Warum soll neben Bargeld und allen digitalen Bezahlmöglichkeiten auch noch digitales Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency/(CBDC) eingeführt werden?
Die eine Motivation besteht darin, dieses Geld programmierbar zu machen. Der Zentralbank also einen Hebel in die Hände zu geben, die Benutzung dieses Geldes an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Das kann theoretisch alles umfassen: bestimmten Menschen die Benützung des Geldes komplett zu sperren, bestimmte Produktkategorien zu blockieren oder zu rationieren oder ein Ablaufdatum für Geld festzulegen. Zudem könnte man das Kaufverhalten umfassend speichern und dokumentieren.
Weiter würde CBDC in der Hand von Endkunden das zweistufige Bankensystem, wie wir es kennen, gefährden – und falls sich CBDC durchsetzt, völlig obsolet machen. Das zweistufige Bankensystem ist die Arbeitsteilung zwischen Zentralbank (Geldversorgung) und Geschäftsbanken (Kundenbeziehung).
Wenn die Zentralbank Geld in irgendwelcher Form direkt an Endkunden emittiert, dann bedeutet das, dass dieses nicht als Guthaben bei einer Geschäftsbank abgerufen und in der Zwischenzeit verliehen werden kann. Das kann zu einem credit crunch und – falls sich das Zentralbankgeld gegenüber allen anderen Bezahlformen komplett durchsetzt, zu einem Verschwinden des traditionellen Kreditsystems führen.
Aber ist das notwendig, wie das Weltwirtschaftsforum (WEF) schreibt? Bringt das einen Kundennutzen? Nein, es ist nicht einsichtig, warum neben Kredit- und Debitkarten sowie Bezahlmöglichkeiten über das Mobiltelefon wie Twint noch eine weitere, nota bene staatliche Möglichkeit geschaffen werden sollte.
Die andere Möglichkeit besteht darin, die CBDC-Technologie zu nutzen, um Effizienzgewinne zu erzielen, aber an der Aufgabenteilung zwischen Zentral- und Geschäftsbanken nichts zu ändern. Diesen Weg scheint die Schweiz zu gehen. In der Schweiz sind Transaktionen bereits heute schnell und billig. Da die Schweizerische Nationalbank (SNB) technisch führend bleiben will, führt sie gegenwärtig einen Versuch mit der CBDC-Technologie durch.
Die erste Motivation wurde bisher meist als Verschwörungstheorie abgetan. Dass CBDCs aber im Endeffekt das ganze Bankensystem gefährden, wurde bisher praktisch gar nicht diskutiert - ausser der implizite Vermerk der SNB, wonach CBDCs nicht in die Hände von Endkunden gehören.
Das deutsche Innenministerium hat nun am 8. Februar 2024 den ersten Teil einer Technischen Richtlinie für Zentralbankgeld publiziert. Die US-Federal-Reserve hatte am 3. Februar ebenfalls «Sicherheitsüberlegungen» zu CBDCs veröffentlicht.
Das Dokument aus Deutschland stellt klar, dass der digitale Euro «programmierbar» sein wird, was bedeutet, dass er zweckgebunden werden kann. Nutzer werden nicht frei über ihr Geld verfügen können, sondern es kann so programmiert werden, dass es nur für erlaubte Zwecke ausgegeben werden darf.
Das Papier erwähnt eine bereits umgesetzte Pilotphase mit einer «Bezahlkarte» für Migranten, die als Blaupause für die zweckgebundene Verwendung von digitalem Geld dienen könnte. Die Programmierbarkeit des digitalen Euros ermöglicht es, bestimmte Bedingungen festzulegen, unter denen Zahlungen automatisch ausgelöst oder verboten werden können.
Des Weiteren wird betont, dass die Zentralbank, in diesem Fall die Europäische Zentralbank (EZB), die Kontrolle über das digitale Geld behalten und es bei Bedarf einziehen oder eine Gültigkeitsdauer festlegen kann.
Das Papier diskutiert auch die Schaffung von verschiedenen Arten von Geldbörsen (Apps) mit unterschiedlichen Funktionalitäten: Vollständig anonyme Geldbörsen, die keine persönlichen Daten erfordern und Einschränkungen unterliegen, und personalisierte Geldbörsen, die vollständig rückverfolgbar sind, aber keinen Einschränkungen unterliegen. Anonyme Geldtransaktionen sind also möglicherweise nur noch eingeschränkt möglich, abhängig von der Umsetzung, zum Beispiel vom mit diesen Zahlungen verbundenen Betrugsrisiko.
Kommentar Transition News
Falls es darum geht, Zentralbankgeld für Endkunden zu emittieren, dann müsste das jetzt sehr schnell öffentlich diskutiert und durch die Leitmedien thematisiert werden.
Es geht hier einerseits darum, dass diese Technologie das Potenzial hat, das Kaufverhalten der Menschen komplett zu lenken und zu überwachen. Andererseits kann CBDC, wenn es weit verbreitet ist oder gar die traditionellen Bezahlsysteme mit Bargeld ablöst, das ganze zweistufige Bankensystem – wie wir es heute kennen – zum Einsturz bringen.
Ein 1:1 Ersatz für das Bargeld ist es auch nicht. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, zum Beispiel in Schottland, wird Bargeld zwar von der Zentralbank gedruckt, gerät aber durch die Geschäftsbanken in den Wirtschaftskreislauf.
Grosse Skepsis ist angebracht und der Enthusiasmus des WEF fehl am Platz.