Quelle: Defender Onlinemagazin
Die Selbstmordrate bei Kindern steigt aufgrund einer Reihe von psychologischen, neurologischen und sozialen Faktoren. Das berichtet The Defender. Experten fordern vor diesem Hintergrund «eine bessere Überwachung und Präventionsstrategien, einschliesslich einer verbesserten Kommunikation zwischen Eltern und ihren Kindern und einer stärkeren Unterstützung von Schülern und Lehrern in der Schule.»
Eine wachsende Zahl von Forschungsergebnissen zeige, dass «wir bisher davon ausgingen, dass Selbstmord ein Problem von Teenagern und Erwachsenen ist, dass aber auch jüngere Kinder ähnliche Gedanken äussern, die früher vielleicht ignoriert wurden», wird Paul Lipkin zitiert. Er ist Kinderarzt am Kennedy Krieger Institute in Baltimore und Spezialist für Entwicklungsstörungen wie Autismus.
Viele Experten fordern daher, das Screening-Alter für Selbstmordgedanken bei Kindern herabzusetzen und wirksamere Strategien zur Früherkennung von Selbstmordrisiken und zur gezielten Prävention zu entwickeln.
Der breit angelegte Ansatz sieht vor, dass Kinderärzte, Lehrer und Eltern schon in jungen Jahren mit den Kindern zusammenarbeiten, um ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken, Stress zu erkennen und zu bewältigen.
Bemerkenswert ist hierbei, dass die Strategien allein auf das Individuum respektive Kind fokussieren. Die gesellschaftlichen Komponenten, die den übermässigen Stress erst erzeugen, werden hingegen nicht zum Thema gemacht.
Dabei hätten, wie es in dem Defender-Beitrag auch heisst, besonders in der «Corona-Zeit» die psychischen Probleme bei Kindern zugenommen. So gebe es einen Bericht der US-Seuchenbehörde CDC vom November 2020, dem zufolge die Besuche von Kindern zwischen fünf und elf Jahren in pädiatrischen Notaufnahmen von April 2020 an um etwa 24 Prozent angestiegen sind.
Studien hätten derweil ergeben: Kleine Kinder entwickelten durch das Fernsehen oder andere Medien, durch Gespräche mit anderen Kindern oder durch die Erfahrung des Todes in der Familie oder in der Gemeinschaft ein Verständnis für den Tod und die Selbsttötung.
Ein Kind, das Suizid begangen hat, muss auch nicht immer extrem auffällig gewesen sein. Geschildert wird etwa der Fall des neunjährigen Montana. Sein Vater Lance hatte ihn am Morgen des 21. Januar 2010 an der Stewart’s Creek Elementary School im texanischen The Colony abgesetzt.
Und der Vater hatte gedacht, es wäre ein ganz normaler Tag wie jeder andere. Doch es sollte leider anders kommen.
«Zu Hause gab es keine Probleme. Er war klug. Er trug sein Herz auf der Zunge und er redete und redete und redete», so der Vater Lance. «Es war der gleiche alte, normale Tag. Es gab Küsse und Verabschiedungen und er sagte: ‹Ich hab dich lieb, Daddy›.»
Ein paar Stunden später rief die Schulleitung an und teilte mit, dass Montana durch Selbstmord gestorben sei, während er sich auf der Toilette der Krankenschwester eingeschlossen hatte.
«Ich wusste, dass er ein paar Probleme in der Schule hatte, aber das hätte ich nie erwartet», so der Vater.
Selbstmord sei ein komplexes Thema, so der Defender, aber jüngsten Studien zufolge, können Eltern, Lehrer, Kinderärzte und Betreuer einiges tun, um Kinder davor zu schützen. Lisa Horowitz, Kinderpsychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am National Institute of Mental Health:
«Es ist nie zu früh, um mit Kindern darüber zu sprechen, wie man psychische Probleme erkennt und was wir tun können, um ihnen zu helfen, bessere Bewältigungsstrategien zu entwickeln und ihre Resilienz zu fördern.»
Laut einer Studie, die 2022 in Frontiers of Psychiatry veröffentlicht wurde, kann der Aufbau von Resilienz bei Kindern dazu beitragen, sie in Stresssituationen abzufedern.
«Ich möchte nicht, dass die Menschen in Panik verfallen, sondern nur, dass sie auf ihre Kinder achten», so Horowitz.
Bleibt zu hoffen, dass das sowohl auf individueller und familiärer genau wie auf staatlicher Ebene gelingt. Und auch Faktoren wie Psychopharmaka sollten nicht unbeachtet bleiben.