Die Ukraine wird ausländischen Rüstungsunternehmen erlauben, ihre neuesten Waffen an der Front zu testen. Dies teilte die staatlich unterstützte ukrainische Rüstungsinvestitions- und Beschaffungsgruppe Brave1 letzte Woche mit, wie zum Beispiel Reuters und Strategic Culture Foundation berichteten.
Im Rahmen des Programms «Test in Ukraine» schicken die Unternehmen ihre Rüstungsgüter in die Ukraine, bieten Online-Schulungen zu deren Verwendung an und warten dann darauf, dass die ukrainischen Streitkräfte sie ausprobieren und Berichte zurücksenden, wie die Gruppe laut Reuters in einer Stellungnahme mitteilte.
Strategic Culture Foundation zufolge erklärte Mykhailo Fedorov, Minister für digitale Transformation der Ukraine, in einer Pressemitteilung:
«Dies ist eine Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln, die in einem Labor nicht simuliert werden können.»
Brave1 wurde gemäß den Berichten im April 2023 unter der Leitung des ukrainischen Ministeriums für digitale Transformation mit dem Ziel gegründet, die Kriegstechnologien in der Ukraine zu revolutionieren. Es werde als «Herzstück der Verteidigungsinnovation» bezeichnet.
Neben dem Ministerium für digitale Transformation wird die Plattform auch vom Verteidigungsministerium, dem Ministerium für strategische Industrien, dem Wirtschaftsministerium, dem Generalstab und dem Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat betrieben.
Laut Strategic Culture Foundation wird Brave1 auch von der Europäischen Union mit erheblicher finanzieller und struktureller Unterstützung gefördert. In Zusammenarbeit mit dem Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) und dem EU-Verteidigungsinnovationsprogramm (EUDIS) habe Brave1 eine Kooperationsvereinbarung im Wert von 100 Millionen Euro mit dem Namen BraveTechEU unterzeichnet. Die Ukraine sei zudem in den gemeinsamen Verteidigungsfonds Europas, SAFE, in Höhe von 150 Milliarden Euro aufgenommen worden.
Die Plattform bietet Start-ups im Verteidigungsbereich Fördermittel, erleichtere Test- und Feedbackprozesse für neue Technologien und arbeitet daran, die gemeinsame Produktion zu ermöglichen, indem sie diese Technologien mit ukrainischen Herstellern zusammenbringt. Strategic Culture Foundation stellt fest:
«Das vielleicht ‹entscheidendste› Merkmal der Plattform ist, dass sie Zertifizierungsdienste für NATO-Stock-Nummern (NSN) anbietet, die in NATO-Mitgliedsländern zur standardisierten Identifizierung und Verfolgung von Militär- und Verteidigungsgütern verwendet werden.»
Bis Ende 2023 habe Brave1 rund 500 Verteidigungsprojekte unterstützt und das Budget für 2024 auf 1,5 Milliarden Hrywnja (etwa 39 Millionen US-Dollar) erhöht. Bislang habe die Plattform über 3600 Projektanträge erhalten, darunter Dutzende von Prototypen in Bereichen wie Drohnen, elektronische Kampfführungssysteme, KI-gestützte Bildgebungstechnologien und autonome Land-/Seeplattformen, die auf dem Schlachtfeld getestet worden seien. Das Portal erläutert:
«Kurz gesagt, Brave1 hat sich zu einem strategischen Innovationszentrum entwickelt, das nicht nur den Verteidigungsbedürfnissen der Ukraine gerecht wird, sondern auch zur Sicherheitsarchitektur der NATO und Europas insgesamt beiträgt. Zu den europäischen Partnern von Brave1 zählen namhafte Verteidigungsunternehmen wie SAAB aus Schweden, Rheinmetall aus Deutschland und Raytheon aus den USA.»
Die Umsetzung der von Brave1 angekündigten Initiative «Test in Ukraine» wird auf der offiziellen Website der Plattform beschrieben. Als Grund, warum in der Ukraine getestet werden soll, nennt Brave1 auf «reale Kampfbedingungen». Es wird betont, dass die Technologien der Verbündeten «in direkter Zusammenarbeit mit kampferprobten Truppen» getestet würden, und versprochen, man wolle Rüstungsunternehmen die Möglichkeit geben, «ihre Produkte auf der Grundlage von Kampferfahrungen zu entwickeln». Die Initiative bietet Unternehmen die folgenden «Testszenarien» an:
- Gemeinsam testen: Sie bringen Ihr Produkt mit und nehmen direkt am Testprozess teil. Auf diese Weise können Sie seine Leistung aus erster Hand beobachten und bei Bedarf sofort Anpassungen vornehmen.
- Überlassen Sie es uns: Sie liefern Ihr Produkt an Brave1, und wir kümmern uns um alles Weitere. Sie stellen uns eine Online-Schulung zur Verwendung Ihres Produkts zur Verfügung, und wir führen die Tests mit unserem eigenen Team durch und liefern Ihnen anschließend einen detaillierten Bericht mit den Ergebnissen.
Brave1 bietet auf seiner Website auch detaillierte Leitlinien für Rüstungsunternehmen zur Beantragung von Einfuhrgenehmigungen für die Ukraine sowie Informationen zu Produkten, die keiner Genehmigung bedürfen. Strategic Culture Foundation resümiert:
«All dies zeigt, dass die Regierung in Kiew das Land inmitten des andauernden Krieges effektiv in ein riesiges Forschungs- und Entwicklungslabor verwandelt hat, während sich die Rüstungsriesen vor den Toren der Ukraine drängen, um ihre neuesten Waffen unter ‹realen Kampfbedingungen› zu testen.»