Das Verbot des Magazins Compact durch das Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser (SPD) ist mutmaßlich verfassungswidrig. Es verstößt gegen Artikel 5 des Grundgesetzes. In dem heißt es:
«Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.»
Der nächste Absatz verweist auf gesetzliche Schranken für die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit. Im konkreten Fall gibt es keinerlei bekannte, juristisch geahndete Rechtsverstöße durch das nun verbotene Magazin.
Es geht nicht darum, die in dem Magazin und durch seinen Herausgeber Jürgen Elsässer vertretenen Sichten und Meinungen zu verteidigen. Diese kann und will ich auch nicht teilen. Es geht darum, das Recht auf Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit zu verteidigen.
Dieses Grundrecht wurde wie die anderen im Grundgesetz von dessen Verfassern gerade als Abwehrrecht gegen einen übergriffigen Staat und seine Institutionen festgeschrieben. Das geschah vor 75 Jahren angesichts der Erfahrungen mit dem verbrecherischen und mörderischen Faschismus in Deutschland zuvor.
Die Grundrechte gelten für alle, egal welcher Herkunft, welcher Religion, welcher Weltanschauung und auch egal welcher parteipolitischen und ideologischen Ausrichtung. Daran muss immer wieder erinnert werden angesichts von Entwicklungen, für die das mit einem massiven Polizeiaufgebot durchgesetzte Verbot von Compact steht.
Diffamierung und Ausgrenzung Andersdenkender und Andersmeinender in der Bundesrepublik trotz des Grundgesetzes und mit allen Mitteln des Staates gibt es schon länger. Davon zeugen allein die Berufsverbote vor allem gegen linke und friedensbewegte Menschen in Folge des «Radikalenerlasses» von 1972.
Verantwortlich dafür war die sozialdemokratisch-liberale Bundesregierung unter Willy Brandt, der sich zumindest später dafür entschuldigte. Es handelt sich dabei um eine bittere und traurige Traditionslinie des deutschen Obrigkeitsstaates.
Einen schlimmen Höhepunkt erreichte dies erneut mit der politisch verursachten «Corona-Krise». Ich habe gesehen, wie vor nicht allzu langer Zeit deutsche Polizisten Jagd auf Menschen machten, die mit dem Grundgesetz in der Hand für ihre Grundrechte demonstrierten.
Mit dem angeblichen Ziel des Gesundheitsschutzes wurden nicht nur die Grundrechte aller Menschen massiv beschnitten. Wer die Corona-Politik kritisch sah und sich dazu äußerte sowie vor den Folgen warnte, wurde auch in einem bis dahin unbekannten Maß diffamiert, ausgegrenzt und entwürdigt. Dies ging so weit, dass Existenzen zerstört wurden.
Wo waren da jene, die den offiziellen Auftrag haben, die Verfassung zu schützen? Wo war da das Bundesinnenministerium, um gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium und den anderen Ministerien in der Bundesregierung an das Grundgesetz zu erinnern und notfalls zu seinem Schutz einzuschreiten?
Dass nun eine Innenministerin von der SPD ein Magazin verbietet und damit ein weiteres Mal zeigt, wo die wahren Verfassungsfeinde sitzen, setzt die erwähnte Traditionslinie fort. Faeser erklärte, das Magazin hetze «auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie». Irgendeinen strafrechtlichen Beweis und ein entsprechendes Gerichtsurteil dafür brachte sie nicht vor.
So wurde übrigens auch einst 1956 die KPD in der Bundesrepublik verboten – wider das damals noch junge Grundgesetz. Der Historiker Josef Foschepoth hat inzwischen in einem Buch nachgewiesen, dass das damalige Verbot genauso verfassungswidrig war.
Der Jurist und ehemalige Vizepräsident der Freien Universität Berlin, Uwe Wesel, schätzte den späteren «Radikalenerlass» als verfassungswidrig ein. Im Jahr 1995 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, dass der «Radikalenerlass» gegen die Menschenrechte der Meinungsfreiheit und Koalitionsfreiheit sowie gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe.
Doch die heutige Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP scheint auch in diesem Fall geschichtsvergessen und ahnungslos zu sein. Um die unheilige Tradition fortzusetzen, gegen Kritiker und Andersdenkende vorzugehen, darf der Verfassungsschutz diesen seit 2021 «verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates» unterstellen – ein dehnbarer und unscharfer Begriff wie das Kriterium «verfassungsfeindlich», das einst mit dem «Radikalenerlass» eingeführt wurde.
Und das ist der Punkt, an dem sich niemand, der die Welt anders als Jürgen Elsässer und die Compact-Redaktion sieht, ruhig und entspannt zurücklehnen kann, weil es vermeintlich die «Richtigen» trifft. Dass Elsässer mehr als Aktivist und Propagandist denn als Journalist auftritt, ist eine Sache, die nicht der Staat zu regeln hat.
Dieses Verbot richtet sich gegen alle, die die regierende Politik kritisch beurteilen und das auch entsprechend äußern. Längst werden mit den Etiketten «rechtsextrem» und «antisemitisch» alle versehen, die zum Beispiel die Corona-Politik kritisierten und dagegen demonstrierten.
Gestern hat es das Magazin Compact getroffen, morgen wird gegen ein anderes alternatives Medium vorgegangen. Es kann die Zeitung junge Welt treffen, die längst im Visier der vermeintlichen Verfassungsschützer ist, wie auch apolut und andere Medien.
Etablierte Medien, die erstaunlicherweise bereits von der Durchsuchung bei Compact berichteten, kaum dass die Polizei bei Elsässer auftauchte, werfen dem Magazin in typischer Manier «die Verbreitung von Verschwörungsmythen, prorussischer Propaganda und antisemitischer Narrative» vor. Die mit dem Verbot angestrebte Angst wirkt schon und führt dazu, dass sich kritische Stimmen noch vorsichtiger äußern, wenn überhaupt.
Inzwischen hat auch der Verfassungsrechtler und ehemalige Bundesverteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) das Compact-Verbot als «eindeutig verfassungswidrig» bezeichnet. Es gefährde den Rechtsstaat, da es nicht auf ein Gerichtsurteil zurückgehe, sondern lediglich auf eine Exekutiventscheidung.
«Die Meinungsfreiheit genießt einen so hohen Verfassungsrang, dass sie nicht einfach durch eine Exekutiventscheidung ausgehebelt werden kann», stellte Scholz gegenüber dem Magazin Tichys Einblick fest. Zum Schluss sei aus dem «Spiegel-Urteil» des Bundesverfassungsgerichtes vom 5. August 1966 zitiert:
«Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist eine freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich. Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, muss er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können, die andere sich gebildet haben.»
Die wirklichen Verfassungsfeinde und Rechtsextremisten sitzen in der Regierung und den Parteien, die derzeit die Minister stellen. Das stellte unlängst der ehemalige SPD- und Linkspartei-Vorsitzende Oskar Lafontaine fest. Und er machte auch klar:
«Mit rechtsextremen Maßnahmen der Einschränkung der Meinungsfreiheit kann man den Rechtsextremismus nicht bekämpfen.»
Dem habe ich nichts weiter hinzuzufügen.
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