Die Polymerase Chain Reaction (PCR) vervielfältigt ein winziges Bruchstück der RNA, bis es in einem Testverfahren ein Signal als Resultat gibt. Je mehr Zyklen nötig sind, um zu einem positiven Testresultat zu kommen, desto geringer war die Menge der Ausgangssubstanz, desto kleiner war die Virenlast.
Entscheidend ist der so genannte «Cycle Treshold» (Schwellen-Zyklus) oder Ct-Wert, bei dem ein Resultat noch als gültig anerkannt werden kann. Denn das Ergebnis des PCR-Tests hängt ganz wesentlich von der Anzahl Vervielfältigungszyklen ab (wir berichteten).
Der Ct-Wert ist jedoch für SARS-Cov-2 nicht standardisiert, genausowenig wie die inzwischen hunderte von PCR-Tests verschiedener Hersteller geeicht sind. Die Labore (in der Schweiz) verfahren nach eigenem Gutdünken, wie eine telefonische Nachfrage von Corona-Transition bei mehreren Schweizer Labors ergeben hat.
Es gibt aber indirekte Hinweise auf die Anzahl Zyklen, die noch zuverlässige Ergebnisse liefern.
Das Robert Koch-Institut (RKI) hält in «Hinweise zur Testung von Patienten auf Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2» fest:
«Der aus der real-time PCR bekannte Ct-Wert stellt nur einen semi-quantitativen und von Labor zu Labor nicht unmittelbar vergleichbaren Messwert dar, solange es keinen Bezug auf eine Referenz gibt.»
Im Klartext: Der PCR-Test gibt Hinweise, ist aber mangels Standards grundsätzlich unzuverlässig. Ein Resultat hängt u.a. auch von der Probeentnahme ab.
Zum Ct-Wert schreibt das RKI in seinen «Entlassungskriterien aus der Isolierung»:
«Ein PCR-Ergebnis mit einem Ct-Wert >30 (grösser als 30, Anm. d. Red.) stellt kein negatives PCR-Ergebnis dar, sondern einen positiven RNA-Nachweis mit einer dem hohen Ct-Wert entsprechend geringen Viruslast, die nach bisherigen Erfahrungen mit einem Verlust der Anzüchtbarkeit einhergeht.» (Hier als pdf)
Im Klartext: Sind für ein positives Testergebnis mehr als 30 Vermehrungszyklen notwendig, ist die Virenlast so klein, dass sich das Virus nicht vermehren kann – sofern das Virus überhaupt vorhanden ist. Denn der PCR-Test misst nicht das Virus, sondern nur ein Bruchstück der Virus-RNA, das wesentlich länger nachweisbar bleibt als das Virus selbst. Trotzdem soll ein solches Resultat als «positiv» gelten und der Proband als «infiziert».
Gemäss dem französischen Immunologen Prof. Didier Raoult leiben bei einer Zyklusschwelle (ct) von 25 etwa 70% der Proben in der Zellkultur positiv (d.h. sie waren infektiös) bei einem ct von 30 blieben 20% der Proben positiv; bei einem ct von 35 blieben 3% der Proben positiv; und bei einem ct über 35 blieb keine Probe in der Zellkultur positiv (infektiös) («Correlation between 3790 qPCR positives samples and positive cell cultures including 1941 SARS-CoV-2 isolates»).
Man kann aus diesen Angaben schliessen, dass nur ein PCR-Test mit maximal 30 Zyklen überhaupt ein tatsächlich positives Resultat liefern kann.
Gemäss der New York Times wird in den USA die Anzahl Zyklen – obwohl entscheidend – in den Laborberichten nicht verzeichnet. (Entsprechende Anfragen an das RKI und das BAG sind pendent, siehe unten). Die meisten US-Labors arbeiten mit einem Ct-Wert von 40 bzw. 37.
Die Zeitung zitiert verschiedene Experten, die das fehlende Monitoring für eine «enorme verpasste Gelegenheit» halten, mehr über Krankheit herauszufinden.
Das Wadsworth Center, das Labor des US-Bundesstaates New York, hat die Testzahlen vom vergangenen Juli analysiert. 40 Vermehrungszyklen ergaben 872 positive Testresultate. 35 Zyklen hätten zu einer Reduktion der positiven Resultate um 43 Prozent geführt, 30 Zyklen zu einer Verminderung um 63 Prozent. In dieser Zahl ist allerdings die falsch-positiv-Quote noch nicht eingerechnet, die dadurch entsteht, dass der Test gar kein infektiöses Virus feststellen kann. (Mehr dazu: New York Times: «Your Coronavirus Test Is Positive. Maybe It Shouldn’t Be.»)
Nach Ansicht der deutschen Epidemiologin Angela Spelsberg ist das Virus praktisch weg und ungefährlich, wenn der Test nicht bis 24 Zyklen ein positives Ergebnis gibt (Talkshow auf Servus TV, ab Minute 12)
In den USA müsste ein Standard für den Ct-Wert von den beiden Behörden Food and Drug Administration (für die Registrierung der Tests zuständig) und den Centers for Disease Control CDC (zuständig für das Pandemiemanagement) festgelegt werden. Das ist bis Ende August nicht geschehen. (Eine Antwort auf eine entsprechende Anfrage ist noch ausstehend.)
Warum sind eindeutige Standards und eine seriöse Auswertung der Krankengeschichte von Menschen mit positivem PCR-Test so wichtig?
- Die Fallzahlen aufgrund von PCR-Test bestimmen die Politik. Um die Massnahmen zu legitimieren, muss die Aussagekraft der Tests verbessert werden.
- ein positives Testergebnis hat enorme rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen für die Betroffenen (Isolation, Strafandrohnung).
- Steigende Fallzahlen haben rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen für Menschen, für die gar keine positives Testergebnis vorliegt, sondern nur eine Kontakt- und Infektionswahrscheinlichkeit (Quarantäne).
Die Wahrscheinlichkeit, dass viele der kollektiven und individuellen Massnahmen wissenschaftlich unbegründet sind, ist hoch. Die Centers for Disease Control halten in ihrem Dokument
«Duration of Isolation and Precautions for Adults with COVID-19» vom 10. September u.a. fest:
Auch wenn das vermehrungsfähige Virus drei Wochen nach Beginn der Symptome nicht isoliert werden konnte, kann bei genesenen Patienten noch bis zu 12 Wochen lang SARS-CoV-2-RNA in den Proben der oberen Atemwege nachgewiesen werden (Korea CDC, 2020; Li et al., 2020; Xiao et al., 2020).
Bei der Untersuchung von 285 ‹anhaltend positiven› Personen, darunter 126 Personen mit wiederholten Symptomen, wurden unter 790 Kontakten, die auf den Kontakt mit diesen Fallpatienten zurückzuführen waren, keine Sekundärinfektionen gefunden. Die Bemühungen, aus 108 dieser Fallpatienten replikationsfähige Viren zu isolieren, waren erfolglos (Korea CDC, 2020).
Im Klartext:
- Auch ohne Virus kann ein PCR-Test noch mindestens drei Monate lang jederzeit zu einem positiven Resultat führen.
- Auch wer anhaltend positiv ist und sogar Symptome aufweist, kann keine anderen Menschen anstecken.
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Diese Publikation ist vorläufig. Wir haben dem Bundesamt für Gesundheitswesen und dem Robert Koch-Institut per Brief, telefonisch und per eMail folgende Fragen gestellt, deren Antworten in die definitive Version dieses Textes eingearbeitet werden:
- Hat Ihre Behörde verbindliche Standards für die Anzahl Zyklen bei PCR-Tests festgelegt?
- Wenn ja: Bei wievielen Zyklen liegt er? Wenn nein: Erhebt Ihre Behörde die Anzahl Zyklen, mit denen die verschiedenen Labors arbeiten?
- Wird in den individuellen Laborbefunden zu den PCR-Tests die Anzahl Zyklen angegeben?
- Verfügt Ihre Behörde über Studien zur Korrelation zwischen einem positiven PCR-Testresultat einer symptomfreien Person und der späteren Entwicklung von Symptomen und der Infektiosität?. D.h.: Werden Personen in Isolation und Quarantäne sowie die über das Contact-Tracing identifizierten Kontaktpersonen medizinisch untersucht und gibt es statische Auswertungen dazu?