Die ökologische Wende steht im zweiten Mandat von Ursula von der Leyen nicht mehr im Fokus. Die Präsidentin der EU-Kommission erklärte am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Straßburg selbst:
«Die neue Kommission wurde in einer anderen Zeit eingesetzt. Letztes Mal stand die globale Erwärmung im Vordergrund (...), diesmal haben Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit größeren Einfluss.»
L’Indipendente zufolge zeigt sich diese Neuausrichtung auch in den Ernennungen. So war der neue Klima-Kommissar, Wopke Hoekstra, früher Berater von Shell. Zudem sind nun die Zuständigkeiten für den Green Deal auf vier Ministerien aufgeteilt worden. Hoekstra wird für Klima und Net-Zero-Ziele zuständig sein, während die Spanierin Teresa Ribera den «gerechten und sauberen Übergang» leitet.
Laut dem italienischen Portal könnten Differenzen zwischen Ribera, einer Verfechterin der Dekarbonisierung, und dem Niederländer Hoekstra, der als skeptisch gegenüber der Energiewende gilt, die Umsetzung der Klimapolitik erschweren. Ribera habe bereits als spanische Ministerin zahlreiche Kohleminen geschlossen und sich auf der Klimakonferenz COP 28 gegen die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) ausgesprochen, die sie widerlich genannt habe. Hoekstra hingegen verfolge eine weichere Klimapolitik. In einem Brief an Ribera habe von der Leyen betont: «Hohe Energiepreise behindern unsere Wettbewerbsfähigkeit.» L’Indipendente stellt fest:
«Die Prioritäten der neuen Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen haben sich daher von der Dekarbonisierung der Energie und der ‹Klimaneutralität› auf die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit durch die Entwicklung des technologischen und militärischen Sektors verlagert, was zweifellos erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben wird.»
Das Portal macht darauf aufmerksam, dass von der Leyen dem Bericht «The Future of European Competitiveness» des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten und Ex-Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, folgt. Darin machte er klar, dass «ambitionierte Klimaziele» mit einem Plan zur Erreichung wirtschaftlicher und technologischer Ziele vereinbar sein müssen. In der Tat erklärte die EU-Kommissionspräsidentin: «Das gesamte Kollegium ist der Wettbewerbsfähigkeit verpflichtet.»
Die Linke im EU-Parlament warf der Kommission gemäß L’Indipendente vor, unter dem Vorwand der Wettbewerbsfähigkeit, essenzielle Klimapolitik abzubauen. Außerdem habe Italiens Premierministerin Giorgia Meloni ankündigt, gegen das geplante Verbot von Verbrennungsmotoren 2025 zu kämpfen. Das werde durch die neue Ausrichtung der Kommission erleichtert.