Die Europäische Union (EU) will 2024 ihre Unterstützung für die Ukraine massiv ausweiten. Die 50 Milliarden-Euro-Finanzspritze sind aus Sicht des EU-Chefdiplomaten Josep Borrell erst der Anfang, wie der freie EU-Korrespondent Eric Bonse in einem aktuellen Beitrag vom Sonntag in seinem Blog Lost in EUrope schreibt.
Borrell habe in einem Beitrag auf der Webseite seiner EU-Behörde angekündigt, die EU rüste für die Ukraine auf und werde wie versprochen, Waffen und Munition liefern. Laut Bonse war der EU-Diplomat zuletzt wegen angeblich unzureichender Waffen- und Munitionslieferungen kritisiert und auch vom Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) öffentlich angegriffen worden.
Danach wolle die EU 2024 fast so viel in die Ukraine an militärischen Gütern liefern wie in den beiden Jahren zuvor. Zudem solle die Ausbildung ukrainischer Soldaten massiv ausgeweitet werden, indem bis zum Sommer 60’000 Soldaten ein europäisches Training durchlaufen haben.
Der Korrespondent sieht in Borrells Aussagen «die in Brüssel übliche strategische Konfusion», die sich in der Aussage zeige: «Um den Frieden zu sichern, muss die EU bereit sein, sich zu verteidigen.» Dabei habe Russland die EU gar nicht angegriffen, macht Bonse aufmerksam. Die neue «russische Gefahr» bestehe «vor allem in der Phantasie der Militärs», betont er.
Kanonen statt Butter
Der EU-Chefdiplomat gestehe immerhin ein, dass alle EU-Mitgliedsländer mit Finanzproblemen zu kämpfen hätten. Das mache es schwieriger, die Ukraine wie geplant aufzurüsten. Und Borrell von den spanischen Sozialisten schreibt tatsächlich:
«Jeder, auch ich, zieht immer Butter den Kanonen vor, aber ohne ausreichende Kanonen könnten wir bald auch ohne Butter dastehen. ‹Si vis pacem, para bellum› – wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor.»
Wie die demokratisch nicht legitimierte EU-Kommission bei der Beschaffung der Hilfsgelder für Kiew vorgeht, zeigt unter anderem ein aktueller Beitrag des aussenpolitischen Informationsdienstes German Foreign Policy (GFP). Dabei werde zu ungewohnt rabiaten Methoden gegriffen und damit das Eskalationsniveau bei künftigen Spannungen innerhalb der Union erhöht, heisst es da.
Um Ungarn auf dem EU-Sondergipfel am vergangenen Donnerstag dazu zu bringen, dem 50-Milliarden-Euro-Paket für Kiew zuzustimmen, wurde laut GFP mit einem schweren ökonomischen Angriff gedroht: «Eine offizielle Erklärung, Ungarn sämtliche EU-Mittel zu streichen, soll einen Schock auf den Finanzmärkten auslösen, die ungarische Währung abstürzen lassen und Ungarns Wirtschaft und Bevölkerung schwer schädigen.»
Zudem wolle Brüssel künftige Gewinne von russischen Guthaben abgreifen, die in der EU eingefroren sind. Das Geld soll dann an Kiew überwiesen werden. Dem Informationsdienst zufolge warnen Kritiker davor, dass Investoren künftige die Anlage von Vermögen in der EU als zu riskant ansehen könnten. Zudem «könnten sich andere Länder, darunter Russland, an EU-Vermögen auf ihrem Hoheitsgebiet schadlos halten».
EU als «Rettungsring»
Die neuen EU-Milliarden für die Ukraine würden versprochen, «während das Etatdefizit in der Ukraine in diesem Jahr 36 Milliarden Dollar erreicht, die USA als Finanzier zunehmend ausfallen und Kiew nur die EU als ‹Rettungsring› bleibt».
GFP nennt als Hintergrund der heftigen Auseinandersetzungen um die Finanzhilfen für die Ukraine deren desolate Haushaltssituation.
«Die Staatseinnahmen sind im Jahr 2022 kriegsbedingt kollabiert; zugleich sind die Ausgaben für die Streitkräfte massiv in die Höhe geschnellt. Das Haushaltsdefizit ist enorm.»
2023 habe das Defizit durch die Hilfen aus dem Ausland gestopft werden können. Der grösste Geldgeber sei mit etwa 19,5 Milliarden Dollar die EU gewesen, gefolgt von den USA mit 10,9 Milliarden Dollar. Japan, Kanada und Grossbritannien, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank hätten ebenso Milliardensummen zur Verfügung gestellt.
Für die nächsten vier Jahre gehe der IWF von einem Fehlbetrag im Kiewer Etat in Höhe von 85 Milliarden Dollar aus. Davon kämen 41 Milliarden Dollar aus dem 50-Milliarden-Euro-Paket der EU, das neben der Budget- noch andere Hilfen enthalte.
Der IWF will laut GFP elf Milliarden Dollar bereitstellen, während die USA und Japan die restlichen 33 Milliarden Dollar beisteuern würden. Dabei könne der Fehlbetrag im Kiewer Staatshaushalt bereits in diesem Jahr sogar noch erheblich steigen, heisst es in dem Beitrag. Ursache dafür sei der Plan des Kiewer Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, im Krieg gegen Russland rund eine halbe Million zusätzliche Soldaten zu mobilisieren.
«Die neuen Truppen kosteten, würden sie tatsächlich ausgehoben, recht viel Geld. Es kommt hinzu, dass die Soldaten dann nicht mehr als zivile Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.»
Das geschehe, obwohl die ukrainische Wirtschaft bereits an einem gravierendem Mangel an Personal leide. Zudem zeichne sich deutlich ab, «dass die Vereinigten Staaten auf Dauer kaum noch als Geldgeber tätig werden». Das sei selbst bei einem erneuten Wahlsieg von US-Präsident Joe Biden der Fall, durch die starke Position des rechten Flügels der Republikaner im US-Kongress, die zusätzliche Gelder für Kiew verweigern.
Die EU sei für die Ukraine der «finanzielle Rettungsring», habe die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) Ende Januar festgestellt. Danach müsse sich die EU «auf eine lange Phase als finanzieller Unterstützer» einstellen, weil ohne kontinuierliche Hilfe aus dem Westen die Ukraine finanziell unweigerlich «dem Untergang geweiht» sei.
Was als offiziell als «Hilfe» bezeichnet wird, ist aber tatsächlich ein Mittel, um die Ukraine, die angeblich um ihre Unabhängigkeit und Souveränität kämpft, vom Westen auf Dauer abhängig zu machen. Die finanzielle Unterstützung der EU ist laut dem GFP-Beitrag so angelegt, «dass die Ukraine in höchstem Masse verschuldet aus einem wie auch immer beendeten Krieg hervorgehen wird.»
Die ukrainischen Staatsschulden seien von rund 50 Prozent der Wirtschaftsleistung zu Kriegsbeginn auf rund 90 Prozent gestiegen und würden kontinuierlich weiter zunehmen. Nur 17 Milliarden Euro aus dem 50-Milliarden-Euro-Hilfspaket der EU werden demnach als Zuschuss vergeben: «33 Milliarden Euro erhält die Ukraine lediglich als Kredit, der früher oder später zurückgezahlt werden muss.»
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