Dieser Beitrag wurde mit freundlicher Genehmigung von l’AntiDiplomatico übernommen.
********
Oprah Winfrey hat recht: Eine Geschichte wie die ihre kann nur in den USA passieren. In Afghanistan zum Beispiel wäre sie nicht möglich gewesen, aber nicht, weil Winfrey dunkle Haut hat, sondern weil sie eine Frau ist. Nicht einmal in Gaza wäre es möglich gewesen, Oprahs Charakter zu erschaffen. Das größte Hindernis, nach der Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht, wäre die Armut gewesen. Ja, denn die berühmte Oprah Winfrey wurde arm geboren.
Auf dem Parteitag der Demokraten haben wir mehr als eine weibliche Version des US-amerikanischen Wunders gehört. Selbst Kamala Harris war bemüht, darauf hinzuweisen, dass sie aus dem Kleinbürgertum stammt, und dass sie es nur in «Amerika», der besten Nation der Welt, zur Nominierung in der Demokratischen Partei schaffen konnte.
Winfrey, Harris und vor ihnen die andere weibliche Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, sogar Michelle Obama in ihrer Rede vor dem Kongress, als sie die Arbeitsplätze von Schwarzen und schwarzen Fachkräften wie ihr selbst erwähnte – all diese äußerst erfolgreichen Frauen haben den weiblichen Hebel angesetzt, um zu zeigen, dass ihre Nation großartig ist. Sie haben bewusst ein feministisches Image projiziert, indem sie das Recht der US-Amerikaner auf Abtreibung verteidigt und das Recht auf Fortpflanzung neu definiert haben.
Schade nur, dass sie auf der glitzernden Jacht mit Sternen und Streifen, von der aus sie von einem Erfolg zum nächsten segeln, vergessen haben, einen Rettungsring für alle Frauen zu werfen, die in dem Chaos, in dem sich die Welt befindet, nicht nur keine Rechte über ihren eigenen Körper haben, sondern einfach nicht als Menschen existieren.
Kamala Harris hat kein einziges Wort über die afghanischen Frauen verloren, die dank des massiven Abzugs der US-amerikanischen Truppen unter der grausamen Ägide der Taliban zurückkehrten, als sie noch Vizepräsidentin war. Auch die palästinensischen Mütter, Ehefrauen und Schwestern, die abgeschlachtet wurden und die noch am Leben sind und die Schrecken eines Krieges vor Augen haben, wurden von der Kandidatin der Demokratischen Partei, Kamala Harris, ignoriert. Nicht einmal die ukrainischen Frauen, die gesehen haben, wie ihre Männer starben, wie ihre Häuser unter Bomben in Schutt und Asche fielen, Frauen, die alles verloren haben, wurden von der Befürworterin des totalen Krieges gegen Moskau, Kamala Harris, erwähnt.
All diese Frauen, die das Pech hatten, nicht als US-Amerikanerinnen geboren zu sein, sind für die glücklichen Fachleute, die auf der Konferenz in Chicago sprachen, nicht wegen ihrer Hautfarbe, sondern wegen des Ortes, an dem ihre Geburtsurkunde ausgestellt wurde, weniger wert als ihr eigenes Leben.
Wenn das die US-amerikanische Frauenpolitik ist, was ist dann der Unterschied zur Männerpolitik? Kamala Harris’ Gleichgültigkeit gegenüber afghanischen, palästinensischen oder ukrainischen Frauen ist vielleicht noch schockierender als die Billardhallen-Kommentare über Donald Trumps Frauen oder die Blowjobs, die Präsident Clinton von der sehr jungen Monica Lewinski im Hinterzimmer des Oval Office bekam.
Und warum? Weil Kamala Harris eine Frau ist und weiß, was es bedeutet, im Alter von zwölf Jahren von den Eltern als Kinderbraut an alte afghanische Geiferer verkauft zu werden, um ein paar Schulden zu begleichen. Weil sie eine Frau ist und weiß, was es für afghanische Mädchen bedeutet, keine Möglichkeit zu haben, zur Schule zu gehen und unwissend zu bleiben. Weil sie eine Frau ist und, auch wenn sie nie Mutter war, weiß, was es bedeutet, ihre Kinder unter den Bomben sterben zu sehen, sie verhungern zu sehen und nichts zu essen zu haben. Frauen kennen diese Tragödien, sie verstehen sie, sie leiden solidarisch darunter, weil sie sie in ihrer DNA verschlüsselt haben.
Der wirkliche Sieg wird kommen, wenn es eine echte Frau im Rennen um das Weiße Haus gibt, eine Frau, deren Karriere ihre Seele nicht ausgelöscht hat. Aber eine solche Frau hat noch nicht einmal das große Amerika hervorgebracht. Und wer weiß, vielleicht wird es auch nie dazu kommen, denn auch das demokratische System ist immer noch männlich strukturiert und sieht Frauen als entbehrlich an. Und diejenigen, die wie Nancy Pelosi oder Hilary Clinton oder Kamala Harris in dieses System eingebunden sind, müssen diese Ansicht teilen, vorausgesetzt natürlich, sie trifft nicht auf sie zu. Vielleicht muss man, um eine echte Frau als Kandidatin zu haben, erst einmal das ganze System aus den Angeln heben.
***
Loretta Napoleoni ist eine international anerkannte Wirtschaftswissenschaftlerin. Sie hat an den Cambridge Judge Business Schools gelehrt und wurde 2009 als Rednerin auf die TED-Konferenz zu Terrorismusfragen eingeladen. Im Jahr 2005 leitete sie die Expertengruppe für Terrorismusfinanzierung auf der vom Club de Madrid organisierten internationalen Konferenz über Terrorismus und Demokratie. Napoleoni ist Autorin mehrerer erfolgreicher Bücher, darunter «Terrorismo SPA» und «Maonomics», das in 18 Sprachen, darunter Arabisch und Chinesisch, übersetzt wurde, sowie «ISIS, lo stato del terrore» (ISIS, der Terrorstaat), das in 20 Ländern veröffentlicht wurde. Das neueste Buch trägt den Titel «Technocapitalism».