An diesem Wochenende wird wieder an der Uhr gedreht. In der Nacht auf Sonntag werden die Zeitmesser wieder eine Stunde vorgestellt. Eine Praxis, die im Zweiten Weltkrieg als Notmassnahme gedacht war, damit man nach der Arbeit bei Tageslicht noch in Garten und Feld arbeiten konnte, hat sich in den letzten Jahrzehnten auf dem ganzen Kontinent etabliert.
Als letztes Land führte die Schweiz die Zeitumstellung 1981 nolens volens ein. 1980 war das Land eine Zeitinsel. Für den grenzüberschreitenden Verkehr, vor allem für die zahlreichen Grenzgänger, stelle die tägliche Zeitumstellung in diesem Jahr eine enorme Herausforderung dar.
Die Sonnenzeit ist am Lauf der Sonne orientiert. Dabei wird zwischen der wahren Sonnenzeit (WOZ) und der mittleren Sonnenzeit oder auch mittleren Ortszeit (MOZ) unterschieden.
Der tägliche Zeitraum bis zur nächsten Passage der Sonne durch die Südhälfte des Südpunktes des Meridians wird in 24 gleiche Stunden geteilt und der Zeitpunkt des Meridiandurchgangs ist als 12 Uhr WOZ festgelegt.
Der über das ganze Jahr gemittelte tägliche Zeitraum bis zum nächsten Meridian-Durchgang wird in 24 gleiche Stunden geteilt und der Zeitpunkt des Meridiandurchgangs ist als 12 Uhr MOZ festgelegt.
Früher richtete sich jede Stadt nach der Sonne aus. Die wahre Sonnenzeit bestimmt an jedem Ort das tägliche Leben auf der Erde mit Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Sie hat aber zwei Nachteile, denn sie ergibt erstens verschiedene Uhrzeiten je nach Längengrad und zeigt zweitens auch eine über das Jahr variierende Länge von Tag und Stunde. Der zweite Nachteil wird durch die mittlere Sonnen- oder Ortszeit MOZ behoben. Zur Behebung des erstgenannten Nachteils wurden auf der Erde Zeitzonen gebildet, in denen jeweils die gleiche Uhrzeit gilt.
Idealerweise sollte jede dieser Zeitzonen 15 Längengrade abdecken und eine Stunde von der nächsten abweichen. Doch politische und topografische Faktoren haben diese Grenzen verzerrt.
Ein Beispiel für diese Verzerrung ist Spanien: 1940 hat Diktator Franco an der Uhr gedreht und die Zeit um eine Stunde vorgestellt, um in derselben Zeitzone wie das befreundete Nazideutschland zu liegen. Bis heute gehen die Uhren in Spanien wie im deutschsprachigen Raum. Portugal tickt hingegen wie Grossbritannien und Irland. Doch die Abweichung von der Sonnenzeit ist beträchtlich, besonders in westlichen Teilen Spaniens.
Greenwich Mean Time (GMT) ist die mittlere Sonnenzeit am Greenwicher Nullmeridian. Sie wird für die Länder der westeuropäischen Zeitzone (z.B. Portugal, Grossbritannien, Irland) als Standardzeit verwendet. Ausgehend von der GMT werden alle anderen Zeitzonen definiert.
In Deutschland, Österreich und der Schweiz gilt MEZ als Normalzeit (= GMT + 1) und MESZ als Sommerzeit. MEZ orientiert sich an der Sonnenzeit bei 15° östlicher Länge. Östlich dieses Längengrades stimmt die Normalzeit ziemlich genau mit der Sonnenzeit überein. Westlich davon weicht die Zeit jedoch ab. Der 15. Längengrad läuft in Europa von der Ostküste Siziliens durch die Adria, Slowenien, Oberösterreich, Prag, die Oder-Neisse-Grenze und durch Schweden/Norwegen.
Während der Sommerzeit orientieren sich unsere Uhren an der Sonnenzeit bei 30° östlicher Länge. Dies führt zu einer noch grösseren Abweichung von der wahren Ortszeit.
Die MEZ ist somit in Deutschland, Österreich und der Schweiz die «natürlichere» Uhrzeit als die MESZ. Eine ganzjährige Sommerzeit würde die Abweichung von der Sonnenzeit weiter vergrössern.
Die EU diskutierte vor einiger Zeit die Abschaffung der Zeitumstellungen, aber die Diskussion ist mittlerweile wieder eingeschlafen, wohl weil die Länder der mitteleuropäischen Zeitzone sich nicht einig wurden und ein Chaos mit einem Fleckenteppich von MEZ und MESZ-Ländern verhindert werden muss. Das wäre die Situation, in der sich die Schweiz 1980 befand.
Sollte es zur Abschaffung der Zeitumstellung kommen, wäre die ganzjährige MEZ der ganzjährigen MESZ vorzuziehen. Eine ganzjährige Sommerzeit würde den Tagesablauf arg verzerren. Gerade im Winter würde im Westen der Zeitzone die Sonne am Morgen sehr spät aufgehen, während am Abend der Vorteil an einem kleinen Ort ist.
Während in Süd- und Südosteuropa die Sommerzeit einigermassen funktioniert, beobachtet man im Sommer vor allem in nördlichen Gefilden jeweils, dass die Sonne praktisch erst gegen 22 Uhr untergeht. Kleinen Kindern ist kaum zu vermitteln, dass es schon Zeit ist, zu Bett zu gehen. Was in Kriegszeiten als Notmassnahme in Ordnung ist, gehört im Grunde genommen abgeschafft. Die richtige Lösung ist die Rückkehr zur ganzjährigen MEZ.
In der Zwischenzeit drehen wir an diesem Wochenende wieder an der Uhr – das ist allemal besser als die ganzjährige Sommerzeit.
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