Dies ist eine leicht redigierte Version eines Newsletters, der an die Abonnentinnen und Abonnenten des bene-Newsletters der Bewegung für Neutralität (bene.swiss) verschickt wurde.
Die Neutralität der Schweiz verkommt langsam aber stetig zu einer folkloristischen Fassade. Zwar stehen immer noch rund 90 Prozent hinter der Neutralität. Aber gemäß der Plattform 20 Minuten befürworten 71 Prozent des «Volkes» eine Annäherung an die NATO – wobei es sich beim «Volk» um die Leserinnen und Leser der Tamedia-Titel handelt.
Ein paar Tage später dann eine Umfrage derselben Plattform, nach der 66 Prozent der Befragten glauben oder gar überzeugt sind, dass Russland in den kommenden zehn Jahren weitere osteuropäische Staaten angreifen wird. Eine geschickte Steilvorlage für die «Annäherer».
Die Fragestellung war täuschend gut und die Antworten zeugen von einer verbreiteten Unwissenheit über die militärischen Kräfteverhältnisse. Man hätte auch fragen können: «Glauben Sie dass Russland mit einem Angriff auf ein osteuropäisches Land einen großen Krieg mit der NATO auslösen wird?» Dann wären die Antworten bestimmt ganz anders ausgefallen.
Ein Angriff Russlands ist aufgrund der Kräfteverhältnisse höchst unwahrscheinlich. Russland kann vielleicht die Ukraine besiegen, aber nicht ein Militärbündnis mit sechs Mal mehr Einwohnern und zwölf Mal so hohen Militärausgaben.
Nach allgemeiner Militärdoktrin muss ein Angreifer über eine dreifache Überlegenheit verfügen, um siegreich zu bleiben. Es wird also (erfolgreich) versucht, mit der Angst vor einem unwahrscheinlichen Ereignis Politik zu machen.
Schon vor zwei Jahren waren gemäß einer ETH-Studie im Auftrag des VBS 55 Prozent für eine «Annäherung». Jetzt sind es also deutlich mehr. Der Kampfbegriff ist gut gewählt, und er wird seit Jahren kompetent bewirtschaftet.
Der Plan der Führungsriege in Regierung, Parteien und Medien ist es vermutlich, die Abstimmung über die Neutralitätsinitiative in einem Jahr zu einer Abstimmung über die «Annäherung» zu machen. Wenn das gelingt, ist die Neutralität verloren.
Aber die Annäherung verspricht eine falsche Sicherheit. Es waren weniger die Schweizer Waffen, die unser Land vor Kriegen bewahrt haben, es waren die Neutralität, die guten Dienste und die Überzeugung der Bewohner, für ihre Souveränität einzustehen.
Das Bild der Schweiz als kleine große Brückenbauerin spielt in der aktuellen Debatte um die heraufziehenden globalen Konflikte keine Rolle mehr. Von FDP bis links und grün besteht Sicherheit in Aufrüstung und in der «Annäherung» an einen der militärischen Machtblöcke.
Sogar Altbundesrat Kaspar Villiger fordert, «dass wir die strategischen Handlungsspielräume nicht durch selbst auferlegte Fesseln wie etwa eine geschichtsvergessene enge Auslegung der Neutralität selber verbauen».
Der Vorwurf der Geschichtsvergessenheit fällt auf Villiger selbst zurück. Er ist es, der zusammen mit den anderen «Annäherern» die Schweiz der guten Dienste, einmal eine diplomatische Großmacht, vergessen hat.
Sie hoffen auf Sicherheit durch den informellen Anschluss an Kriegsmächte und nicht durch Zusammenarbeit mit den vielen Friedenskräften, die es auf der Welt immer noch gibt. Denn die Mehrheit der Staaten will sich weder dem westlichen noch dem östlichen Block anschließen.
Die gut getakteten Veröffentlichungen und Forderungen, die Neutralität zu «flexibilisieren», deuten auf eine koordinierte Kampagne hin. Man wüsste natürlich gerne, wer da an den Schalthebeln sitzt.
Die Kampagne ist zudem hervorragend gemacht. Man erkennt erst jetzt, dass es überhaupt eine ist. Und dass wir, die wir für eine neutrale Schweiz der guten Dienste stehen, es mit einem mächtigen, in gewisser Hinsicht unsichtbaren Gegner zu tun haben.
Unsere Antwort auf die unsichtbare Kraft von oben ist die sichtbare Kraft von unten. Der Neutralität ist mit Protest gegen die Annäherer wenig geholfen – obwohl man sie nicht einfach so gewähren lassen sollte.
Der Neutralität ist geholfen, wenn wir sie an Orten sichtbar machen, die die anderen meiden: auf den Marktplätzen, in den Beziehungen und indem wir an Veranstaltungen das Wort ergreifen und für eine Schweiz der guten Dienste einstehen.
Es gibt bessere Wege zur Sicherheit als die Annäherung an Kriegsbündnisse, und eine neutrale Schweiz der guten Dienste stellt immer noch den Königsweg zum Frieden dar.
Die Bewegung für Neutralität hat nun, knapp sechs Wochen nach der Gründung, 223 Mitglieder, fast fünfmal so viele wie zu Beginn, eine sehr positive Entwicklung.
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