Kelly Brogan, Psychiaterin, Neurologin und Medizinerin und auch Teil der Bewegung, die Viren wie SARS-CoV-2 für als nicht nachgewiesen erachtet, postete am Donnerstag einen anregenden Gedanken auf ihrem Instagram-Account zum Thema Ernährung:
«Was ist die gesündeste Ernährung? Ich glaube nicht, dass es die eine ‹menschliche› Diät gibt und auch nicht die eine Diät im Leben. In einem Meer von widersprüchlichen ‹Forschungen› zum Thema Ernährung und endlosen Fachleuten gibt es nur einen Weg: Finde deinen inneren Guru.»
Anregend erscheint der Gedanke deshalb, weil er versöhnlich klingt und darauf verweist, dass man nicht zu dogmatisch sein sollte, wenn es ums Thema Ernährung geht. Andererseits gibt es durchaus bemerkenswerte Forschungsarbeiten, die in eine bestimmte Richtung weisen. Niemand würde zum Beispiel ernsthaft die These aufstellen wollen, es könne auf Dauer gesund sein, sich nur von Fast und Junk Food zu ernähren, weil mein «innerer Guru» mir das so «mitteilt».
Eine bahnbrechende Arbeit in Sachen Ernährung ist aus meiner Sicht etwa die «China Study». Unter eben diesem Titel erschien 2004 ein Buch von T. Colin Campbell, emeritierter Professor für Biochemie an der Cornell University, und dessen Sohn Thomas M. Campbell. Darin wird die Schlussfolgerung gezogen, dass eine Ernährung, die ausschließlich aus pflanzlichen Lebensmitteln besteht, für die Gesundheit vorteilhafter ist als jeder medizinische oder chirurgische Eingriff. Eine These, die den Autoren zufolge durch umfangreiche experimentelle Forschung und detaillierte Studien über die Gesundheitsmuster der Bevölkerung gestützt wird.
Die New York Times, nicht gerade bekannt für eine alternativmedizinische Ausrichtung, schrieb, «die Studie kann als der Grand Prix der Epidemiologie angesehen werden». Und die ersten Ergebnisse der umfangreichsten jemals durchgeführten Studie über den Zusammenhang zwischen Ernährung und Krankheitsrisiko stellen einen Großteil des amerikanischen Ernährungsdogmas in Frage.
Auf der anderen Seite ist seit einiger Zeit die sogenannte Low-Carb-Ernährung en vogue, also eine kohlenhydratreduzierte Kostform. Dabei stehen viel Fleisch, Sahne und Käse und dafür kaum Brot und Kartoffeln auf dem Speiseplan. Dadurch sollen die Pfunde ohne viel Mühe purzeln und die eigene Gesundheit gefördert werden.
Allerdings habe 2023 eine Cochrane-Großstudie dem «Übergesund-Mythos ‹Low-Carb› endgültig den Sargnagel verpasst», wie es Focus.de formulierte. Das Münchener Medium:
«Der neue Review untersuchte wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit von Low-Carb-Diäten beim Abnehmen und auf die Gesundheit. In 61 Studien mit fast 7000 Teilnehmern fanden die Cochrane-Autoren ‹keinen relevanten Vorteil› dieser gehypten Diätform im Vergleich zu anderen kalorienreduzierenden Diäten.»
Auch kam die randomisierte klinische DIETFITS-Studie, publiziert 2018 im weltbekannten JAMA, zu folgendem Schluss:
«Der Abspeckeffekt einer LC-Diät war bei den 609 übergewichtigen oder fettleibigen Probanden nach zwölf Monaten vergleichbar dem einer Low-Fat-Diät.»
Im Kontrast zur These, es bedürfe eines übermäßigen Konsums tierischer Proteine, steht auch die Ernährungsweise «unserer Ur-Ur-Ur-Großeltern», wie der Mediziner Joseph M. Mercola in einem aktuellen Beitrag konstatiert. Mercola:
«Es ist von großem Wert, in die Vergangenheit zu blicken und aus der Weisheit unserer Vorfahren zu schöpfen, um herauszufinden, wie sie ein gesundes, ausgewogenes Leben kultivierten und ihre Gemeinschaften über Generationen hinweg aufrechterhielten.
Ihre Lebenserwartung mag zwar nicht so hoch gewesen sein, aber die Daten dazu werden durch die niedrigen Überlebensraten bei der Geburt verzerrt, die durch moderne Medizin drastisch verbessert wurden. Und wussten Sie, dass die Lebenserwartung in den USA in der heutigen Zeit sogar rückläufig ist?
Da die Lebensmittel, die wir täglich zu uns nehmen, den größten Einfluss auf unsere Gesundheit haben, sollten wir die Ernährungsgewohnheiten unserer Vorfahren untersuchen.»
Mit «unseren Ur-Ur-Ur-Großeltern» meint Mercola die Zeit um 1800, die ihm zufolge «einen einzigartigen Einblick in eine andere Beziehung zum Essen liefert – eine Beziehung, in der der Überfluss gefeiert wurde, Mahlzeiten eine Quelle der Freude waren und der Esstisch das Herz des Familienlebens darstellte».
In dieser Zeit, in der es noch keine hoch verarbeiteten Lebensmittel und auch keine modernen Ängste und kein orthorektisches Verhalten, also keine Fixierung auf eine besonders gesundheitsbewusste Ernährungsweise, gegeben habe, hätten die Menschen eine einfachere, intuitivere Beziehung zu ihren Mahlzeiten gepflegt. Mercola:
«Was mich am meisten fasziniert, ist, wie sich ihre Herangehensweise an das Essen von unserer modernen Sichtweise unterscheidet. Während wir uns oft mit komplexen Ernährungsregeln und Ernährungsbeschränkungen herumschlagen, konzentrierten sich unsere Vorfahren auf die Ernährung, auf das Feiern und darauf, das Beste aus den verfügbaren Zutaten zu machen.»
Der 70-Jährige regt an, einen Schritt zurück in die Vergangenheit zu machen und sich anzuschauen, was etwa im November auf dem Tisch unserer Ur-Ur-Ur-Großmütter gestanden habe. «Vielleicht inspirieren die Gerichte Sie zu Ihren eigenen kulinarischen Abenteuern!», so Mercola. Einige Gerichte sind in dem Beitrag auch explizit aufgeführt.
So hätten die Menschen aus der Zeit von vor rund 200 Jahren viel Nahrung bzw. Kalorien zu sich genommen, nicht gefastet und viele Kohlenhydrate gegessen. Zudem hätten sie hauptsächlich gesättigte Fette und wenig mehrfach ungesättigte Fettsäuren verzehrt, auch PUFA genannt (steht für polyunsaturated fatty acid), sowie B-Vitamin-reiche tierische Eiweißprodukte. All dies hätten die Menschen in täglich drei strukturierten Mahlzeiten (Frühstück, Abendessen, Abendbrot) zu sich genommen.
Dabei sei eine der größten Veränderungen im Vergleich zur heutigen Ernährungsweise in den USA die Art des verzehrten Fetts.
Mercola macht außerdem darauf aufmerksam, dass seit den 1930er Jahren die Entwicklung chronischer Krankheiten um 700 Prozent zugenommen habe. Während damals 7,5 Prozent der Bevölkerung an einer oder mehreren chronischen Krankheiten gelitten hätten, seien es nunmehr 60 Prozent der Bevölkerung. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang sei, dass sich in den 1950er Jahren die Ernährungsempfehlungen erheblich geändert hätten, vor allem in Bezug auf gesättigte Fette und tierische Produkte, was wiederum die Ernährungsweise der US-Bevölkerung merklich verändert habe. Mercola weiter:
«Um Ihre Gesundheit zu optimieren, sollten Sie zu einfacheren Ernährungsprinzipien zurückkehren: Kochen Sie zu Hause, verwenden Sie hochwertige Zutaten im Rahmen Ihrer Möglichkeiten, bleiben Sie aktiv und stellen Sie Zufriedenheit über strenge Ernährungsregeln.»
Was Mercola hier mit Zufriedenheit meint, dürfte in die Richtung dessen gehen, was Brogan mit dem Terminus «innerer Guru» besetzt.
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