Paul Schreyer auf Multipolar:
Die Polizei spricht von 20.000 Personen, Sympathisanten der Versammlung hingegen von einer Million. Die ARD veröffentlichte am 2. August einen „Faktenfinder“-Beitrag, der feststellt, dass man „selbst bei großzügigen Berechnungen nicht auf deutlich über 20.000 Menschen“ käme, die Angaben der Polizei also richtig wären. Stimmt das?
Multipolar hat nach Daten und Vergleichszahlen gesucht und nachgerechnet.
Die Demonstranten versammelten sich nach ihrem Zug durch die Stadt am Nachmittag auf der Straße des 17. Juni zwischen dem Brandenburger Tor und der Siegessäule. Dieser 1,9 Kilometer lange Abschnitt ist als „Partymeile“ bekannt, unter anderem durch die über viele Jahre dort stattfindende Loveparade. Die sechsspurige Straße ist, zusammen mit dem Mittelstreifen, den Parkspuren, Rad- und Gehwegen sowie eingeschlossenen Grünstreifen ungefähr 35 Meter breit. Vorsichtig geschätzt ergibt sich daraus eine Gesamtfläche von 35 mal 1.900 gleich 66.500 Quadratmetern. Da die Fläche zu den Außenseiten nicht begrenzt ist, sondern nahtlos in den Tiergarten übergeht, ist dies ein Minimalwert. Die Veranstalter der offiziellen Silvesterfeierlichkeiten in Berlin sprechen von einer Fläche der Partymeile von 80.000 Quadratmetern.
Wieviele Menschen befanden sich durchschnittlich auf einem Quadratmeter? Auf einer schematischen Darstellung eines internationalen Experten für die Sicherheit und Planung großer Menschenmengen ist zu sehen, wie es von oben betrachtet aussieht, wenn in einer Menge ein, zwei, drei oder mehr Menschen pro Quadratmeter stehen. Für die Demonstration vom 1. August erscheint angesichts der vorliegenden Filmaufnahmen und dieses Schemas eine Zahl zwischen zwei und vier realistisch. Daraus ergibt sich bei 80.000 Quadratmetern eine Teilnehmerzahl zwischen 160.000 und 320.000. Dass eine solche Menge tatsächlich auf diesem Staßenabschnitt Platz findet, wird bestätigt durch Aussagen des Leiters des Straßen- und Grünflächenamtes Berlin Mitte, Harald Büttner, von 2013, demzufolge 300.000 Besucher auf der Partymeile möglich wären.
Die angebliche „eine Million“ ist den vorliegenden Daten zufolge ebenso stark übertrieben (da faktisch auf dieser Fläche unmöglich), wie die Polizeiangaben von 20.000 extrem untertrieben sind. Realistisch erscheint eine Besucherzahl im unteren bis mittleren sechsstelligen Bereich. Das heißt:
- Es handelt sich wohl tatsächlich um die größte regierungskritische Demonstration in Deutschland seit dem 4. November 1989.
- Polizei und Medien täuschen die Öffentlichkeit massiv.
Das Schlüsselereignis des Tages war die Besetzung der Bühne durch die Polizei kurz vor 17 Uhr und die anschließende Durchsage: „Ihre Versammlung ist hiermit aufgelöst“ – was vom Publikum mit den Sprechchören „Wir bleiben hier“ und „Wir sind das Volk“ quittiert wurde.
Die Auflösung ließ sich nicht durchsetzen. Die Bürger ignorierten die Anweisung einfach und blieben friedlich stehen – mit Erfolg. …
Dies ist das Wesen und der Sinn großer Demonstrationen: Eine Regierung kann hunderttausende protestierende Menschen nicht ignorieren. Menschen in so großer Zahl sind eine Kraft, die allein durch ihren friedlichen Protest Tatsachen schafft. Die Bundesregierung, der diese Erfahrung neu ist, steckt zur Zeit mitten in einem Lernprozess. Das Verhalten der Polizei zeugte von großer Rat- und Hilflosigkeit. Man ist, so scheint es, mit seinem Latein am Ende.
Der 1. August 2020 hat eine Tür für politische Möglichkeiten aufgestoßen.
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Zur genauen Abklärung der Teilnehmerzahl an der Demo vom 1. August liegt auch eine presserechtliche Anfrage an das Polizeipräsidium Berlin vor. Rechtsanwälting Viviane Fischer will im Auftrag des Rubikon-Herausgebers Jens Wernicke die konkreten Teilnehmerzahlen wissen, die dem Polizeipräsidium im Verlauf des Tages bekannt waren. Die Vermutung: Die Polizei hat die Mainstream-Medien mit der Teilnehmerzahl von 17’000 bewusst falsch informiert.
Die Vermutung wird erhärtet durch die Busunternehmer Alexander Ehrlich und Thomas Kaden. Ihnen wurde für ihre Aktion „Honk for Hope“ bereits gegen Mittag des 1. August 2020 seitens der Polizei der Zugang zum Demonstrationszug des „Tages der Freiheit“ mit der Begründung verwehrt, dieser hätte bereits geschätzte 800.000 Teilnehmer, weitere seien aus Sicherheitsgründen nicht zugelassen.
Die Aussage der Zeugen findet sich zwischen Minute 11:50 und Minute 17:21.dieses
Videointerviews: https://youtu.be/QJOtI1xaiP0
Die beiden sind bereit, Ihre Aussage vor Gericht zu bestätigen.
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Offenbar hat die Polizei bis um 16.45 Uhr ebenfalls eine Teilnehmerzahl von 1,3 Mio. gemeldet, dann aber eine neue Sprachregelung eingeführt.
Oops – schiefgelaufen? Hat Polizei 1,3 Mio. für Demo gemeldet?
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Polizeimeldung vom 02.08.2020: Demonstrationen im gesamten Stadtgebiet