Mitte März eröffnete der Wirt des kleinen Café Diexer in Räterschen bei Winterthur trotz Lockdowns seine Türen. Der Österreicher Günter Diexer deklarierte seinen Betrieb klar sichtbar als privates Treffen der Glaubensgemeinschaft «Wahrheit macht Frei». Trotzdem wurden auf Anordnung der Gesundheitsdirektion kurzerhand die Schlösser des Cafés ausgewechselt und die Türe polizeilich versiegelt (wir berichteten).
Diexer erhob gegen die Zwangsschliessung Beschwerde, und reichte zudem eine Strafanzeige gegen die Kantonsärztin Meier bei der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich ein. Meier begründete die Zwangsverfügung vor allem damit, dass die Glaubensgemeinschaft «Wahrheit macht Frei» in der Schweiz keine anerkannte Religionsgemeinschaft sei. Gegenüber Corona-Transition sagt Diexer:
Seit wann kann eine Kantonsärztin über Glaubensfragen entscheiden? Das ist doch völlig absurd. Wenn die Anwesenden alle der katholischen Kirche angehörten, wäre die Veranstaltung dann erlaubt gewesen?
Als am 19. April die Restaurantterrassen schweizweit wieder öffnen durften, wurden auch die Schlösser des Café Diexer wieder entfernt. Doch in derselben Woche sei plötzlich der Lebensmittelinspektor aufgekreuzt:
Der Lebensmittelinspektor kommt normalerweise zweimal pro Jahr. Doch dieser besuchte mich ausgerechnet wenige Tage nach meiner Strafanzeige gegen die Kantonsärztin. Das ist doch kein Zufall.
Am Samstag, dem 15. Mai, hätten sich rund 20 Menschen der privaten Glaubensgemeinschaft «Wahrheit macht Frei» wieder im Café Diexer eingefunden. Durch den Anruf eines Denunzianten sei gleichentags die Polizei erschienen und habe Fotos vom Innenbereich des Cafés gemacht.
Am darauffolgenden Montag seien die Eingangsschlösser durch die Kantonspolizei Zürich wieder ausgewechselt worden. Diexer hat nun abermals keinen Zugang zu seinem eigenen Café und kann seinen Beruf nicht mehr ausüben. Die Zwangsschliessung erfolgte mit einer neuen Verfügung der Gesundheitsdirektion – mit derselben Begründung: «Die Glaubensgemeinschaft ‹Wahrheit macht Frei› ist in der Schweiz, gemäss Art. 6 Abs. 1 lit. d der Covid-19 Verordnung, keine in der Schweiz anerkannte Religionsgemeinschaft.»
Doch eine «in der Schweiz anerkannte Religionsgemeinschaft» schreibt der Bundesrat in der Covid-19 Verordnung gar nicht vor. Im Artikel 6 der Covid-Verordnung heisst es:
Die Durchführung von Veranstaltungen mit mehr als 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist verboten. Diese Einschränkung gilt nicht für:
d. religiöse Veranstaltungen mit bis zu 50 Personen.
Zudem ist die Glaubens- und Gewissensfreiheit in Art. 15 der Bundesverfassung gewährleistet:
- Jede Person hat das Recht, ihre Religion und ihre weltanschauliche Überzeugung frei zu wählen und allein oder in Gemeinschaft mit anderen zu bekennen.
- Jede Person hat das Recht, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören und religiösem Unterricht zu folgen.
Im September 2019 eröffnete Günter Diexer sein Café in Räterschen mit 31 Plätzen. Der Break-even war für den Sommer 2021 geplant, doch die rigorosen Massnahmen machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Weil es in der Buchhaltung noch nicht genug Zahlen gibt, erhält Diexer nur Fr. 1.60 pro Tag. Diexer: «Das ist keine Unterstützung, sondern eine Ohrfeige.»