem Drittel der nächsten Generation verantwortlich sein könnte.»
Der frühe Besitz eines Smartphones korreliert aber nicht nur mit Suizidgedanken, sondern auch mit einer Reihe anderer beunruhigender Symptome im jungen Erwachsenenalter. Personen, die vor dem 13. Lebensjahr ein Smartphone bekamen, zeigen demnach häufiger Aggressivität, Realitätsverlust und Halluzinationen. Unter anderem kämpfen frühe Smartphone-Nutzer – insbesondere Mädchen – stärker mit ihrem Selbstbild, ihrem Selbstwertgefühl, ihrer emotionalen Kontrolle und ihrer Belastbarkeit. Jungen fällt es schwerer, Stabilität, Ruhe und Empathie zu entwickeln.
Im Vergleich zwischen Personen, die im Alter von fünf bis sechs Jahren ein Smartphone bekamen, und Personen, bei denen das im Alter von 13 bis 18 Jahren geschah, dokumentierten die Forscher eine um 20 Prozentpunkte höhere Suizidgedankenrate bei Mädchen und um elf Prozentpunkte bei Jungen. Halluzinationen nahmen bei Mädchen um 14 Prozentpunkte und bei Jungen um neun Prozentpunkte zu.
Psychische Auswirkungen treten weltweit auf, in englischsprachigen Länder sind laut der Studie jedoch die schwerwiegendsten Effekte zu beobachten. In der sogenannten «Kern-Anglosphäre» – entwickelten englischsprachigen Ländern wie den USA, Großbritannien, Kanada und Australien – erhalten Kinder nämlich früher Smartphones und greifen früher auf soziale Medien zu als ihre Altersgenossen in Afrika, Südasien und dem Nahen Osten.
Die erhöhte Anfälligkeit in englischsprachigen Regionen könnte nicht nur auf den früheren Zugang, sondern auch auf die Art der englischsprachigen Online-Inhalte selbst zurückzuführen sein. So weisen die Autoren auf «eine größere Menge an schädlichen, hypersexualisierten oder ausbeuterischen Inhalten im Vergleich zu anderen Sprachen und Regionen» hin, die Algorithmen möglicherweise leichter fördern.
Smartphones dienen als Zugang zu Social-Media-Plattformen, die von Algorithmen künstlicher Intelligenz gesteuert werden, um die Nutzerinteraktion zu maximieren. Das Alter des Zugangs zu sozialen Medien erklärt gemäß den Autoren etwa 40 Prozent des Zusammenhangs zwischen frühem Smartphone-Besitz und schlechter psychischer Gesundheit. Sie erläutern:
«Diese KI-gestützten Systeme nutzen Verhaltensdaten und psychische Verletzlichkeiten strategisch aus und schränken möglicherweise die Handlungsfähigkeit von Kindern ein, indem sie ihre Autonomie untergraben, ihre Entscheidungsfähigkeit verringern und sozialen Vergleich fördern.»
Der Zugang zu sozialen Medien löst eine Kaskade von Problemen aus. Frühzeitiger Kontakt erhöht das Risiko von Cybermobbing, das der Arbeit zufolge 10 Prozent des Zusammenhangs zwischen Smartphones und psychischer Gesundheit ausmacht. Schlechte familiäre Beziehungen würden weitere 13 Prozent erklären, Schlafstörungen 12 Prozent. Die meisten Cybermobbing- und familiären Beziehungsprobleme seien eher auf den Zugang zu sozialen Medien als auf die Smartphone-Nutzung selbst zurückzuführen.
Schlafstörungen scheinen direkter mit Smartphone-Aktivitäten außerhalb sozialer Medien zusammenzuhängen – wahrscheinlich mit Spielen, Video-Streaming oder anderen spannenden Inhalten, die junge Nutzer wach halten.
Aufgrund dieser Ergebnisse plädiert das Forschungsteam für umfassende politische Änderungen, die Smartphones und soziale Medien wie andere altersbeschränkte Substanzen behandeln. Zu ihren Empfehlungen gehören eine verpflichtende digitale Bildung vor dem Zugriff auf soziale Medien, eine stärkere Durchsetzung bestehender Altersbeschränkungen mit erheblichen Strafen für Technologieunternehmen und die Einschränkung des Smartphone-Zugangs für Kinder unter 13 Jahren.
Der ehrgeizigste Vorschlag sieht «abgestufte Zugangsbeschränkungen» vor, die die vollen Smartphone-Funktionen für unter 13-Jährige einschränken und gleichzeitig Alternativen wie einfache Telefone mit Anruf- und SMS-Funktion, aber ohne Internetzugang oder Social-Media-Apps anbieten. Die Autoren argumentierten:
«So wie wir Alkohol, Tabak und das Führen von Kraftfahrzeugen für ältere Jugendliche und Erwachsene aufgrund der Risiken für die Entwicklung von Geist und Körper einschränken, sollten wir auch Smartphones und soziale Medien in den entscheidenden prägenden Jahren einschränken.»
Kritikern, denen zufolge es noch nicht hinreichend belegt sei, dass Smartphones diese psychischen Gesundheitsprobleme direkt verursachen – die Studie zeigt eine Korrelation, keine Kausalität –, entgegnen die Forscher, dass das Warten auf endgültige Beweise das Risiko berge, ein wichtiges Zeitfenster für Interventionen zu verpassen.
Kommentare